Ausstellung:Die Menschensammlerin

Die Starnberger Stadtmalerin Stefanie Pietsch zeigt in der Schlossberghalle ihre Bilder, die im Paul-Thiem-Atelier entstanden. Darunter sind Aquarelle, die wie Schnappschüsse wirken, und minimalistische Zeichnungen

Von Katja Sebald, Starnberg

Die Designerin Stefanie Pietsch ist im Jahr 2013 zur 13. Starnberger Stadtmalerin gekürt worden. Und man darf wohl sagen, dass sie die fröhlichste unter den bisherigen Preisträgern ist: Am liebsten malt sie Menschen in kleinen alltäglichen Glücksmomenten. In einer "Werkschau" im kleinen Saal der Schlossberghalle zeigt sie nun die Arbeiten, die im städtischen Paul-Thiem-Atelier entstanden; mit einer sehr ästhetisch gehängten Ausstellung und einem schlicht schönen Katalog präsentiert sie sich gleichzeitig als versierte Gestalterin.

Tatsächlich arbeitet die 1975 in Darmstadt geborene Pietsch als Gestalterin: Nach einem Studium der Visuellen Kommunikation an der Fachhochschule Schwäbisch Gmünd ist sie in den Bereichen Kommunikation im Raum, Corporate Design und Illustration tätig. Der Herrschinger Bürgermeister Christian Schiller bezeichnete sie in seiner launigen Laudatio als "Augenmensch": Ihre Kreativität kennt keine Grenze zwischen Beruflichem und Privatem, sodass sie mit ihrem privaten Esszimmer einen Schöner-Wohnen-Preis gewann - und mit Bildern, die ihre Kinder beim Baden zeigen, den Kunstpreis der Stadt Starnberg. Mehr oder weniger zufällig hatte sie von der Ausschreibung erfahren und sich kurzfristig zur Teilnahme entschlossen. Das Atelier in der großbürgerlichen Fin-de-Siècle-Villa des Malers Paul Thiem an der Josef-Fischhaber-Straße, das sie wie alle Stadtmaler für zwei Jahre als Arbeitsraum nutzen durfte, habe ihr bis zum letzten Tag großen Respekt eingeflößt, bekannte sie am Vernissagenabend: "Ich habe den Druck gespürt, hier etwas schaffen zu müssen und am Ende vorzeigen zu können." Und um es vorweg zu nehmen: Wie viele ihrer Vorgänger hat sie sich in dem großzügigen Raum künstlerisch enorm entwickelt. Die zwei Jahre bezeichnet sie rückblickend als "außergewöhnliche Zeit und besondere Erfahrung".

Als Malerin kommt Pietsch von der Illustration. Ihre große Stärke liegt in der Wiedergabe der menschlichen Figur. Scheinbar mühelos und mit sparsamem Einsatz der Mittel gelingt es ihr, Gesichter und Bewegungen so einzufangen, dass man meint, die abgebildeten Menschen zu kennen: die in Schwarz gekleidete Radfahrerin, irgendwo am Stadtrand von Kopenhagen. Die beiden Kinder, die sich am Strand unter bunten Decken und Handtüchern verstecken. Die Schlittschuhläufer vor der winterlichen Kulisse und die Wartenden in einer großen Halle, die Elegante im Kostüm, die Flippige mit dem Ringelpulli, den Lässigen mit dem Handy. Ihre luftigen und aufs Wesentliche reduzierten Aquarelle wirken locker wie Schnappschüsse, wie aufgeräumte Fotos wirken auch die großen Gemälde in Acryl auf Leinwand: Pietsch verzichtet hier auf jegliche malerische Geste und gibt ihnen eine glatte, sehr reduzierte Anmutung, ohne ihnen das Stimmungsvolle, das Licht und den besonderen Augenblick zu nehmen.

Es ist ihr jedoch auch gelungen, das sichere Feld des Figürlichen zu verlassen und - zunächst ausgehend von der Farbe - mit abstrakten Formen, grafischen Mustern und rhythmischen Anordnungen zu experimentieren. Leuchtende Tuschefarben mit wohlklingenden Namen, Mitbringsel von einer Reise nach Paris, standen am Anfang dieses Farbenspiels, übereinanderliegende transparente Farbflächen sorgen für spannende Zwischentöne und Graufelder. Am Ende des Experiments - und vielleicht auch am Ende der Zeit im Thiem-Atelier - öffnete Stefanie Pietsch das Fläschchen mit der samtig tiefschwarzen Tuschefarbe. Im großen Format und mit großer Kühnheit entstand eine Serie von minimalistischen Zeichnungen, wenige abstrakte Formen, die dennoch wie die Essenz aller vorangegangenen Farbspielereien wirken. Und wie die ersten Schritte auf dem eigentlichen künstlerischen Weg.

Starnberg, kl.SBH, Stefanie Pietsch

Eine der experimentellen, minimalistischen Zeichnungen mit dem Titel "Mann in Barcelona".

(Foto: Georgine Treybal)

Die "Werkschau" ist nur noch an diesem Wochenende, jeweils von 14 bis 18 Uhr, sehen.

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