Begabter Jungbauer:Mehr als Kühe melken

Begabter Jungbauer: Für Thomas Sailer ist Landwirt ein Traumberuf - und damit ist er keineswegs allein. Immer mehr junge Leute entscheiden sich dafür, Bauer zu werden.

Für Thomas Sailer ist Landwirt ein Traumberuf - und damit ist er keineswegs allein. Immer mehr junge Leute entscheiden sich dafür, Bauer zu werden.

(Foto: Ulfers)

Mit 23 Jahren hat der Andechser Landwirt Thomas Sailer schon den Meisterbrief in den Händen

Von Astrid Becker, Andechs

Eine riesige Bürste schrubbt über den Hintern einer Kuh. "Wellnessprogramm" nennt Thomas Sailer das. Normalerweise sei dieses Ding ja für den Rücken gedacht, aber dieses eine Tier habe nun einmal andere Vorlieben, erzählt er. Sailer ist 23 Jahre alt und hat am Dienstag seinen Meisterbrief im Haus der bayerischen Landwirtschaft in Herrsching bekommen. Er ist zwar in diesem Jahrgang der einzige Absolvent aus dem Landkreis, aber das ist eher die Ausnahme. Denn das Berufsbild Bauer erfreut sich steigender Beliebtheit - was allein die Zahl der Auszubildenden zum Landwirt in Bayern belegt.

Ein kleiner Vergleich: Im Jahr 2000 waren es dem Agrarbericht des bayerischen Landwirtschaftsministeriums zufolge noch 582 junge Menschen, die gern Bauer werden wollten, 2013 bereits 805. Die Zahl derjenigen, die den Meisterbrief ablegten, ist im selben Zeitraum ebenfalls gestiegen: von 200 im Jahr 2000 auf 361 im Jahr 2013. Thomas Sailer führt dies auf die Freude am Umgang mit Tieren und der Natur zurück, die gewachsen sei. Ihn habe das bereits als Bub fasziniert, auch wenn er das heute "romantisch" nennt. Denn der Beruf des Landwirts , der Sailer dennoch spürbar am Herzen liegt, umfasst viel mehr als Ackerbau und Viehzucht. Einfach nur Bauer sein, "das geht heute nicht mehr", sagt er. Denn neben fachlichen Kenntnissen müsse ein Landwirt vor allem auch unternehmerisches Denken besitzen - etwas, was wohl die meisten Menschen nicht mit diesem Beruf in Verbindung bringen. Bauern müssen heutzutage genau kalkulieren können und wissen, wann sie wie viel Geld in was investieren können, ob in den Kauf von Dünger, in den Bau eines neuen Stalles oder eines neuen Traktors. Rechnungsprüfung und Buchhaltung müssen sie sich daher aneignen ebenso wie die Fähigkeit, einen Betrieb wirtschaftlich zu analysieren. Sailer hat dies vor allem in seiner Ausbildung zum Landwirtschaftsmeister gelernt. Sieben Jahre dauert es insgesamt, bis man den Meisterbrief in den Händen halten kann. Sailer hat erst die Mittlere Reife gemacht, dann das vorgeschriebene Berufsgrundschuljahr absolviert. Danach arbeitete er jeweils ein Jahr in zwei anderen landwirtschaftlichen Betrieben. Ausgesucht hat er sich dafür Bauernhöfe, die Milchwirtschaft betreiben - weil das auch der Schwerpunkt ist, den seine Eltern für ihren Hof in Erling gewählt haben, den er einmal übernehmen wird. 70 Milchkühe stehen dort derzeit, mit ihren Kälbern und den Mutterkühen besitzt die Familie insgesamt aber etwa 150 Rinder und nutzt etwa 80 Hektar eigene und gepachtete Flächen als Acker und Wiesen. 60 Hektar davon sind Grünland, das Sailer praktisch biologisch bewirtschaftet. Milch jedoch wird bei den Sailers noch konventionell erzeugt. Der Stall, so sagt der junge Meister, sei für die biologische Milchwirtschaft in seiner jetzigen Form nicht nutzbar. "Wir müssten investieren, doch das ist derzeit nicht möglich."

Sailer weiß genau, wovon er spricht. Schließlich musste er den elterlichen Hof im Rahmen der Meister-Fortbildung betriebswirtschaftlich analysieren und auch sogenannte "worst case"-Szenarien miteinbeziehen. Zum Beispiel hat er in einer fünf Zentimeter dicken Analyse kalkuliert, was passiert, wenn der Milchpreis um zehn Cent von 38 auf 28 Cent sinkt. Eine Rechnung, die ihm heute, bei einem Milchpreis von 29 Cent, bereits zugute kam. Sailer schaut dennoch optimistisch in die Zukunft. Er träumt von mehr Automatisierung im Stall, von 120 Kühen und einer Familie. Eine Freundin hat er bereits: Sie stammt auch aus der Landwirtschaft. "Das ist zwar gut, aber heutzutage nicht mehr nötig." Das sei nur eine Frage der Betriebsorganisation, sagt er. Dann muss er in den Stall. Seine Kühe wollen gemolken werden.

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