Stadtbäche:Glockenbach soll nicht mehr unterirdisch verlaufen

Stadtbäche: Der offen fließende Westermühlbach im Dreimühlenviertel setzt sich wenige hundert Meter weiter nach Norden hin unterirdisch als Glockenbach fort.

Der offen fließende Westermühlbach im Dreimühlenviertel setzt sich wenige hundert Meter weiter nach Norden hin unterirdisch als Glockenbach fort.

(Foto: Catherina Hess)
  • Der Glockenbach soll sichtbar werden, die Pestalozzistraße begrünt.
  • Dafür hat sich der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt ausgesprochen - die Freilegung ist allerdings aufwendig.
  • Die Stadtbäche wurden größtenteils in den Sechzigerjahren zugemacht.

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Der Glockenbach, der seit einigen Jahrzehnten unterirdisch verläuft, soll wieder sichtbar werden. Die Stadtbäche freizulegen ist nicht überall möglich - vielerorts rauschen sie unter Häusern durch, wurden also verbaut. Doch den Glockenbach könnte man zumindest teilweise vom Betondeckel befreien: in der Pestalozzistraße. Dort verläuft er unterhalb der Straße.

Der Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt hat sich auf Anregung der Fraktion Grüne/Rosa Liste dafür ausgesprochen, den Bach freizulegen und die Pestalozzistraße zu begrünen. "Wenn man schon ein ganzes Viertel danach nennt, wäre es natürlich schön, wenn man irgendwas davon sehen könnte", begründete Hubert Ströhle (Grüne) den Antrag.

Einzig funktionierende, sichtbare Wasserader ist bislang der Westermühlbach

Der Glockenbach ist die Verlängerung des Westermühlbachs, eines ehemals breiten Armes der Isar, auf dem früher Flößer Holzstämme zu den ehemaligen Schreinereien am Holzplatz transportierten. Heute ist er stark verschmälert, aber noch die einzige funktionierende und auch sichtbare Wasserader im Viertel.

Der Westermühlbach wird am Holzplatz beim ehemaligen Zettlergebäude zum Glockenbach, fließt von dort unter der Pestalozzistraße zur Müllerstraße. Sein Wasser wird von dort - von dort an heißt er Westlicher Stadtgrabenbach - zum Sendlinger-Tor-Platz geführt, um die Altstadt herum zum Stachus und zum Odeonsplatz. Südlich des Hofgartens beim Max-Planck-Institut teilt er sich, fließt nach Norden an der Staatskanzlei vorbei in den Englischen Garten und versorgt dort einen See. Der zweite Arm führt in Richtung Lehel.

Es werde allerdings "nicht ganz unaufwendig"

Die Münchner Bäche wurden großteils Mitte bis Ende der Sechzigerjahre zugemacht, darunter auch mindestens fünf in der Isarvorstadt. Laut Franz Schiermeier von der Geschichtswerkstatt Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, der Bücher über die Münchner Wasser-Unterwelt verfasst und herausgegeben hat, fließt der Glockenbach noch wegen des Heizkraftwerks an der Müllerstraße. Das wurde Ende der Fünfzigerjahre gebaut und brauchte Kühlwasser. Schiermeier begrüßt den Vorstoß, den Bach freizulegen: "Das wäre eine Bereicherung, der Glockenbach ist ein Identifikationspunkt im Viertel."

Es werde allerdings "nicht ganz unaufwendig". Denn der Glockenbach fließe relativ tief unterhalb der Straße. Öffne man den Trog, wirke der Bach - vielleicht so in etwa eineinhalb Metern Tiefe - ziemlich unattraktiv. Ob man ihn aufstauen könne, müsse noch über das Baureferat eruiert werden. Die Bachsohle müsste erneuert werden. Mindestens eine Parkspur würde im Fall der Freilegung geopfert. Und der Fußweg verliefe dann zwischen Bach und Haus oder zwischen Straße und Bach, sagt Schiermeier.

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Innenstadt von einem dichten Netz von Bächen und Kanälen durchzogen. Auf einem Stadtplan in Christine Rädlingers Buch "Geschichte der Münchner Stadtbäche", das im Franz Schiermeier Verlag erschienen ist, sind 57 Bäche und Kanäle verzeichnet, ein Spinnennetz, damals von immenser wirtschaftlicher Bedeutung für die Entwicklung Münchens.

Der Glockenbach beispielsweise beginnt am Holzplatz am Gebäude der ehemaligen Feinmechanischen Präzisionswerkstätte des Erfinders Alois Zettler, der die Wasserkraft des Glockenbachs für ein selbst gebautes Kraftwerk nutzte, um in der Frühzeit der Elektrizität Staubsauger, Heizkörper und Rufanlagen zu produzieren. Seit einem Stadtratsbeschluss im Jahr 1999, den Auer Mühlbach im Norden des Nockherbergs von seinem Betondeckel zu befreien, sind die Stadtbäche wieder im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Green City und das Münchner Forum starteten vor eineinhalb Jahren den Vorstoß, die Bäche wieder ans Tageslicht zu holen. Auch die Stadt zeigt sich dafür grundsätzlich aufgeschlossen.

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