Auszeichnung:Sternen-Tür im Biersud

Fritz Noppes hat den Eierwastl-Hof in Degerndorf saniert. Dafür erhält er den Gabriel-von-Max-Denkmalpreis

Von Benjamin Engel, Münsing

Auszeichnung: Mit Liebe zum Detail hat Fritz Noppes den Eierwastl-Hof in Degerndorf saniert. In Wände und Gebälk hatte sich Feuchtigkeit eingefressen.

Mit Liebe zum Detail hat Fritz Noppes den Eierwastl-Hof in Degerndorf saniert. In Wände und Gebälk hatte sich Feuchtigkeit eingefressen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der denkmalgeschützte Eierwastlhof direkt an der Dorfstraße von Degerndorf zählt zu den markantesten Gebäuden im Ort. Obgleich die Hofstelle bereits im 16. Jahrhundert erwähnt worden ist, wirkt der Bau von der Zeit eigentümlich unberührt. Durch die mit Sternen-Mustern verzierte Holzeingangstür im Osten geht es in den schmalen Flur. Von dort führt eine Holztreppe ins Obergeschoss direkt hinauf zum weiten, mehr als 100 Quadratmeter großen Innenraum der früheren Tenne im Westen. In dieser Himmelsrichtung eröffnet ein großes Fenster den ungehinderten Blick in die Natur. An der Südwand erlaubt eine Glasaussparung in einer neu eingezogenen Wand die Sicht auf das Bundwerk des alten Tennengebäudes mit christlichen Motiven.

Solch zeitloser und doch traditionsbewusster Wohnkomfort schien vor zehn Jahren noch kaum vorstellbar. Die Wände waren feucht, das Mauerwerk bröckelte, Holzbalken waren morsch, durch das Dach drang Regen ein. Damals hatte Fritz Noppes das Haus mit seiner Familie gekauft. Anschließend ließ es der Ingenieur im Ruhestand aufwendig sanieren - und das in weniger als einem Jahr. Für sein Engagement hat der Ostuferschutzverband (OSV) den heute 77-Jährigen mit dem diesjährigen Gabriel-von-Max-Denkmalpreis ausgezeichnet.

OSV-Vorsitzende Ursula Scriba überreichte Noppes die Bronzeskulptur eines Affen mit der Villa Max im Arm - ein Mahnbild für den falschen Umgang mit historischen Gebäuden. Denn deren Besitzer lassen das denkmalgeschützte Haus am Ufer des Starnberger Sees verfallen.

Mit dem Eierwastl-Hof in Degerndorf hat Noppes das Gegenbeispiel gesetzt. Noch bis Mitte der 1960-er Jahre war das Gebäude landwirtschaftlich genutzt. Erbe Michael Öttl, vor der Gebietsreform in den 1970-er Jahren Bürgermeister von Degerndorf, verkaufte das Haus und siedelte sich am Ortsrand an. Der neue Eigentümer richtete im Haus ein Institut für "Statistik im ländlichen Einzelhandel" ein. Nach seinem Tod wollte ein Investor das 2200 Quadratmeter große Grundstück kaufen und neben dem Hof ein Mehrfamilienhaus im alten Dorfkern errichten.

Das wollte Noppes - er wohnt schon seit 1976 in einem Neubau nur wenig oberhalb - keinesfalls zulassen. Es gelang ihm, den Hof mit Geschichte selbst zu kaufen. "Ich hatte immer schon großes Interesse an dem Hof. Zu meiner Frau habe ich gesagt, dass wir den kriegen müssen, falls er mal zu haben ist", sagt er. Auf dem zugehörigen Grundstück schuf er ein Ensemble mit zwei neuen Wohngebäuden, die heute von Familienangehörigen genutzt werden.

Erst als Noppes im Eierwastl-Hof den Putz von den Wänden des Blockbaus aus Fichtenholz schlagen ließ, zeigte sich, auf welch große Aufgabe er sich eingelassen hatte. "Dahinter war alles kaputt", erinnert er sich. Die Luftfeuchtigkeit habe sich dahinter gestaut, das Mauerwerk aus Feldsteinen angegriffen, das Holz modern lassen. Um so etwas künftig zu vermeiden, setzte der Degerndorfer auf lehmhaltigen, atmungsaktiven Mörtel an den Innenwänden. Die Fassaden wurden mit zwei Schichten Holzfasern ohne chemische Bindestoffe isoliert.

Dass das Haus ursprünglich nur auf vier großen Feldsteinen gestanden hatte und ein Fundament gänzlich fehlte - die Dielenbretter im Erdgeschoss lagen auf der Erde auf -, stellte den neuen Hauseigentümer vor weitere Herausforderungen. In Zusammenarbeit mit ausgesuchten Handwerkern grub Noppes Meter um Meter für ein neues Fundament aus. Das Haus musste während der Arbeiten abgestützt werden. Die Dielenbretter ließ Noppes an der Unterseite abschleifen, weil sie durch den Bodenkontakt stark vermodert waren. Dann verwendete er viele von ihnen wieder.

Die Detailverliebtheit des Ingenieurs lässt sich schon an der mit Sternmustern verzierten Eingangstür erkennen. Die Schnitzereien kamen erst zur Geltung, nachdem er die Tür ein paar Tage in einem Biersud einlegen ließ und sich so die früheren Farbschichten ablösten. "Das hatte ich von einem Schreiner gehört", erklärt Noppes. Ebenso blieben Innentüren mit alten Beschlägen erhalten. Die einfachen Fenster hat Noppes neu einsetzen lassen. Die Fensterläden sind stilecht in grüner Farbe gehalten. Die Solaranlage auf dem Dach ist von der Straße nicht zu sehen.

Mit der Sanierung des Hofes hat sich Noppes gleichsam auf seine Wurzeln besonnen. Sein Vater war Architekt und nach der Vertreibung aus dem Sudetenland in Geretsried gelandet. Für die entstehende Stadt entwarf er auf dem Reißbrett die Siedlungsstrukturen und prägte mit seinen Bauten das heutige Erscheinungsbild stark.

Doch Noppes junior wollte mit 18 Jahren seine Eigenständigkeit beweisen. Er begann eine Lehre als Feinmechaniker und studierte anschließend an der Fachhochschule Maschinenbau. Später arbeitete Noppes jahrzehntelang bei IBM. "Eigentlich war es mein Wunsch, Architektur zu studieren", sagt er. Und seine Leidenschaft dafür konnte Noppes mit der Sanierung des vermieteten Degerndorfer Hofes ausleben.

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