Abschied:Der letzte große Einsatz

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Das Lufttransportgeschwader in Penzing lädt am 10. Juni zu einem Tag der offenen Tür in den Fliegerhorst ein. Ende des Jahres wird der Standort dann geschlossen, die Verschrottung der Flugzeuge hat bereits begonnen

Von Erich C. Setzwein, Penzing/Fürstenfeldbruck

Als Marcel Konjevic vor 25 Jahren geboren wurde, war der Kalte Krieg gerade vorüber. In Mitteleuropa schien alles friedlich weiterzugehen, die Bundeswehr baute Stelle um Stelle, Einheit um Einheit ab oder plante dies weit im Voraus. Wenn der junge Fürstenfeldbrucker in wenigen Wochen seinen Dienst bei der Bundeswehr beendet, wird es seine Einheit in Penzing (Kreis Landsberg) auch bald nicht mehr geben. Doch bevor der Zeitsoldat seine Uniform auszieht, um zu studieren und einen Zivilberuf anzustreben, ist Konjevic noch stark gefordert. Nicht, dass er noch einen Auslandseinsatz vor sich hätte. Der Leutnant gehört der Projektgruppe an, die den 10. Juni zu einem ganz besonderen Ereignis machen soll. Denn an jenen Samstag möchte sich das Lufttransportgeschwader 61 (LTG) noch einmal voll Stolz beim "Tag der Bundeswehr" präsentieren und sich von der Bevölkerung verabschieden. 40 000 Besucher werden erwartet.

Wenn Ende dieses Jahres die letzte Maschine vom Typ Transall den Flugplatz Penzing verlassen hat, wird den Anwohnern das sonore Brummen der Propellerflugzeuge bei den Überflügen plötzlich fehlen. Auch über den Landkreisen Fürstenfeldbruck und Starnberg, aus denen viele Beschäftigte und Soldaten kommen, werden die meist grün-schwarz lackierten Flugzeuge mit der typischen Heckform nicht mehr zu sehen sein. Die letzte Gelegenheit, dass Zivilisten nahe an die noch verbliebenen Transalls herankommen und gleichzeitig erfahren können, was der älteste fliegende Einsatzverband der Bundeswehr all die Jahre in Penzing und in aller Welt so gemacht hat, ist der 10. Juni. Seit Spätsommer vergangenen Jahres tüfteln verschiedene Arbeitsgruppen aus, welches Programm die Bundeswehr an diesem Tag bieten kann, wie all die erwarteten Besucher aufs Fliegerhorst-Gelände kommen und wie bei all dem die Sicherheit gewährleistet ist.

Der in Bremen geborene und seit 2015 in Bruck lebende Marcel Konjevic koordiniert und steuert die neun Arbeitsgruppen. Da heißt es aufzupassen, dass sich Aufgaben nicht doppeln, dass die eingesetzten Kameraden und zivilen Mitarbeiter gut vernetzt sind. Zum Beispiel jene, die die Fahrpläne für die etwa 200 Busse ausrechnen, die von und zu den insgesamt sieben Großparkplätzen in der näheren und weiteren Umgebung pendeln. "Alle sechs Sekunden wird irgendwo ein Bus losfahren", sagt Uwe Lenke von der Pressestelle des Geschwaders.

Dass die Besucher nicht direkt auf den Fliegerhorst fahren dürfen, dass die Straßen dorthin an diesem Tag gesperrt sind, hat einen organisatorischen und einen historischen Grund. Zum einen werden innerhalb des Fliegerhorstes außer den Transall viele andere Flugzeuge stehen und es wird kein Platz für Autos sein, zum anderen hat das Geschwader bei einem früheren Tag der offenen Tür sehr schlechte Erfahrungen gemacht, weil sich bei Regen alle Rasenflächen in Matsch verwandelt hatten.

Die Besucher erwartet ein Programm, das von der reinen Ausstellung von Flugzeugen und Gerätschaften über ein Showprogramm bis zu einer Evakuierungsübung mit Platzpatronen reichen wird. Die Feldküche wird Erbseneintopf anbieten, und Spitzensportler geben Autogramme. Die Mitarbeiter des Feldpostamts erklären, warum der Versand von Briefen und Päckchen zwischen Heimatland und Einsatzort so wichtig ist, und der Sicherheitsdienst der Kaserne hat eine Hundeshow vorbereitet. Überflüge von Eurofighter-Jets und Jagdbombern vom Typ Tornado sollen die Bewaffnung der Luftwaffe verdeutlichen, wobei Uwe Lenke explizit darauf hinweist, dass es sich nicht um eine Flugshow handeln werde. So etwas ist seit dem Unglück von Ramstein in Deutschland verboten.

Auch wenn die Nachbarn des Penzinger Flugplatzes an so manchen Flugzeuglärm gewöhnt sind, gab es bei den Übungsflügen der Tornados und der Eurofighter vor wenigen Tagen einigen Unmut. Nach dem Tag der Bundeswehr, der an insgesamt 16 Standorten in Deutschland gleichzeitig stattfindet, werden es nur noch wenige Monate sein, in denen die Transall-Maschinen starten und landen. Die Zeit für die auch als "C-160" bekannten Maschinen ist vorbei, seit die Bundeswehr das neue Transportflugzeug Airbus A 400 M einführt und im Juni vor fünf Jahren erklärt hat, dass Penzing und die Transalls nicht mehr benötigt werden. Derzeit werden aus den 50 Jahre alten Maschinen in der Flugzeugwerft alle verwendbaren Einzelteile ausgebaut, die sogenannte Hochwertteilegewinnung, anschließend werden die Fluzeugzellen aus Aluminium von einer Schrottfirma zerlegt. Drei bis vier noch flugfähige Transalls kommen Ende des Jahres zum LTG 63 ins schleswig-holsteinische Hohne und werden dort weiter geflogen.

Für Leutnant Marcel Konjevic ist Ende Juli auch Schluss mit dem Bund, dann wird er sein Mechatronik-Studium fortsetzen. In der Kreisstadt will er mit seiner Lebensgefährtin bleiben. Und wie jetzt auch seine Laufstrecke entlang der Amper beibehalten. Einer seiner Lieblingspunkte: das Eiscafé an der Amperbrücke.

Und der Fliegerhorst? Johnny Cash war einst als Soldat der US-Armee dort stationiert und hat mehrere Lieder in der Kaserne geschrieben. Wie viele andere Liegenschaften des Bundes könnte das Gelände irgendwann zivil genutzt werden. Wann, das sagt die Bundeswehr noch nicht. Der Fliegerhorst wird erst mal eingemottet - wer weiß, wozu er noch gebraucht wird.

© SZ vom 03.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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