Stammstrecke in München:Stundenlanges Chaos bei der S-Bahn

Zehntausende Fahrgäste mussten auf Bahnsteigen ausharren: Ein Kurzschluss hat für stundenlanges Chaos bei der Münchner S-Bahn gesorgt - zeitweise ging gar nichts mehr zwischen Haupt- und Ostbahnhof. Noch immer kommt es zu Verspätungen.

Dominik Hutter

Ein Kurzschluss hat am Freitag ein stundenlanges Chaos bei der Münchner S-Bahn verursacht - zeitweise ging gar nichts mehr im Tunnel zwischen Haupt- und Ostbahnhof. Zehntausende Fahrgäste mussten auf Bahnsteigen ausharren, andere Fahrtmöglichkeiten ausloten oder aber sich durchs Dickicht des komplizierten Notfallprogramms kämpfen. Die MVG half trotz ihres Fahrzeug-Engpasses mit zusätzlichen Zügen bei der U 5 sowie der Tramlinie 19 aus. Die Aktion Münchner Fahrgäste forderte die Politik zu raschen Verbesserungen im MVV-Netz auf. Das einstige Vorzeigesystem verkomme immer mehr.

Die Ursache allen Übels war ein spektakulärer Vorfall an der Donnersbergerbrücke: Dort hatte von dem Bauwerk heruntertropfendes Salzwasser die Isolatoren der Oberleitung beschädigt. Gegen 8.15 Uhr kam es zum Kurzschluss, bei dem der Fahrdraht eines Rangiergleises riss und funkensprühend zu Boden fiel. Dabei entstand ein Kabelbrand, der Teile des Stellwerks lahmlegte. In der Folge konnten nach Auskunft eines Bahnsprechers einige Weichen nicht mehr verstellt werden. Zudem funktionierte das "Fahren auf elektronische Sicht" nicht, das kurze Zugabstände ermöglicht.

Das war zu diesem Zeitpunkt freilich reine Utopie. Nach einer Inspektion der Isolatoren über den S-Bahn-Gleisen entschieden sich die Verantwortlichen für einen Austausch weiterer, ebenfalls von Salzwasser angegriffener Bauteile - würden weitere Leitungen herunterkommen, wäre eine langwierige Reparaturphase die Folge. Dazu musste die Stammstrecke für mehrere Stunden komplett gesperrt werden. Züge, die zu diesem Zeitpunkt im Tunnel waren, wurden über den Ostbahnhof ins Freie bugsiert.

In der Folge trat ein diffiziles Notprogramm in Kraft, das den Fahrgästen einiges an Streckenkenntnis abverlangte. Zeitweilig fuhr mit der Flughafen-S 8 nur eine einzige Linie durch die Röhre - und das auch nur bis zur Hackerbrücke, da die Donnersbergerbrücke unpassierbar blieb. Die S 4 wurde zwischen Pasing und Ostbahnhof nonstop über den Südring geschickt. Alle anderen Linien mussten vorzeitig wenden: im Starnberger Flügelbahnhof (S 1 aus Freising/Flughafen), in Laim (S 2 aus Petershausen) und in Pasing (S 3 aus Mammendorf, S 6 aus Tutzing). Im Osten war am Ostbahnhof (S 2 aus Erding, S 3 aus Holzkirchen) und in Giesing (S 7 aus Kreuzstraße) Endstation. Da viele Züge nicht auf den gewohnten Gleisen unterwegs waren, herrschte am Ostbahnhof ein munteres Bahnsteig-Suchen. Manchmal wurden Stationen auch ganz ausgelassen: So fuhr die S 1 zwischen Hauptbahnhof und Moosach nonstop, die S 4 ignorierte den Leuchtenbergring und Berg am Laim.

Angesichts der sich häufenden Probleme mahnt die Aktion Münchner Fahrgäste eine rasche Lösung der Nahverkehrsprobleme an - nicht nur bei der S-Bahn, sondern auch bei der U-Bahn. Dabei interessierten keine "langfristigen Lösungen für die nächsten Jahrzehnte". Für die CSU im Münchner Westen belegt die S-Bahn-Panne, wie sinnvoll eine Verlängerung der U 5 nach Pasing wäre.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: