Stadt am Rand:Vorrat an Flächen ist begrenzt

Leerstehende Büroflächen im Gewerbegebiet Dornach in Aschheim, 2016

Leer stehende Gewerberäume wieder füllen statt neue zu bauen - eine Möglichkeit gegen Flächenfraß.

(Foto: Claus Schunk)

Kommunen können nicht immer neue Gewerbegebiete ausweisen

Von Christina Hertel, Kirchheim

Bis jetzt ist die Fläche ein brauner Acker, 16 Fußballfelder hätten darauf Platz. Der Heimstettener See ist in der Nähe, ein Kleingartenverein und ein Wasserskipark. Aber auch: das Möbelhaus XXXLutz, das Paketzentrum der Post und die Autobahn. Auf diesem Grundstück plante die Gemeinde Aschheim zuerst einen Schlachthof. Das scheiterte. Nun ist klar: Dorthin kommt ein Nutzfahrzeug-Zentrum von Daimler. Gleichzeitig stehen in Aschheim noch etwa 20 Prozent der Büros und Hallen leer.

Der Raum München lockt neue Firmen an, die Kommunen stehen deshalb vor einer wichtigen Frage: Wie sollen sie mit dem Boom umgehen? Sollen sie weiter alles zupflastern? Und damit riskieren, eine Region voller Lagerhallen zu schaffen? Oder sollen sie Flächen sparen, zuerst den Leerstand füllen - mit dem Risiko, dass andere Kommunen immer reicher werden und sie selbst auf der Strecke bleiben? Diese Fragen beleuchteten in Kirchheim der CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch, IHK-Regionalvorsitzender Christoph Leicher und Norbert Steinmeier vom Bund Naturschutz.

Christoph Leicher ist Ingenieur und führt ein Familienunternehmen mit einer fast 150 Jahre alten Geschichte. Seit 1972 sitzt sein Unternehmen "Leicher Engineering", das weltweit mit technischen Bauteilen handelt, in Heimstetten. Der Firmenchef stellt klar: "Wenn ich mein Unternehmen erhalten möchte, muss es weiterwachsen. Stillstand bedeutet Rückschritt." Jedes Jahr würden die Kosten für Personal, Transport und Qualitätssicherung zunehmen. Deshalb bleibe gar nichts anderes übrig, als sich immer weiter zu vergrößern. Doch gibt es tatsächlich keine anderen Lösungen, als auf der grünen Wiese immer mehr zu bauen? Norbert Steinmeier vom Bund Naturschutz weist darauf hin, dass es 1800 noch fünfmal so viele Vögel in der Region gab wie heute - bei anderen Tierarten sehe es ähnlich aus. Warum also können nicht zunächst leere Bürogebäude und Gewerbeflächen genutzt werden?

Das Daimler-Zentrum in Aschheim kommt auf ein Grundstück, das schon länger als Gewerbegebiet vorgesehen war. Ganz neue Flächen allerdings will die Gemeinde laut der Wirtschaftsförderin Sabine Kirchmann erst ausweisen, wenn der Leerstand in dem Dornacher Gewerbegebiet gefüllt ist. 2014 stand dort fast ein Drittel der Büros und Lager leer, heute sind es noch 20 Prozent. Ähnlich geht es dem Kirchheimer Wirtschaftsförderer Tobias Schock. In den vergangenen drei Jahren konnten in Kirchheim zwar 138 000 Quadratmeter Leerstand befüllt werden. Aber immer noch werden etwa 20 000 Quadratmeter nicht genutzt. Auch Schock klagt: Um ein Unternehmen in ein leer stehendes Büro zu locken, müssten viele Voraussetzungen stimmen. Zum Beispiel eine Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und eine attraktive Umgebung mit Lokalen für die Mittagspause.

Einfacher wäre natürlich, neue Gebiete auszuweisen. Doch ist es auch langfristig sinnvoll? Immer weiter neue Bürotürme und Lager zu bauen, das sei gar nicht möglich, sagt Ernst Weidenbusch. Denn die Flächen seien nun mal endlich. Die Folge: Gemeinden müssten sich besser überlegen, welche Unternehmen sie ansiedeln möchten. Weidenbusch sieht Unternehmen auch in der Pflicht, wenn es um die Schaffung von Wohnraum geht. "Es kann nicht mehr sein, dass Firmen einen viereckigen Kasten in die Landschaft bauen und nicht darüber nachdenken, wo die Menschen wohnen sollen und wie sie zur Arbeit kommen."

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