Andechs:Büttenrede zum Bier

Andechs: Vertritt seine Sache stets mit Humor: Lothar Ebbertz, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. Er sprach in Andechs.

Vertritt seine Sache stets mit Humor: Lothar Ebbertz, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes. Er sprach in Andechs.

(Foto: Arlet Ulfers)

In seiner Rede zum 500. Geburtstag des Bayerischen Reinheitsgebots setzt Brauerbundchef Lothar Ebbertz launige Akzente

Von Ute Pröttel, Andechs

Ein einziges Fass Jubiläumsbier hatte Braumeister Alexander Reiss noch aufgehoben für diesen Abend. Darin ein unfiltrierter Bergbock Hell, der von den rund 60 Gästen, die in den Alten Pferdestall oberhalb des Florian-Stadl gekommen waren, gern getrunken wurde. Lothar Ebbertz, der Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Brauerbundes, genehmigte sich allerdings erst nach seiner launigen Rede zum Bayerischen Reinheitsgebot das gehaltvolle Bier. Mit einem Alkoholgehalt von 6,9 Prozent ersetzt das vollmundige Getränk eigentlich eine ganze Mahlzeit. Doch wehe dem, der keine Breze dazu isst. "Bier ist der Beweis, dass Gott die Menschen liebt", mit diesen Worten beginnt Lothar Ebbertz seine Geburtstagsrede. Er bekennt "ich bin kein Bayer, sondern stamme aus dem Rheinland, auch kein Brauer, aber katholisch". In seiner kurzweiligen Rede, die streckenweise durchaus einer rheinischen Büttenrede gleichkommt, feuert er Statistik und Historisches ab. Preist das Reinheitsgebot von 1516 als sehr frühen Verbraucherschutz, der das Volk vor überzogenen Bierpreisen schützen sollte und die vier Ingredienzien für Bier festschrieb, um sicherzustellen, dass genug Roggen für Brot zur Verfügung stand. Im Vergleich zum Bayerischen Reinheitsgebot ist das deutsche erst 110 Jahre alt, doch seit 50 Jahren müssen sich beide wieder gegen die Aufweichungstendenzen aus Richtung EU erwehren. Immerhin Bier ist das einzige deutsche Lebensmittel, das es auf die EU-Liste schützenswerter traditioneller europäischer Lebensmittel geschafft hat. Überhaupt nur 15 Lebensmittel verzeichnet diese Liste.

Natürlich kann eine Feier zum 500-jährigen Bestehen nicht auskommen, ohne auf den aus Amerika nach Deutschland herüberschwappenden Craftbeer-Trend einzugehen und so bekommt auch er sein Fett ab. Ebbertz begrüßt die Experimentierfreude der Craftbewegung. "Sie tut der deutschen Brauwirtschaft gut." Doch wirkliche Braukunst offenbare sich dort, wo aus Hopfen, Malz, Hefe und Wasser ein gescheites Helles in gleichbleibender Qualität gebraut wird. Ebbertz ist zuversichtlich: Aus den vier Grundzutaten lassen sich noch viele aufregende Biere brauen.

In ihrem historischen Exkurs zur Andechser Braukunst kommt Stiftsarchivarin Birgitta Klemenz dem Geheimnis des Andechser Erfolges auf die Spur: kontinuierliche Investitionen und stete Pflege und Erweiterung des Kundenstamms über den Heiligen Berg hinaus. So beliefert das Kloster auch irgendwann das Münchner Waisenhaus in Nymphenburg, das zehn Hektoliter pro Woche bestellte, eine bis dato von keinem belieferten Wirt aufgerufene Absatzmenge.

Heute produziert die Klosterbrauerei mehr als 100 000 Hektoliter im Jahr. Doch die Lage ist angespannt. "Wir platzen aus allen Nähten", sagt Braumeister Alexander Reiss, der es nach 25 Jahren dringend an der Zeit sieht, zu modernisieren. Die Abfüllhalle benötigt ein modernes Abluftsystem, das hygienisches Abfüllen gewährleistet und auch an der Energieeffizienz und dem Wasserverbrauch kann durch moderne Maschinen viel eingespart werden. Doch vor dem Traum einer neuen Abfüllanlage ist noch das Immissionsschutzgesetz-Verfahren zu durchlaufen und so blieb an diesem Abend nur das Antrinken gegen die Krise. Das letzte Fass Jubiläumsbier wollte geleert werden. Bis zum 30. September läuft die Ausstellung "Die Wächter des Reinheitsgebotes" im Florian-Stadl.

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