Ambach:Kombiniere: Manfred Schmidt

Nick Knatterton als Spiegel des Wirtschaftswunderlandes

Detektiv Nick Knatterton ist das Geschöpf von Manfred Schmidt, der in Ambach wohnte.

(Foto: Sebastian Kahnert/dpa)

Der Nick-Knatterton-Erfinder wird wiederentdeckt

Von Johanna Klein, Münsing

Ein freundlicher alter Mann, der viel in Münsing unterwegs war und abends Vorträge hielt. So hat Michael Köhle, Vorsitzender der Franz-Graf-von-Pocci-Gesellschaft, den Zeichner und Journalisten Manfred Schmidt heute noch vor Augen. Schmidt, der Erfinder der legendären Comic-Figur Nick Knatterton, wuchs in Bremen auf und zog in den Sechzigerjahren nach Ambach an den Starnberger See. Zu seinem 103. Geburtstag organisierte die Pocci-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit der Agenda Kultur Münsing einen Vortragsabend mit dem Comicforscher Ralf Palandt.

Nick Knatterton ist wohl noch manchen ein Begriff. Das markante Kinn, eine Pfeife zwischen den Lippen und seine immer wiederkehrende Phrase "Kombiniere", die in den Alltagssprachgebrauch übergegangen ist, lassen viele sofort an den scharfsinnigen Detektiv denken. Während Prominente der Wirtschaftswunderzeit kamen und gingen, blieb er immer da. Von 1950 an löste Knatterton 30 Jahre lang mit überragender Intelligenz alle möglichen Kriminalfälle. Bebilderte spannende Kriminalgeschichten waren die Comics auch für Köhle. Comicforscher Palandt sagt: "Bei vielen jungen Lesern stand die Krimi-Handlung im Vordergrund." Hinter den humoristischen Schwarz-Weiß-Zeichnungen steckt aber noch mehr: Mit Wortspielereien und sprachlichen Zweideutigkeiten strotzten Schmidts Comics nur so von satirischer Kritik an Gesellschaft und Politik. So blieb auch Franz Josef Strauß als Kunde des Waffenherstellers "Murks AG" nicht verschont.

Ob die Menschen heute noch über die Knatterton-Comics lachen? "Ja und nein", antwortet Palandt, der 2012 die Kultur-Auszeichnung "München dankt!" erhielt. Etliche damals aktuelle Anspielungen und Pointen seien so zeitbezogen, dass man sie heute ohne geschichtliches Wissen nicht mehr gleich verstehe. Trotzdem funktionieren die zeitlose Situationskomik und der durch Sprechblasen transportierte Sprachwitz auch noch nach Jahrzehnten. Für den Comicforscher sind "die spannenden Nick-Knatterton-Comics eine herzerwärmende Kindheitserinnerung, die sich mit den Jahren um die Perspektive auf die reizvolle Ästhetik und die satirische Gesellschaftskritik erweitert hat". Das Mitglied der Gesellschaft für Comicforschung hat sich sehr oft mit Manfred Schmidt auseinander gesetzt und Aufsätze zu dessen Werken geschrieben. Sein Forschungsschwerpunkt sind politische Comics.

Der berühmte und tatkräftige Detektiv war nicht nur in Magazinen wie anfangs der Quick zu finden. In den 1980er-Jahren erschienen Knatterton-Spots im Fernsehen, die beliebte Serie wurde von 1978 an in mehreren Perioden in der ARD ausgestrahlt. Bis in die 2000er konnte man Knatterton in Werbeanzeigen entdecken.

Münsing beherbergte drei der bedeutendsten satirischen Zeichner Deutschlands: Franz Graf von Pocci, Vicco von Bülow alias Loriot und Manfred Schmidt. Christian Kohn, Sprecher der Agenda Kultur, findet, dass Schmidts Leistungen bisher am Ort im Gegensatz zu denen der anderen Künstler nicht genug gewürdigt wurden, obwohl der Knatterton-Erfinder Zeitgeschichte gemacht hat.

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