Verkehr ist das zentrale Thema in Starnberg, und auch im Vorfeld der Neuwahlen zum Stadtrat am Sonntag, 19. April, wird es im Wahlkampf eine gewichtige Rolle spielen. Schon vor Jahren hat der Stadtrat einhellig den Bau einer Westumfahrung auf den Weg gebracht. In einem zweiten Schritt soll dann der Bau des B2-Tunnels erfolgen. Bereits 2006 wurden die Grundlagen für dieses Projekt gelegt, das von der Waldkreuzung bei Hanfeld zum heutigen Maxhof-Kreisel führt. Doch bislang konnte die rund 13,8 Millionen teure Straße in Sonderbaulast, für die die Stadt in Vorleistung gehen will, nicht in Angriff genommen werden. Der Grund: Noch immer fehlen Grundstücke zur Realisierung des Vorhabens - und damit die Grundlage für einen Zuwendungsantrag an die Regierung von Oberbayern sowie einen vorgezogenen Baubeginn.
Nun aber erregt ein Wahlkampfspektakel der besonderen Art die Gemüter: Die "Wählergemeinschaft pro Starnberg" (WPS) lädt am Samstag zu einem symbolischen Spatenstich zwischen Söcking und Hadorf ein und suggeriert einen "Baubeginn der Starnberger Umfahrung". Dabei ist nicht eindeutig, ob es um die längst beschlossene Westumfahrung oder die ersehnte Nordost-Umfahrung geht. Der Protest und die Empörung gegen die irreführende Aktion aber wächst - selbst im Lager der Umfahrungs-Allianz, wo man das Gebaren von WPS und BI gegen den Tunnel mit zunehmendem Befremden registriert. FDP-Ortsvorsitzender Michael Schildbach etwa empfiehlt seinen Liberalen explizit keine Teilnahme; Bürgermeisterin Eva John will dem bizarr anmutenden Treiben im Wald ebenfalls fernbleiben. Und gar kein Verständnis für die Aktion hat Bürgerliste-Chef Walter Jann: "Die WPS tut so, als wäre die Westumfahrung ihre Erfindung", sagt er. "Aber bei so einem Krampf machen wir nicht mit."
Drastischer fällt die Kritik von CSU-Ortschef Stefan Frey aus: Als "überflüssigen Klamauk" und "gezieltes Täuschungsmanöver" bezeichnet er den "Spatenstich" von WPS und BI. Denn zum einen war die Westumfahrung bereits beschlossene Sache, als es die WPS noch gar nicht gab, zum anderen war die Trasse nie als Teilstück einer Starnberger Gesamtumfahrung geplant. Zumal die WPS den "CSU-beeinflussten Behörden" unterstellt, den Baubeginn der Westumfahrung absichtlich zu verzögern und nicht in die Wahlkampfzeit fallen zu lassen.
Was die WPS "nicht länger hinnehmen will" - nämlich eine vermeintliche Verzögerung des Baubeginns - ist für Bauoberrat Christian Probst, zuständiger Abteilungsleiter für Straßenbauprojekte in Starnberg, schlicht "ausgemachter Unsinn". Das Bauamt unterstütze Starnberg im Hinblick auf die Westumfahrung "nach besten Kräften", sagt Probst. Doch ein Zuwendungsantrag sowie ein Antrag auf vorgezogenen Baubeginn könne erst dann gestellt werden, "wenn alle Grundstücke erworben sind". Und das ist eben nicht der Fall. Das bestätigt auch Starnbergs Bürgermeisterin Eva John: Zwei Erbengemeinschaften sträuben sich noch; die Grundstücke müssen gegebenenfalls in einem "Besitzeinweisungsverfahren" erworben werden. Einigung oder Enteignung, heißt die Losung. Um ein weiteres Grundstück wird noch verhandelt, in zwei Wochen ist mit einem Ergebnis zu rechnen. Und bei drei weiteren Grundstücken laufen ebenfalls noch "erfolgversprechende Endverhandlungen zur Grundstücksübertragung".
Daher können frühestens im Sommer 2015, das weiß auch John, erste Bauwerke - zwei kleinere Brücken - entstehen. Breitflächig gerodet werden aber kann nur im Zeitraum Oktober bis Ende Februar - sofern sich bis dahin alle Grundstücke im Besitz der Stadt befinden. Doch dies alles scheint die WPS zu ignorieren: Bewaffnet mit Warnweste, Hacke, Schaufel und Säge sollen die Sympathisanten in Arbeitskleidung und Warnweste zur "Geburtsstunde der Umfahrung" in den Wald ziehen.