Barrierefrei:Begleiter für den Alltag

Mobilitätseingeschränkte Menschen tun sich im öffentlichen Leben schwer. Kreisrat Peter Unger will ein Angebot wie den "Münchner Bus und Bahn Begleitservice" auch im Landkreis etablieren

Von Antonia Gaube, Starnberg

Eine Treppe hinauflaufen, die Lücke zwischen S-Bahn und Bahnsteig überqueren, in eine Tram einsteigen. Alltäglich für die einen, große Hürden für die anderen - zumindest, wenn sie alleine unterwegs sind. Eine enorme Erleichterung für mobilitätseingeschränkte Menschen im öffentlichen Nahverkehr gibt es seit September 2015, allerdings nur im Münchner Stadtgebiet. Das soll sich ändern, findet die Arbeitsgemeinschaft für Behindertenfragen im Landkreis (Arge).

Die Rede ist vom kostenfreien "Bus und Bahn Begleitservice München", der vielen Senioren, Menschen mit Behinderung und unsicheren Personen die Benutzung zum öffentlichen Nahverkehr erleichtert. Und dabei auch noch "zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt", wie die Vorsitzende der Arge, Petra Seidl, sagt. Sie meint damit, dass sowohl die Begleiteten als auch die Begleitenden von diesem Konzept profitieren: Erstere erfahren Rückhalt und Hilfe im öffentlichen Nahverkehr. Letztere kommen oftmals aus der Langzeitarbeitslosigkeit und werden in Schulungen zu Mobilbegleitern ausgebildet. Dadurch haben sie die Möglichkeit, sich langsam wieder an das Berufsleben anzunähern. Christoph Kellner, der Projektleiter des Begleitservices in München, informierte kürzlich im Starnberger Landratsamt, wie ein solches Konzept funktionieren könne.

Bei den Münchner "Mobilmachern" arbeiten derzeit 13 Begleiter in Teilzeit, davon sind sieben Frauen und sechs Männer, die monatlich etwa 700 Menschen, meistens zu Arztbesuchen oder zum Einkaufen, begleiten. Die Begleiter holen den Kunden zum vereinbarten Termin vom Treffpunkt, meist der Haustür, ab und bringen diesen per Nahverkehr, also mit S- und U-Bahnen, Bussen und Trambahnen, zu seinem Fahrtziel. Die Begleiteten müssen in der Lage sein, den zurückzulegenden Weg selbst bewältigen zu können. Außerdem übernimmt der Begleiter keine Aufsichtspflicht, somit werden nur Personen über 16 Jahren begleitet. Die Langzeitarbeitslosen lernen in den Schulungen, mit unterschiedlichen Behinderungen umzugehen, eine barrierefreie Route zu planen, sich im öffentlichen Nahverkehr zu orientieren sowie Erste Hilfe zu leisten. Außerdem durchlaufen sie ein Sicherheitstraining bei der Münchner Polizei.

Eine Ausweitung des Services auf die Landkreise gestalte sich aber schwierig, so Kellner. Das würde durch die längeren Wegstrecken enorm viel Zeit verbrauchen und somit entweder eine Senkung der Kundenzahl, die begleitet werden können, oder als Ausgleich eine Aufstockung der Zahl der Mobilbegleiter nach sich ziehen.

Peter Unger, Mitglied der Arge und Grünen-Kreisrat, kündigte nach dem Vortrag Kellners an, nach Möglichkeiten zu suchen, die Münchner Begleitfahrten für Menschen aus dem Landkreis zugänglich zu machen. Er will dem Kreistag einen Entwurf zur Problemlösung vorlegen. Dem Landkreis am nächsten ist die Haltestelle Westkreuz; diese liegt noch im Stadtgebiet und somit im Einsatzbereich.

Ein Gesamtkonzept wie das in München auf Landkreisebene einzuführen, hält der Kreisrat jedoch für wenig realistisch. Als Alternative biete sich die Verbindung zum städtischen Dienst an, in Form eines Bring- und Holdienstes. Dieser würde den Kunden von zu Hause abholen und bis zum Bahnhof Westkreuz begleiten. Dort übernähme dann ein Mitarbeiter vom Begleitservice München den Kunden. Genauso könne der "Landkreis-Begleiter" den Kunden dort wieder abholen und nach Hause bringen. Peter Unger will außerdem erwirken, dass ein solches Konzept in den Aktionsplan für Menschen mit Behinderung der Arbeitsgruppe "Politischer Teilhabe und Information" aufgenommen wird.

Der Münchner Begleitservice muss eine Woche bis zwei Werktage vor dem gewünschten Termin vereinbart werden. Dies ist innerhalb der Geschäftszeiten (Montag-Freitag 8-18 Uhr) unter der Telefonnummer 089/5449189-20, ansonsten per Fax (-10) oder E-Mail an bbs@kmfv.de möglich.

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