Ausstellung:Kunst an Fäden

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Die Malerin Ruth Neureiter und die Bildhauerin Regina V. Schmidt zeigen in Gilching Werke aus Seide, kleinformatige Plastiken und Bilder.

Von Katja Sebald, Gilching

In Gilching hat der Frühling bereits begonnen: Die beiden Künstlerinnen Ruth Neureiter und Regina V. Schmidt haben die schnöde ehemalige Sparkassen-Schalterhalle an der Landsberger Straße in einen freundlich-lichten Kunstraum verwandelt: "ZeitRaumKunst" heißt ihre gemeinsame Ausstellung, die an diesem Samstag eröffnet wird.

Ruth Neureiter, die im Hauptberuf als Atemtherapeutin arbeitet und sich seit langem der Malerei und Lyrik widmet, entdeckte den leerstehenden Gewerberaum auf ihren täglichen Wegen durch Gilching - jetzt hat sie ihn für zwei Wochen zur kreativen Zwischennutzung angemietet. "Korallenrot im Wolkenweiß, Farbklang eines Augenblicks" hat sie auf eine der großen Schiefertafeln im Ausstellungsraum geschrieben und damit ihre Malerei und die bildhauerischen Arbeiten von Regina Schmidt unter eine gemeinsame Überschrift gestellt.

Ein wattiges "Wolkenweiß" ist nicht selten der bestimmende Ton in den Bildern von Ruth Neureiter, für die sie stets die Grundfarben Rot, Blau und Gelb mit Weiß und Schwarz mischt. Leuchtende Pink- und Rottöne, zarte Grauschattierungen und eben jenes wolkige Weiß fügen sich zu ebenso intensiven wie harmonischen Bildwelten. Dabei bewegt sich die Malerin souverän zwischen abstrakter Farbfeldmalerei und reduzierten Stillleben. Gestische Malerei und ein dichter und vielschichtiger Farbauftrag werden zuweilen - wie etwa in dem großformatigen Bild "Love" - partiell mit einer milchigen Schicht überzogen, nachträglich aufgebrachte zeichnerische Elemente, Andeutungen von Schrift oder die auch wie eingeritzt wirkenden Blütenmotive legen Darunterliegendes wieder frei. Am Ende bleiben als Symbol für die Liebe zwei wie von Kinderhand hingekritzelte Blumen, die sich sachte einander zuneigen.

Aber Ruth Neureiter kann auch anders: gestisch und expressiv oder farbintensiv und ganz in der Welt der Gegenständlichkeit verhaftet. Sie zeigt eine mehrteilige Serie von Zeichnungen, in denen sie die Bewegungen einer Tänzerin eingefangen hat - Skizzen zum Teil nur, aber mit unsentimentaler Ausdruckskraft. Und schließlich haben gleich mehrere Arbeiten auf Papier wie auch auf Leinwand einzig und allein Tulpen zum Thema, diesmal nicht vereinfacht gezeichnet, sondern in sinnenbetörender Farbigkeit gemalt.

"Aufgehen" heißt eine Serie kleinformatiger Plastiken, die Regina Schmidt dazu auf schlanken, hohen Stelen entlang der Fensterfront zeigt: Die erste zeigt eine ganz in sich verschlossen kauernde rundliche Frauenfigur, die jeweils folgenden verändern ihre Haltung so, dass die Figur sich nach und nach aufrichtet, um schließlich in der letzten Position die Arme wie Flügel auszubreiten und gleichsam abzuheben.

Das Erstaunlichste an diesem "Sonnengruß" aber ist, dass diese Figur organisch-pflanzliche Formen in sich vereint und sich öffnet wie eine aufblühende Blume: "Ganz aus sich heraus, mit der Energie, die in ihr ist", sagt die Bildhauerin Regina Schmidt, die diese Serie ganz bewusst auch im übertragenen Sinn für das menschliche Leben und seine Reifeprozesse verstanden wissen will.

"Leichtigkeit, Beweglichkeit und die Dinge geschehen lassen, das ist auch Thema in meinem Leben", sagt Regina Schmidt. Deshalb ist eine luftig-leichte und beinahe transparente Seide ihr bevorzugtes bildhauerisches Material: In Acryllack getränkt und dann über zumeist runde Formen gefältelt, entstehen nach dem Trocknen zarte Objekte, die sich an Fäden aufgehängt wie ein Mobile bewegen oder in Kombination mit Licht wie von innen heraus strahlen können. "Über den Wolken" heißt eine Installation, für die sie kleine seidene Wolkenformationen über einem LED-Strahler montiert hat.

Schmidt, die für dieses Ausstellung an ihren früheren Wohnort Gilching zurückgekehrt ist, hatte die Fachschule für Holzschnitzerei Berchtesgaden besucht und ein Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste in München absolviert, bevor sie viele Jahre im gestalterischen Bereich an einer Fachakademie unterrichtete.

Neben den seidenen Wolken und Blüten entstehen auch Arbeiten aus Ton und Modelliermasse, aber auch widerspenstigen Muschelkalk weiß sie mit Virtuosität und feinem Gespür für die Oberflächengestaltung zu verarbeiten.

Die Ausstellung "ZeitRaumKunst" ist noch bis zum Sonntag, 26. Februar, jeweils mittwochs bis sonntags von 15 bis 18 Uhr in den Räumen an der Landsberger Straße 43 in Gilching zu sehen. Vernissage mit einer Klanginstallation von Friedemann von Rechenberg ist am heutigen Samstag, 11. Februar, um 18 Uhr.

© SZ vom 11.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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