Abriss:Viel Glas, viel Beton

Die alte Grundschule soll einem Gebäudekomplex weichen, der nicht allen Gemeinderäten gefällt

Von Michael Berzl, Gauting

Die Entscheidung ist gefallen. Bis die Gautinger erfahren, wer das Schul-Grundstück an der Bahnhofstraße bekommt, müssen sie sich aber noch ein paar Tage gedulden. Wenn nichts dazwischen kommt, könnte sich Bürgermeisterin Brigitte Kössinger (CSU) in der kommenden Woche mit dem Käufer beim Notar treffen, um einen detailliert ausgehandelten und vorbereiteten Vertrag zu unterzeichnen. Erst dann will sie bekannt geben, welcher von drei verbliebenen Interessenten in einer nicht öffentlichen Sitzung des Gemeinderats am Donnerstag den Zuschlag erhalten hat. Nur so viel verrät sie schon: Die Debatte hinter verschlossenen Türen sei sachlich und konstruktiv gewesen. Die Vergabe sei dann mit großer Mehrheit beschlossen worden.

Das Interesse an der baulichen Entwicklung auf dem zentral gelegenen Grundstück ist groß. Mehr als 60 Gautinger sind zu der Sitzung gekommen. Sie nutzten die Gelegenheit, die eingereichten Entwürfe für einen neuen Gebäudekomplex mit Ladenflächen, Büros, Praxen und Wohnungen zu studieren und die ausgestellten Modelle anzuschauen. Allzu unterschiedlich sind die Vorschläge nicht. Viel Glas, viel Beton, bis zu 19 Meter hoch. Die Architektur ist städtisch. Die Verkaufsfläche im Erdgeschoss hat in zwei Plänen 1200 Quadratmeter, bei einem Vorschlag ist sie kleiner. In einer Tiefgarage werden bis zu 134 Autos untergebracht, nur ein Planer sieht auch oberirdische Stellplätze vor. Auch die Zahl der Wohnungen variiert; mal sind es 40, in einem anderen Vorschlag 65. Die Geschossfläche beträgt insgesamt bis zu 7500 Quadratmeter.

Wer eine Vorstellung bekommen will, was solche Flächen am Immobilienmarkt wert sind, kann sich zum Vergleich die Preise auf dem Grill-Grundstück am anderen Ende der Bahnhofstraße anschauen. Dort wird eine Ladenfläche mit gut 600 Quadratmetern für drei Millionen Euro angeboten. Der Quadratmeterpreis für eine der teuersten Wohnungen liegt bei 8400 Euro.

Von den Vorschlägen, unter denen sie auswählen sollten, sind die wenigsten Gautinger Gemeinderäte so richtig begeistert. Mit einer persönlichen Bemerkung zu den Entwürfen traf Vize-Bürgermeister Jürgen Sklarek (SPD) auch die Stimmungslage von vielen Ratskollegen: "Ich würde nicht so bauen. Aber wenn so gebaut würde, wie ich das gerne hätte, würden wir keinen Investor finden". CSU-Gemeinderat Michael Vilgertshofer pflichtete dem sogleich bei. Zuvor hatte Bürgermeisterin Brigitte Kössinger diese Grundproblematik noch einmal deutlich gemacht und erklärt: "Wir brauchen einen Investor, der das kauft, und das zu einem Preis, mit dem wir unsere Verbindlichkeiten begleichen können". Anders ausgedrückt: Ein hübscher Entwurf nutzt der Gemeinde wenig, wenn er sich nicht gewinnbringend vermarkten lässt. Diese Erfahrung hatte die Gemeinde in der Vergangenheit bereits gemacht. Ein Architektenwettbewerb hatte vor zweieinhalb Jahren schon einmal drei Bebauungskonzepte für das Areal der alten Grundschule erbracht. "Aber keiner wollte das bauen", sagte Kössinger.

Diesmal sieht das anders aus, wenn auch das Interesse in der Branche an der zentral gelegenen Fläche gering war. Auf eine Ausschreibung hin waren nur fünf ernsthafte Bewerbungen eingegangen, berichtete Thomas Harlfinger von der Projektsteuerungsgesellschaft "Drees & Sommer", die den Auswahlprozess im Auftrag der Gemeinde organisiert hat. Erste Vorschläge lagen dem Bauausschuss im Juli vor, Mitte November liefen die Vertragsverhandlungen mit den verbliebenen Bietern, seit gut zwei Wochen liegen die verbindlichen Angebote vor. Welche Summen geboten wurden, ist nicht bekannt.

Wenn der Verkauf dann besiegelt ist, beginnt auf der Grundlage des abgegebenen Entwurfs die Arbeit an einem Bebauungsplan speziell für dieses Vorhaben. Dann gibt es immer noch Änderungsmöglichkeiten, die die Gemeinde wohl auch nutzen wird. Schließlich sei keiner der Entwürfe "ganz mängelfrei", wie Kössinger am Freitag der SZ sagte. Wann Abbruch und Neubau beginnen, hänge vom Käufer ab: "Das kommt darauf an, wie schnell der ist".

Im neueren Teil der Grundschule, der weiterhin genutzt wird, blickt man mit Sorge dem Baubeginn entgegen. Der Unterricht für zwölf Klassen wird dann über Monate, wenn nicht Jahre durch Baustellenlärm beeinträchtigt. Außerdem verliert die Schule einen Teil des Pausenhofs, auf dem sich ein beliebter Spielhügel mit einer Holzhütte und einem Krabbeltunnel befindet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: