Stadtpolitik in München:"Was die CSU macht, hat nichts mit Sicherheit zu tun"

U-Bahnhof Theresienwiese während des Oktoberfests in München, 2014

Für die U-Bahn unterhält die Münchner Verkehrsgesellschaft schon eine eigene Wachgruppe, die in Bahnhöfen und Fahrzeugen selbst patrouillieren.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Die Münchner CSU hat ein neues Sicherheitskonzept vorgestellt, unter anderem fordert sie bewaffnete Ordnungshüter, die auch in Trambahnen und Bussen präsent sein sollen.
  • Andere Parteien kritisieren die Forderungen als Panikmache.
  • Die MVG sieht ebenfalls kein Sicherheitsproblem, Das würden sowohl die Zahlen der Polizei, als auch eine Umfrage belegen.

Von Martin Bernstein, Nina Bovensiepen und Heiner Effern

Die CSU erntet für ihr neues Sicherheitskonzept harsche Kritik, Unverständnis und den Vorwurf der Panikmache. "Die CSU hat bei dem Sicherheitsthema mehrfach übers Ziel hinausgeschossen, etwa als sie den Alten Botanischen Garten zum Brennpunkt ernannte. Es kann sinnvoll sein, einzelne Maßnahmen zu ergreifen, aber flächendeckende Pläne wie die der CSU sind unnötig", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD).

Der Fraktionsvize und sicherheitspolitische Sprecher seiner Partei im Stadtrat, Christian Vorländer, wurde noch deutlicher. "Die Art der CSU, sich mit immer schärferer Rhetorik über die Sicherheit in München auszulassen, lehnen wir klar ab. Was die CSU macht, hat nichts mit Sicherheit zu tun, sondern ist wahlkampftaktisches Aufrüsten." Auch die Grünen verurteilen den Vorstoß der CSU. "Unsinn wird auch durch Wiederholung nicht besser", sagte Stadtchefin Gudrun Lux.

Auf einem "Sicherheitskongress" hatte die Münchner CSU am Dienstagabend im Hofbräukeller ein Papier vorgestellt, das neben bundes- und landespolitischen Forderungen auch konkrete Vorschläge für die Stadt formuliert. Künftig sollten flächendeckend bewaffnete Ordnungshüter präsent sein, heißt es darin.

Neben deutlich mehr Polizisten sollen dafür ein kommunaler Ordnungsdienst und eine verstärkte U-Bahnwache sorgen. Deren Personal soll nach Vorstellung der CSU auch in Bussen und Trambahnen mitfahren. Das Papier verfassten der frühere Kreisverwaltungsreferent Hans-Peter Uhl und der sicherheitspolitische Sprecher im Stadtrat, Michael Kuffer. Der Münchner Parteichef Ludwig Spaenle nannte am Dienstagabend die Sicherheitspolitik "einen Markenkern" der CSU. Der voll besetzte Saal des Hofbräukellers zeige, dass "wir den Nerv getroffen haben".

In jedem Fall gilt das für den Nerv des Regierungspartners im Rathaus. "Wir sind strikt dagegen, das staatliche Gewaltmonopol aufzuweichen und städtische Mitarbeiter mit Schusswaffen auf die Straße zu schicken", sagte SPD-Fraktionsvize Vorländer.

Seine Partei kümmere sich "verantwortungsvoll und mit vollem Einsatz" um die Sicherheit. "Permanent überzogene Vorschläge über die Medien hinauszuposaunen, wie es die CSU macht, bringt am Ende nichts als Verunsicherung."

Im Mai soll der Stadtrat entscheiden, wie der neue kommunale Ordnungsdienst aufgestellt wird. Er soll gut 100 Mitarbeiter umfassen, sodass in drei Schichten etwa 30 bis 40 Frauen und Männer an besonderen Brennpunkten patrouillieren. Waffen sollen diese nicht tragen, ein entsprechender Antrag der CSU hätte kaum Chancen auf eine Mehrheit. "Während Herr Kuffer altbekannte Forderungen stellt, machen wir hier in München unsere Arbeit - und das ganz erfolgreich", sagte Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle (SPD). Die Stadt sei in Sicherheits-Rankings stets auf den besten Plätzen zu finden. Brennpunkte würden beobachtet, Probleme in enger Zusammenarbeit mit der Polizei gelöst.

Einen Bedarf für mehr U-Bahnwachen, die auch in Bussen und Trambahnen mitfahren, ergeben die Statistiken nicht. Seit Jahren liegt der Anteil der in öffentlichen Verkehrsmitteln verübten Rohheits- und Diebstahlsdelikte weit unter dem Vergleichswert für den gesamten Stadtbereich. Die Polizei führt das auf ihre hohe Präsenz im öffentlichen Personenverkehr zurück. Im vergangenen Jahr stieg die Gewaltkriminalität in München um 5,7 Prozent an, im Nahverkehr ging sie dagegen um 14 Prozent zurück. "Signifikant" nannte Polizeipräsident Hubertus Andrä diesen Rückgang. Die Gesamtzahl der im Nahverkehr registrierten Delikte ist - die Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz herausgerechnet - seit Jahren nahezu unverändert.

Auch die MVG sieht kein Sicherheitsproblem, das einen erhöhten Bedarf von Wachpersonal bedingen würde. Das belegten zum einen die Zahlen der Polizei, zum anderen aber auch eine Umfrage: Neun von zehn Fahrgästen fühlen sich im Nahverkehr sicher, sagte ein Sprecher. Das gelte insbesondere in den überschaubaren Bussen und Trambahnen, in denen der Fahrer jederzeit Hilfe bei der Polizei holen könne.

Auf große Unterstützung trifft nur ein Vorschlag der CSU aus dem Sicherheitspapier: mehr Polizisten nach München. Doch dafür könne sie ja selbst sorgen, insbesondere ihr Innenminister Joachim Herrmann, ist aus der SPD zu hören. "Allein im Polizeipräsidium München schieben die Polizisten rund eine halbe Million Überstunden vor sich her. Es ist ein Skandal, dass die CSU im Freistaat die personelle Ausstattung der Polizei so vernachlässigt", sagt SPD-Fraktionsvize Vorländer.

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