Starkbier-Anstich:Den Politikern eingeschenkt

Starkbier-Anstich: Mit Feuer und Zorn trägt Christian Springer beim Starkbieranstich seine Rede vor.

Mit Feuer und Zorn trägt Christian Springer beim Starkbieranstich seine Rede vor.

(Foto: Stephan Rumpf)

Beim Triumphator-Anstich im Löwenbräukeller teilt Kabarettist Christian Springer auch gegen die Münchner Radfahrer aus - und überrascht mit einem Bekenntnis

Von Wolfgang Görl

In diesen verrückten Zeiten weiß man gar nicht, ob man all die Bußprediger und Derblecker, die bei den jetzt fälligen Starkbierstichen ihr Wesen treiben, bedauern oder beglückwünschen soll. Einerseits drehen die Politiker derart groteske Pirouetten, dass sich die Spötteleien von selber schreiben; andererseits ist gerade dies das Problem. Jede noch so hinterfotzige Pointe ist nicht halb so aberwitzig wie die Wirklichkeit.

Folglich ist es keine ganz leichte Aufgabe, die der Kabarettist Christian Springer am Freitagabend beim Triumphator-Anstich im Löwenbräukeller zu bewältigen hat. Als er zur Bühne schreitet, ist die Starkbier-Gemeinde aber schon mal dank Gstanzln, Bayern-Popmusik und Damischen Rittern im Gute-Laune-Modus, vor allem aber durch den hochprozentigen Triumphator, den scheidenden Löwenbräukeller-Wirt Christian Schottenhamel angezapft hat. Springer kann also ohne Umschweife loslegen, und man merkt, dass er mit Feuer und Zorn zu Werke gehen wird.

Gleich zu Anfang knöpft er sich das Bistum Eichstätt vor, das 50 Millionen Euro mit windigen Geschäften in den USA verzockt hat. "Das ist eine frohe Botschaft", frohlockt Springer. "Für eine derartige Geldvernichtung brauchen andere Spielcasinos oder a Handvoll Bitcoins! Bei uns langt's, wenn du römisch-katholisch bist."

Tja, und an Martin Schulz kommen Fastenprediger in diesen Tagen kaum vorbei. Springer aber, vielleicht aus Mitleid, macht's relativ gnädig: "Wo soll er denn hin? Der Martin Schulz ist für einen seriösen Job nicht mehr vermittelbar. Nürnberg hat sich angeblich erbarmt. Die sagen, bei uns könnt' er arbeiten, in der führerlosen U-Bahn." Schlimmer erwischt es da schon Münchens Zweiten Bürgermeister Josef Schmid, der jetzt für den Landtag kandidiert: "Ich verstehe seinen Traum. Nei ins Maximilianeum, das erbaut wurde als Bayerns höchste Bildungsstätte. Heute noch Tür an Tür mit den besten Einser-Abiturienten. Aber eines ist ihm nicht klar: Eine Hochbegabung färbt nicht ab."

Über einen kleinen Seitenhieb auf Oberbürgermeister Dieter Reiter ("So beliebt, und jetzt vergiftet er uns") kommt Starkbierredner Springer auf München zu sprechen. "Nix mehr Weltstadt mit Herz. München ist die giftigste Stadt in ganz Deutschland." Wer zu Fuß vom Stachus zum Sendlinger Tor gehe, riskiere vor lauter Abgasen sein Leben. Und dazu die Wohnungsnot! Dabei fällt Springer der CSU-Fraktionschef Manuel Pretzl ein, der jüngst über Münchens belanglose Neubauten geklagt hat. Pretzl, ruft er voller Ironie, ist "der größte Held Münchens", weil er sich mit den "Star-Architekten von München" angelegt habe. "Sie verlangen mehr Hochhäuser in der Stadt. Aber was mir auffällt: Wahnsinnig viele Stadträte schwärmen gerade von Hochhäusern, aber wahnsinnig wenig Stadträte wohnen in Hochhäusern."

Auch Münchens Radfahrer bekommen ihr Fett weg. Springer, das ist kaum zu überhören, mag sie nicht besonders. "Der Münchner Radlfahrer", grantelt er, "ist der Halbgott der Mobilität. Die griechische Mythologie sagt, der Münchner Radlrambo stammt von Poseidon ab. Der hat vor 4000 Jahren harmlose griechische Fischer plötzlich am Meer überfallen, mit meterhohen Wellen und Orkan." Und darauf folgt ein Bekenntnis, das heutzutage gerade tollkühn ist: "Radlfahren ist in Ordnung, ich kann's nicht. Und ich lern's auch nicht. Weil ein Münchner Radweg kein Streifen ist, auf dem man nett in die Stadt neifahren kann, sondern eine Todeszone. Bevor ich auf einem Münchner Radlweg Radlfahren lerne, probier ich's lieber am K 2 in 8000 Meter Höhe, da hab' ich größere Überlebenschancen."

Großes Gelächter, Jubel. Springer hat, wie man so sagt, "guad eigschenkt", worauf nur eines folgen kann: ein tiefer Schluck aus dem Triumphator-Krug.

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