Anwalt plündert Kanzleikonto:Porsche, Pacht und teure Flüge

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3188 Euro für einen Reifenwechsel, 3600 Euro für ein Sofa und 868 Euro für eine Weinlieferung: Ein Patentanwalt hat mehrere Millionen Euro vom Konto seiner Kanzlei genommen, um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren. Doch dann flog das Ganze auf. Jetzt musste sich der Jurist vor Gericht verantworten.

Christian Rost

Der Patentanwalt und seine frühere Buchhalterin sitzen gemeinsam auf der Anklagebank im Münchner Landgericht. Die beiden haben sich aber offenbar nichts mehr zu sagen, seit feststeht, dass der 47-Jährige mehrere Millionen Euro vom Konto einer Münchner Patentanwaltskanzlei für sich abgezweigt hat.

Während der Mann aus dem Landkreis Starnberg mit dem Geld seiner Kanzleipartner über Jahre in Saus und Braus lebte, begnügte sich die 55-Jährige mit ihrem Angestelltensalär und engagierte sich nebenbei ehrenamtlich für mittellose Menschen. Obwohl sie von den Betrügereien ihres Chefs keinerlei Vorteil hatte, frisierte sie für ihn dennoch die Bücher. Nun ist sie wegen Beihilfe zur Untreue in rund 480 Fällen angeklagt und in Tränen aufgelöst, während ihr früherer Arbeitgeber selbstsicher zur Richterbank blickt.

Der Fall, der am Mittwoch vor der 12. Strafkammer verhandelt wurde, zeigte exemplarisch, dass sich auch ein ganzer Haufen Geld bei entsprechendem Lebensstil rasch in Luft auflösen kann. Rund 600.000 Euro verdiente der Patentanwalt als Partner einer Kanzlei ohnehin im Jahr. Um sich einen Porsche zu leasen, die Pacht für seine Jagd zu bezahlen, teure Flüge nach Montreal zu leisten, entnahm er dennoch oft fünfstellige Beträge vom Konto der Kanzlei.

Dies war ihm möglich, weil er in Absprache mit seinen Partnern für alle finanziellen Belange der Sozietät zuständig war. Laut Gesellschaftervertrag hätte er eigentlich dafür Sorge tragen sollen, dass sich auf dem Kanzleikonto Gewinne ansammeln, die schließlich an die an der Kanzlei beteiligten Patentanwälte ausgeschüttet werden sollten.

Die Staatsanwaltschaft hielt dem Mann nun vor, grob gegen seine Pflicht, die Vermögensinteressen seiner Mitgesellschafter zu schützen, verstoßen zu haben. In den Jahren 2002 bis 2009 habe er insgesamt 4,4 Millionen Euro unbefugt aus der Kanzlei entnommen und für sich verwendet. Die Buchhalterin hatte sich laut Anklage an der Veruntreuung des Geldes beteiligt, indem sie Umbuchungen vornahm, um die Fehlbeträge zu kaschieren.

Ob es 3188 Euro für einen Reifenwechsel waren, 3600 Euro für ein Sofa, 868 Euro für eine Weinlieferung, 1500 Euro für Benzin oder 65 Euro für Blumen: Die privaten Ausgaben des Patentanwaltes wurden von der Firma beglichen und tauchten mit Hilfe der buchhalterischen Tricks nicht in der Bilanz auf. Tatsächlich häufte sich auf dem betroffenen Kanzleikonto ein Fehlbetrag von mehreren Millionen Euro an. Bemerkenswert dabei war, dass diese Vorgänge jahrelang unbemerkt blieben.

Der Patentanwalt, der von seinen Partnern schließlich doch wegen der Unregelmäßigkeiten an die Luft gesetzt wurde, legte wie die Buchhalterin ein umfassenden Geständnis ab. Zuvor hatten die Verteidiger mit dem Gericht und der Staatsanwaltschaft einen Deal ausgehandelt: Bei Geständnis gibt es milde Strafen.

Zwei Jahre auf Bewährung also wegen Untreue und Betrugs für den Patentanwalt, der zudem eine Geldstrafe in Höhe eines Jahreseinkommens zahlen muss. Das sind bei seinen derzeitigen Einkommensverhältnissen als freiberuflicher Patentexperte bis zu 100.000 Euro. Für die Buchhalterin wurde eine einjährige Bewährungsstrafe und gemeinnützige Arbeit vereinbart.

Gericht und Staatsanwaltschaft ließen sich auf die Absprache auch ein, weil die Kanzlei es dem Angeklagten so leicht gemacht hatte. Zudem ist der Schaden inzwischen beglichen: 2,2 Millionen Euro zahlte der Patentanwalt aus seinem Privatvermögen seinen ehemaligen Partnern. Die Anklage war ursprünglich von einer weit höheren Schadenssumme, nämlich 4,4 Millionen Euro, ausgegangen, konnte in etlichen Fällen die Untreue aber nicht nachweisen. Ein weiteres Verfahren gegen die Frau des Patentanwalts, die Beihilfe zum Betrug geleistet haben soll, wurde gegen eine Geldauflage von 5000 Euro eingestellt.

Der Lebensstil des Ehepaares hat sich inzwischen grundlegend geändert: "Der Porsche ist längst weg", sagte der Angeklagte. Er muss nun auch damit rechnen, dass ihm seine Zulassung als Patentanwalt entzogen wird.

© SZ vom 13.10.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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