Stadtpolitik:Touristenziel: Friedhof

Alter Südfriedhof

Gedankenspiele der Stadtverwaltung: Mit einem angegliederten Bestattungsmuseum könnte der Alte Südfriedhof als Freilichtmuseum genutzt werden.

(Foto: Lukas Barth)
  • Mit einigen Initiativen sollen die städtischen Friedhöfe attraktiver werden - auch für Touristen.
  • Auf dem Waldfriedhof soll ein eigenes Gräberfeld für Künstler eingerichtet werden.
  • Die Entscheidung über ein informationszentrum auf dem Alten Südfriedhof wurde vertagt.

Von Jakob Wetzel

Wenn es um die Pflege der Trauerkultur und ihrer Geschichte geht, dann hat Wien München bislang einiges voraus: Zum Beispiel einen zur Touristenattraktion ausgebauten Zentralfriedhof, auf dem es regelmäßige Führungen gibt und ein angegliedertes städtisches Museum. Doch jetzt überlegt die Stadt München nachzuziehen - zumindest ein bisschen.

Der Gesundheitsausschuss des Stadtrats hat an diesem Donnerstag einstimmig eine Reihe von Initiativen beschlossen, um die städtischen Friedhöfe attraktiver zu machen. So soll auf Anregung zweier CSU-Stadträte ein neuer Künstlerfriedhof geschaffen werden. Und in drei Jahren will die Stadt mit einer Jubiläumsfeier daran erinnern, dass 200 Jahre zuvor die kommunale Friedhofsverwaltung entstanden ist; angedacht sind derzeit eine Ausstellung, eine Festschrift, vielleicht ein Konzert.

Historiker sollen mit Blick auf diesen Jahrestag bislang unerforschten kunst- und kulturgeschichtlichen Besonderheiten auf Münchens Friedhöfen nachgehen. Und es steht die Idee im Raum, ein Informationszentrum für die städtischen Friedhöfe zu bauen, vielleicht sogar ein Bestattungsmuseum. Die Pläne dazu wurden jedoch einstweilen bis Juli vertagt.

Die Initiative zu einem neuen Künstlerfriedhof ist auch aus der Not geboren: Auf dem Prominentenfriedhof in Bogenhausen, auf dem unter anderem Erich Kästner, Annette Kolb und Helmut Dietl liegen, sei kein Platz mehr, begründeten die Stadträte Hans Theiss und Richard Quaas ihren Vorstoß. Sofern Oberbürgermeister und Ältestenrat es wollen, sollen namhafte Künstler deshalb in Zukunft auf dem Waldfriedhof bestattet werden, genauer: im Gräberfeld 41, das im alten Teil des Friedhofs nahe dem nordöstlichen Eingang liegt. Laut Gesundheitsreferat zeichnet es sich nicht nur durch die prominente Lage und ein besonderes Erscheinungsbild aus, sondern ist auch aus historischen Gründen prädestiniert.

Um 1910 hatte die Stadt die Grabnutzungsrechte an dem Abschnitt schon einmal an den Künstler-Unterstützungsverein vergeben. Diesem Verein gehörten Berühmtheiten wie Leo von Klenze, Friedrich von Gärtner oder auch Carl Spitzweg an, die sich um notleidende Kollegen kümmerten. In dem Abschnitt gibt es laut Stadt 84 Grabstätten; 55 davon zählten zur Künstlersektion.

An diese Tradition soll angeknüpft werden; die Idee werde auch vom Landesamt für Denkmalpflege begrüßt, heißt es aus dem Gesundheitsreferat. Außerdem müsse das Gräberfeld ohnehin dringend saniert werden, für die Restaurierung und die neue Gestaltung rechnet die Stadt mit Kosten in Höhe von etwas mehr als 110 000 Euro.

Was mit dem Alten Südfriedhof passieren könnte

Die Initiative zu Informationszentrum und Museum geht ebenfalls von Richard Quaas aus, zudem von seiner Fraktionskollegin Manuela Olhausen. Als Standort hatte das Gesundheitsreferat den Alten Südfriedhof vorgeschlagen. Dort könne ein Gebäude der Straßenreinigung durch einen Neubau ersetzt werden, in dem man dann einzelne Exponate zeigen und die Friedhofsgeschichte medial aufbereiten könnte.

Zudem könne man den Friedhof selbst für einen Rundgang einbeziehen. Offen allerdings ist unter anderem, welche Ausstellungsstücke für ein solches Museum infrage kämen; bisher seien nur Bilder und historische Dokumente vorhanden, heißt es in der Vorlage des Referats. Für weitere Exponate müsse man mit dem Stadtmuseum und dem Bayerischen Nationalmuseum verhandeln und dort die Bestände sichten.

Dass sich die Pläne auf den Waldfriedhof und den Alten Südfriedhof konzentrieren, ist kein Zufall: Beide Friedhöfe sind historisch bedeutend und daher für Besucher interessant - auf dem Alten Südfriedhof liegen viele der bedeutendsten Protagonisten der Münchner Kulturgeschichte begraben.

Der zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Hans Grässel angelegte Waldfriedhof war der erste Friedhof seiner Art und mit seiner an einen englischen Garten erinnernden Gestaltung Vorbild für Friedhöfe in ganz Europa. Beide Friedhöfe sind außerdem geplante Stationen auf der Europäischen Route der Friedhofskultur, einem Kulturweg des Europarats. Die Route soll nicht zuletzt Touristen zu den aufgenommenen Friedhöfen lotsen. Der Wiener Zentralfriedhof gehört längst dazu.

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