Ausstellung:Kunst der Provokation

Kevin Cooklin aus Iowa wollte Literaturprofessor werden. Doch es kam anders. Jetzt malt er Landsleute in wenig schmeichelhaften Posen: den brüllenden Trump und Rumsfeld in Gefängniskluft

Von Blanche Mamer, Gauting

Er ist der Erste seiner Familie, der ein College besucht und studiert hat. "Meine Familie in Iowa ist fest in der Arbeiterwelt verhaftet", sagt der 54 jährige Kevin Cooklin bei der Vernissage seiner Ausstellung, der ersten in Deutschland, in der Galerie "The Bridge" am Hauptplatz in Gauting. "Im Februar hat er sich die Ausstellung der pakistanischen Malerin Aksa Owais angeschaut und gefragt, ob er auch ausstellen dürfe", erzählt der Galerist Michael Schröter. Es sei gleich klar gewesen: "Wir machen das."

Warum, das erkennen die Besucher der Galerie sofort. Malerei ist Cooklins Passion. Dabei hat er nicht Kunst oder Malerei studiert, sondern vergleichende Literaturwissenschaften und Soziologie, hat Goethe gelesen, Thomas Mann, Hermann Hesse. Er sei kein typischer Student gewesen, sagt Cooklin, er habe nie deren Sprache gesprochen. Eigentlich wollte er Literaturprofessor werden und in die Welt hinaus gehen, sagt er. Doch dann ist er vor der Promotion geflohen.

Kevin Cooklin in Gauting; Kevin Cooklin stellt aus:

Kevin Cooklin stellt seine Bilder in der Galerie von Michael Schröter (re.) aus.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Er hat Kurzgeschichten geschrieben und mehrere Jahre in der internationalen Schreibwerkstatt der Universität von Iowa-City unterrichtet. Und hat irgendwann realisiert, dass er etwas mit den Händen tun müsse. Und das war Malen. Mit leichtem Stift zeichne er die Umrisse, dann gehe er mit viel Kraft vor. "Ich habe früh angefangen zu zeichnen, auch in der Schule habe ich lieber gezeichnet und geträumt, als zugehört. Wenn ich die Lehrer und Mitschüler gemalt habe, war das Ergebnis nicht immer schmeichelhaft. Darum bin ich oft in Schwierigkeiten geraten. Ich wurde auch nie gefördert. Erst auf dem College habe ich realisiert, dass ich nicht dumm bin", erzählt Cooklin. Und: "Ich war immer wütend im Kopf." Wütend ist er immer noch, was man in den großformatigen Ölbildern erkennen kann. Die Porträts sind in kräftigem Schwarz, Grau, Weiß und Braun gehalten, nur selten verirrt sich ein Rot oder Orange hinein - sie sind extrem ausdrucksstark, realistisch, doch provokant und politisch.

Etliche seiner Figuren lachen lauthals, mit weit offenen Mündern, man meint, die Ausbrüche zu hören. Da ist beispielsweise das Porträt eines brüllenden Donald Trump, das erst bei der Vernissage enthüllt wurde, mit Haaren die zu Berge stehen, einem geifernden Mund und wütenden Augen.

Trump zu malen, war nicht seine Idee, sondern ein Auftrag, erklärt der Autodidakt. Andere Bilder zeigen hoffnungslose, fast panische Gesichter, ihre ebenfalls weit offenen Münder wirken wie lautlose Schreie. Irritierend ist eine Porträtreihe von neun Mitgliedern einer Verbrecherbande, die 2010 angeklagt und verurteilt wurden. Allerdings hat die Bildergalerie den Titel "Gang of Ten", denn mitten hinein hat er ein Porträt des ehemaligen US-Verteidigungsministers Donald Rumsfeld gesetzt, der den Irak-Krieg vorangetrieben hat; ebenfalls mit orangefarbener Gefängniskluft, durchaus realistisch, nur etwas blasser als die anderen Gefangenen. Deren Gesichter unterscheiden sich stark, es gelingt dem Maler, in ihnen sowohl Angst und Depression, wie auch Berechnung, Arroganz und Bösartigkeit auszudrücken. Todtraurig ist das Bildnis eines Verurteilten aus dem Ohio-State-Prison mit dem Titel: "I have so many friends. Why do I always feel so alone?"

Kevin Cooklin in Gauting; Kevin Cooklin stellt aus:

"So much money" hat Kevin Cooklin sein Doppelporträt genannt.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Neben seinen Bildern stellt Cooklin auch einige Halbreliefs aus, in der er vor allem die reiche Oberschicht karikiert. In "American Oligarch and Wife" zeigt der Banker dem Betrachter die Zunge, während seine Gattin gelangweilt das Rassehündchen im Arm hält. Cooklin ist viel herumgekommen, war in Seattle, Santa Fe, Minneapolis, Pittsburgh, Washington DC. Seit zwei Jahren lebt er nun in München.

Die Ausstellung "Paint America Great Again!" in der Galerie am Hauptplatz 1 in Gauting, Eingang an der Würmbrücke, dauert bis 12. August. Sie ist geöffnet von Montag bis Donnerstag jeweils von 10 bis 13 und 15 bis 17 Uhr, freitags von 10 bis 13 Uhr.

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