Stadtrat:Grünes Nein zum Tunnel

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Die Rathausfraktion will stattdessen den Nahverkehr fördern

Von Heiner Effern

Die Grünen fürchten eine Geisterfahrt der Rathausmehrheit in der Verkehrspolitik. CSU und SPD seien mit ihren Tunnelplänen für den Mittleren Ring auf einer Reise in die Vergangenheit, sagte Stadträtin Sabine Nallinger. Andere Großstädte seien in der Gegenrichtung unterwegs: Wien zum Beispiel baue nicht massiv Straßen aus, sondern verfolge das ambitionierte Ziel, den Anteil des Pkw-Verkehrs auf 20 Prozent zu reduzieren. "Heute nicht für gestern planen" nennen die Grünen ihr Antragspaket deshalb, mit dem sie weitere Tunnel etwa an der Landshuter Allee ersetzen wollen. Im Hintergrund bastelt die Fraktion an einem darüber hinaus gehenden Plan: Im Frühjahr wollen die Grünen ein Konzept für eine "komplette Verkehrswende" vorstellen, sagte Nallinger.

Dafür müsste man auch über Restriktionen nachdenken, um den Autoverkehr in der Stadt zu verringern. Vorstellbar wäre zum Beispiel eine City-Maut wie in London, wozu allerdings erst der Bund die rechtliche Basis schaffen müsste, sagte Nallinger. Auch angesichts der neu auftretenden Löcher im Haushalt werde man nicht herumkommen, "sich über Gebühren für die Straßenbenützung zu unterhalten", sagte Nallinger. Auch höhere Preise für Parklizenzen müssten ein Thema sein, fügte ihr Kollege Paul Bickelbacher hinzu. Die seien seit 17 Jahren nicht mehr gesteigert worden. Die Einnahmen sollten dem öffentlichen Nahverkehr zukommen, der angesichts konstant steigender Bevölkerungszahlen massiv ausgebaut werden müsse.

"In der großen Koalition fließt das Geld in die falsche Richtung", sagte Nallinger. Mit großer Wahrscheinlichkeit in einen Tunnel an der Landshuter Allee, vermuten die Grünen. In der Sitzung des Planungsausschusses am 11. November soll die Entscheidung fallen. Dieser werde aber nicht wie angegeben eine halbe, sonder mehr als eine Milliarde kosten und frühestens in 15 bis 25 Jahren fertig sein. Bis dahin würden an den Brennpunkten des Rings regelmäßig die Grenzen für Feinstaub und Stickoxide überschritten. Dazu müssten die Anwohner weiter den Lärm ertragen. Diese Belastung würde durch den Tunnelbau sogar noch verstärkt. "Man kann da doch nicht einfach 15 Jahre zuschauen", sagte Stadträtin Anna Hanusch. Deshalb fordert ihre Fraktion, einen lärmarmen Straßenbelag einzubauen, die Unterseiten von Brücken zu dämmen und Lärmschutzwände einzubauen. Dazu könnten Baulücken geschlossen werden, um den Schall zu stoppen. Auch private Investoren sollten dazu ermutigt werden, indem die Allee zum Sanierungsgebiet erklärt würde. Dann könnten Zuschüsse von Bund und Land fließen. Die Arbeiten auf städtischem Grund könne man für nur 36 Millionen Euro ausführen. "Das geht schneller als ein Tunnel und kostet nicht so viel", sagt Stadträtin Hanusch.

Die Grünen sind überzeugt, dass CSU und SPD nicht bis 2030 "zusehen" können, wie an der Landshuter Allee oder an der Tegernseer Landstraße Grenzwerte überschritten werden. Die Stadt müsse nach einem Gerichtsurteil dagegen etwas unternehmen, die Fertigstellung eines Tunnels in 15 Jahren sei ein teures und nicht geeignetes Mittel. Auch weil sich bis dahin das Abgasproblem durch den Einsatz von Elektromotoren, Car-Sharing und andere technische Fortschritte auch von selbst erledigt haben könnte. Die Milliarde für den Tunnel bleibe so oder so eine Fehlinvestition. Also seien kreative Ansätze gefragt: So soll die Stadt prüfen, ob man Staus durch geschickte Verkehrslenkung in kaum oder nicht bebaute Gebiete verlegen könne. Oder ob durch Tempolimits auf den Zufahrten, insbesondere den Autobahnen, der Verkehr auf dem Ring besser fließen würde.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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