Stadtführung für Kinder:Ruppige Ritter in der Stadt

"Ein Engel zeigt euch das Tor, durch das ihr gehen müsst!" Als kleine Detektive lernen Kinder mutige, tapfere und brutale Ritter kennen. Und ihre Stadt.

Manuela Antosch

Im Hofgarten stand einmal ein Turnierhaus, in dem Ritter mit Lanze und Schwert gekämpft haben. Hier finden Dominik und seine Freunde auch einige Jahrhunderte später ihren ersten bayerischen Ritter. Der Detektivauftrag lautet: "Suche den Ritter mit Schwert und Kaiserfahne." Die Kinder sausen los, da ruft schon der Erste: "Hier, hier!" Sie hüpfen und zeigen mit dem Finger auf das Gemälde in den Arkaden. Es zeigt Otto von Wittelsbach, den mutigen Ritter, der Kaiser Barbarossa gerettet hat.

Stadtführung für Kinder: Die Stadtführerin Astrid Herrnleben geht mit Kindern in München auf Detektivtour.

Die Stadtführerin Astrid Herrnleben geht mit Kindern in München auf Detektivtour.

(Foto: Manuela Antosch)

"Ich möchte euch diesen Ritter persönlich vorstellen", sagt Stadtführerin Astrid Herrnleben. "Aber der ist doch schon tot", meint Moritz trotzig. Ja, nicht persönlich, aber als Statue. Doch den Weg dorthin müssen die kleinen Detektive erst wieder suchen. Vier Fische, die nicht im Wasser sind, müssen sie entdecken. An den Brunnen im Hofgartentempel werden sie fündig. Und von dort aus sieht Thilo schon die Statue vor der Staatskanzlei.

Die gelernte Psychologin Astrid Herrnleben bietet seit 2007 unter dem Namen "Stadtdetektive" Stadtführungen für Kinder in München an. Vor allem an Kindergeburtstagen, aber auch mit Schulausflügen geht sie auf Detektivtour. Dabei geht es um Prinzessinnen, Gruselgeschichten oder die Stadtgeschichte. An diesem Tag feiert Dominik aus Neubiberg seinen neunten Geburtstag. Zusammen mit sieben Freunden geht er auf die Spur der "Ruppigen Ritter".

"Was braucht eigentlich ein richtiger Ritter?", fragt die Stadtführerin. Ein Schwert, ein Schild und eine Rüstung, wissen die Kinder. Und vor allem ein Pferd, denn das Wort Ritter kommt von Reiter, erklärt Herrnleben. "So ein Pferd war ganz schön teuer", erzählt sie. "Mit was wurde im Mittelalter ein Pferd bezahlt?" Mit Schweinen, mit Menschen, mit Autos, sind die Vorschläge. Lukas liegt richtig: mit Kühen. Ein Pferd hat damals zwölf Kühe gekostet, die Rüstung sogar 22 Kühe, erzählt Astrid Herrnleben.

An einer kleinen Figur zeigt sie, wie sich die Ritterrüstungen verändert haben. "Das ist ein Plattenpanzer!", ruft Thilo, noch bevor sein Finger ganz nach oben geschnellt ist. Über die Ausrüstung der Ritter wissen die Kinder bestens Bescheid, da kann die Stadtführerin fast nichts Neues mehr erzählen. Aber eine Kleinigkeit doch: Die Ritter haben in ihren Rüstungen sehr geschwitzt. "Vor Kämpfen im Süden sind sie deshalb zuerst auf ein Melonenfeld geritten und haben sich eine halbe Melone auf den Helm gesetzt."

"Es gibt doch gar keine Drachen"

Am Anfang der Führung zieht jeder Teilnehmer einen Detektivauftrag. "Was ist eine Hundskugel?" steht auf einen Kärtchen, "Was bedeutet Tjosten?" auf einem anderen. Irgendwann während der zwei Stunden wird Astrid Herrnleben die Antwort erwähnen, also heißt es: gut aufpassen. Weil am Ende alle die kniffligen Fragen lösen, überreicht die Stadtführerin jedem ein Detektiv-Abzeichen.

Stadtführung für Kinder: Das Geburtstagskind Dominik hat den Zettel mit den Tipps, die die kleinen Detektive zur nächsten Station führen.

Das Geburtstagskind Dominik hat den Zettel mit den Tipps, die die kleinen Detektive zur nächsten Station führen.

(Foto: Manuela Antosch)

Im Mittelalter sind die Kinder Profis. Aber dann fragt Herrnleben, wer wohl zurzeit in dem Gebäude hinter ihnen, in der bayerischen Staatskanzlei, regiert. "König Ludwig", kommt da wie aus der Pistole geschossen. Dann "Angela Merkel". Und mit ein bisschen Hilfe auch "Horst Seehofer".

Die nächste Station wird ein "mittelalterliches Sportstudio" sein, kündigt Astrid Herrnleben an. Was sich wohl dahinter verbirgt? "Ein Engel zeigt euch das Tor, durch das ihr gehen müsst", steht auf dem Hinweiszettel, den das Geburtstagskind zu Anfang der Tour bekommen hat. Und tatsächlich, in der Münchner Residenz liegt in einer Ecke ein großer, schwerer Stein.

"Probiert mal, den hochzuheben", fordert Herrnleben die Kinder auf. Sie ziehen und zerren daran, stoßen mit dem Fuß. Aber er bewegt sich nicht. "Der Herzog Christoph konnte den Stein mit einer Hand neun Schritte weit werfen", erzählt sie und zählt die Schritte ab. "Boah", sagt Jannik. Antonia macht große Augen. Dieser Ritter muss wirklich ganz schön stark gewesen sein.

Natürlich hatte er auch ein Schwert. Das steht in der Schatzkammer der Residenz. Es glitzert überall, Edelsteine, Gold und Perlen funkeln. "Schau mal da!" "Und die Krone!" Die Kinder staunen. Bei der Statue des heiligen Georg, die mit Rubinen und Smaragden bestückt ist, drücken sie fast die Nasen am Glas platt. Herrnleben erzählt die Legende des Heiligen. "Aber wie kann man denn mit Drachen sprechen?", fragt Lara. "Es gibt doch gar keine Drachen!", weiß Dominik.

Dann stehen die Kinder endlich vor dem Schwert des Herzogs Christoph. Mit offenen Mündern lauschen sie der Geschichte, wie Christoph den unbesiegbaren Herzog von Polen besiegt. Thilo interessiert sich für die Alarmanlage und den Vorhang in der Vitrine. Und wie man mit einem scharfen Schwert jemanden zum Ritter schlagen konnte, ohne dass der verletzt wurde. Die Stadtführerin macht es mit ihrer Hand an Moritz vor: mit der flachen Klinge sanft auf die eine Schulter, dann auf die andere. "Ritter Moritz!", rufen die Kinder im Chor.

Stadtdetektive, Astrid Herrnleben, Telefon 089/27375637, www.stadtdetektive.com

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