Andechs:Die Zukunft heißt Bio

Landwirtschaftsminister Brunner eröffnet die Öko-Erlebnistage. Die Bio-Agrarwirtschaft verzeichne tin Bayern zwar hohe Wachstumsraten, Molkereichefin Scheitz fordert aber trotzdem staatliche Förderprogramme

Von Ute Pröttel, Andechs

Sie ist nah dran an ihren Milchbauern, dafür wird sie geschätzt. Alle zwei Monate sitzt Molkereichefin Barbara Scheitz mit zehn Vertretern ihrer Biomilchbauern zusammen und fixiert den Milchpreis. Seit drei Jahren ist der beinahe konstant. 49 Cent zahlt die Molkerei Scheitz aktuell pro Liter Biomilch. In Krisenzeiten waren das bis zu 22 Cent mehr als für Milch aus konventioneller Landwirtschaft.

Kein Wunder, dass immer mehr Bauern ihr Heil in der ökologischen Landwirtschaft suchen. Doch nach wie vor fristet der Bio-Milchmarkt im Vergleich zur konventionellen Herstellung ein Nischendasein. In Bayern hat er momentan einen Anteil von 5,5 Prozent, deutschlandweit liegt er sogar nur bei 2,7 Prozent.

Mit am Tisch der Bio-Milchsprecher sitzt auch Erika Höpfl. Sie bewirtschaftet mit ihrem Mann und ihrem Sohn einen Hof mit 55 Kühen in Rieden bei Dießen. Seit 2009 produzieren sie rein ökologisch. "Die Umstellung haben wir keine Minute bereut", sagt die Landwirtin und Kräuterpädagogin in der Diskussionsrunde. Auch wenn sie 365 Tage im Jahr anwesend sein müssen. Michael Schelle aus Forst zwischen Wessobrunn und Landsberg gibt zu bedenken, dass die Erzeugerkosten, werden sie wie in der konventionellen Landwirtschaft inklusive Personalkosten berechnet, bei 53 Cent pro Liter Milch liegen. Dennoch gibt es auch für ihn keine Alternative zum ökologischen Landbau. Sein Sohn besucht derzeit die Fachschule für ökologischen Landbau in Weilheim.

Andechs Molkerei Scheitz Eröffnung der Erlebnistage

Fesch: Bio-Königin Eva I. kam zu den Erlebnistagen.

(Foto: Nila Thiel)

Die Branche ist in Bewegung. Wie sehr, das zeigen Bauern und Bio-Unternehmen jedes Jahr zu den Öko-Erlebnistagen. Sie dauern heuer von 2. September bis 3. Oktober. Hoffeste, Betriebsführungen, Schmankerl-Verkostungen sollen dem Verbraucher das Bioland Bayern näherbringen. Eröffnet hat die 17. Öko-Erlebnistage am Dienstag der bayerischen Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Helmut Brunner, auf dem Gelände der Andechser Molkerei Scheitz. Dazu gaben sich Vertreter aus Politik, Produktion, Handel und nicht zuletzt Vertreter der vier großen Öko-Verbände Bioland, Naturland, Biokreis und Demeter ein Stelldichein. Auch Bayerns erste Bio-Königin Eva I. war aus Rotthalmünster angereist.

2009 hatte Barbara Scheitz die Andechser Molkerei auf 100 Prozent ökologische Verarbeitung umgestellt. Ein mutiger Schritt. Bedeutete er doch enge Absprachen mit den zuliefernden Bauern und höhere Preise auf einem umkämpften Markt. Ihr Vater Georg Scheitz sen. hatte die Entwicklung eingeleitet. In den Achtzigerjahren begann er in Andechs mit der Verarbeitung von Bio-Milch. Staatsminister Brunner tituliert ihn als "einen der ersten Öko-Pioniere" in Bayern. Bei der Eröffnung sitzt er neben der heutigen Chefin. Gleich hinter den beiden: Sohn und Bruder Georg Scheitz jun., der heute die väterliche Landwirtschaft fortführt und als einer von einhundert Ziegenmilchlieferanten und in seiner politischen Funktion als stellvertretender Landrat anwesend ist.

Andechs Molkerei Scheitz Eröffnung der Erlebnistage

Minister Brunner (Mitte) eröffnete die Erlebnistage (hier mit Georg Kirchbichler, Christian Wagner, Josef Wetzstein, Helmut Brunner, Barbara Scheitz, Cordula Rutz).

(Foto: Nila Thiel)

In ihrer Rede präsentiert die zierliche Molkereichefin Fakten: "Die Bio-Agrarwirtschaft ist in Bayern auf dem Vormarsch mit einer Wachstumsrate zwischen 10 und 14 Prozent. Die höheren Bio-Produktpreise werden von der Gesellschaft anerkannt." Und: "Die konventionelle Landwirtschaft muss sich immer mehr ökologischen Verbraucherwünschen sowie staatlichen Richtwerten und Vorgaben beugen! Die Bio-Agrarwirtschaft ist die Lösung vieler ökologisch-ökonomischer Probleme." Während ihre Vorredner einen durchaus positiven Ausblick geben, wie sich die Branche zuletzt entwickelt hat, fordert Barbara Scheitz höflich, aber resolut Sonderprogramme: "Der Freistaat Bayern könnte aufgrund seiner guten Haushaltslage sein Programm 'Bio-Regio 2020' erweitern oder andere Förderprogramme umschichten, finanziell aufstocken oder neue Programme installieren."

Bei ihren Bio-Milchsprechern dürfte sie damit auf Begeisterung stoßen. Demnächst kommen übrigens zwei neue Vertreter hinzu. Die Molkerei Scheitz verarbeitet mittlerweile 120 Millionen Liter Bio-Milch und 9,5 Millionen Liter Bio-Ziegenmilch im Jahr und befindet sich damit wie die gesamte Branche auf Wachstumskurs.

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