Stadtrat:Politik für Fortgeschrittene im Münchner Rathaus

Europawahl 2014 in Deutschland - Wahlparty AfD in München

Erst AfD, dann Alfa, jetzt Liberal-Konservativer Reformer: Stadtrat Andre Wächter.

(Foto: dpa)

Stadträte wechseln die Partei, Fraktionen wechseln den Namen, und für saubere Luft kann man gleich zweimal unterschreiben. Wer soll da noch durchblicken?

Kolumne von Dominik Hutter

Das Neueste in Kürze: Im Münchner Rathaus gibt es nun einen Stadtrat der Liberal-Konservativen Reformer - Andre Wächter. Dessen Stadtratsgruppe heißt trotzdem weiterhin Alfa. Vorerst. Prinzipiell darf sich die Partei Alfa jedoch nicht mehr Alfa nennen, seit die von Bernd Lucke gegründete "Allianz für Fortschritt und Aufbruch" einen Rechtsstreit gegen einen Verein namens Alfa verloren hat. Dieses andere Alfa steht für "Aktion Lebensrecht für alle".

Ältere erinnern sich: Das ist der Zusammenschluss von Abtreibungsgegnern, über den 2015 der designierte Gesundheitsreferent Markus Hollemann gestolpert ist. Ob auch ein italienischer Autohersteller und der griechische Philologenverband Namensrechte geltend gemacht haben, ist nicht bekannt.

Wer Alfa (Partei) nicht kennt: Unter diesem Namen traten bisher die beiden Stadträte auf, die 2014 für die AfD ins Rathaus gewählt wurden, dann aber in die neue Lucke-Partei wechselten. Die AfD wiederum war eine Zeitlang mit der Bürgerlichen Mitte verbündet, die es ebenfalls nicht mehr gibt, seitdem mehrere Stadträte von CSU, SPD und Freien Wählern zur Bayernpartei übergelaufen sind. Alles klar?

Kommunalpolitik ist kompliziert geworden. Politiker wechseln ständig die Parteien und die wiederum ihre Namen. Stadträte schmeißen hin, andere steigen zu Referenten auf. Sollte jemand noch einen Wahlzettel von 2014 übrig haben, findet er dort eine völlig andere Welt vor.

Ähnlich verwirrend gestaltet sich das basispolitische Geschehen in der Stadt: Wer irgendwo eine Unterschrift leistet, muss höllisch aufpassen, ob er gerade seine Tankfüllung bezahlt oder sich politisch engagiert. Gegen neue Wohnhäuser zum Beispiel, gegen den Kohleblock im Münchner Norden oder für einen neuen Verkehrs-Mix. Sympathisanten der Grünen sollten wissen, dass ihre Partei nur eines der beiden Bürgerbegehren für bessere Luft unterstützt, das mit dem Verkehrs-Mix nämlich. ÖDP-Fans dagegen können getrost auch die Anti-Kohle-Initiative unterschreiben.

Es wäre nicht verwunderlich, wenn sich zahlungskräftige Münchner bald einen Politik-Profi zulegen, der den Weg durchs Labyrinth kennt und als Wahlmann die Interessen seines Auftraggebers zum Beispiel beim Unterschriftenleisten wahrnimmt. Eine Art Repräsentant für die direkte Demokratie. Damit irgendwer den Überblick behält.

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