Andechs:Die verschwundene Burg

Broschüre über alte Andechser Adelsburg

Der ehemalige Architekt Alfred Laut (li.) und der pensionierte Archäologe Hans-Peter Uenze.

(Foto: Fuchs)

In einer kleinen Broschüre erzählt der Heimatverein Erling von einer Anlage in Andechs, die noch älter ist als das Klostergemäuer. Dazu gibt es eine Wanderkarte, die den Weg zu dem Kulturdenkmal weist

Von Ute Pröttel, Andechs

Wann genau die erste Besiedelung rund um den Heiligen Berg stattfand, ist schwer zu datieren. Der Höhenzug von Widdersberg bis Erling stellt seit alters her eine exponierte Lage dar, die schon früh besiedelt wurde. Der Andechser Heimatverein weiß von einer Burganlage, die noch älter war, als die erste Burg auf dem Heiligen Berg. Sie befindet sich gut einen Kilometer nördlich entlang des Ochsengrabens. Ihre Struktur ist immer noch deutlich erkennbar. Wer sich auf eine Erkundungstour einlässt, erlebt eine spannende Kletterpartie über steile Verteidigungswälle, ein zerklüftetes Vorburg-Plateau und einen Burgplatz, auf dem heute nicht mehr rüstige Ritter residieren, sondern modrige Baumstämme verrotten und junge Buchen in den Himmel streben. Funde belegen, dass dieser markante Bergsporn bereits in der Bronzezeit in Benutzung war.

Schroff fällt das Gelände vom Burgplatz der vorderen Hauptburg gegen Norden hin ab. Rechter Hand ist das Gurgeln des kleinen Baches zu hören, der durch den Ochsengraben fließt. Auf der anderen Seite fällt das Gelände steil ins Kiental ab. Ein Dampfersignal klingt herüber, vom nahen Ammersee ist allerdings nichts zu sehen. Wander- und Forstwege durchziehen den lichten Mischwald. Ein Trupp rüstiger Wanderer kommt gerade durch den Pfad, der die äußere Vorburg vom ersten Verteidigungswall trennt. Sie folgen dem Wanderweg ins Kiental hinunter. Keiner von ihnen wird sich bewusst sein, dass er gerade an einer 200 Meter langen Burganlage vorbeiläuft. Zugegeben, es braucht auch einiges an Fantasie, um sich auf dem vom Mischwald überwachsenen Gelände eine Burg vorzustellen. Ihre Existenz ist aber unbestritten. Die Historiker bezeichnen sie als "Alte Burg Andechs 2". Drei Burgen gruppieren sich im Kiental. Andechs 1 wird als die sogenannte Fliehburg bezeichnet. Sie stammt aus der Karolingerzeit und liegt von Andechs aus betrachtet jenseits des Kienbachs. Der Heilige Berg trägt Andechs 3. Sie ist die größte und wohl jüngste der drei Burgen.

Der Heimatverein Erling hat zusammen mit dem Arbeitskreis für Ortsgeschichtsforschung der Würmregion nun eine kleine Broschüre mit dem Titel "Die Alte Burg Andechs 2" herausgebracht. Sie soll das uralte Kulturdenkmal aus seinem Dornröschenschlaf erwecken und wartet neben einer kurzen historischen Einführung vor allem mit topografischen Karten auf. Ausgehend von einem alten, mit großer Sorgfalt erstellten Katasterblatt, das allerdings für Laien kaum zu entziffern ist, haben sich der ehemalige Architekt Alfred Laut und der pensionierte Archäologe Hans-Peter Uenze daran gemacht, den Lageplan lesbar zu machen. Andechs 2 diente als Sitz der Grafen von Dießen, um das Ostufer des Ammersees zu beherrschen. Später, so mutmaßen die Autoren, wanderte der Grafensitz auf den Heiligen Berg. Nur die Dienstmannen und Ministerialen des Grafen verblieben auf Burg 2. Sie sicherten den Zugang aus dem Kiental. Die Dynastie starb 1248 aus, der Besitz fiel in die Hände der Wittelsbacher, die Andechs 2 wahrscheinlich schleiften. Ein alter Brunnen und die Fundamente eines Burgturms konnten bei archäologischen Grabungen in den 70er Jahren belegt werden. Auf einer Wanderkarte sind alle Wege eingezeichnet, die ein leichtes Finden des Kulturdenkmals ermöglichen. Die Broschüre gibt es im Rathaus Andechs. Bei Interesse veranstaltet der Heimatverein Ortsbegehungen.

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