Stadt am Rand:Nulltarif für Busse

Stadt am Rand: Bitte einsteigen: Kirchheim will Busfahren attraktiver machen.

Bitte einsteigen: Kirchheim will Busfahren attraktiver machen.

(Foto: Claus Schunk)

Kirchheim will beim MVV und den Nachbargemeinden Aschheim und Feldkirchen auf ein kostenloses Angebot dringen

Von Christina Hertel, Kirchheim

In der Augsburger Innenstadt sollen Bus und Tram bereits vom kommenden Jahr an kostenlos werden - ein bundesweit einmaliges Projekt. Ganz so weit ist man in Kirchheim noch nicht, allerdings gibt es dort Vorstöße, die in eine ähnliche Richtung zielen: Der Bauausschuss des Gemeinderats hat am Montag einstimmig die Verwaltung beauftragt, mit dem Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) über ein Gratisangebot für die Buslinien 263, 262 und 463 zu verhandeln. Auch wie man die Einnahmeausfälle ausgleichen könnte, soll geprüft werden.

Den Anstoß dazu gab der Grünen-Gemeinderat Rüdiger Zwarg mit einem Antrag. In diesem forderte er, zunächst kostenlose Buslinien ausschließlich auf Kirchheimer Gemeindegebiet östlich des Autobahnrings zu prüfen. Der Kirchheimer Bauausschuss stand diesem Antrag positiv gegenüber und entschied sich letztlich, sogar noch einen Schritt weiterzugehen: Es soll nicht nur darüber verhandelt werden, ob Passagiere in Kirchheim den Bus ohne Fahrschein nutzen können, sondern auf den kompletten Linien. Und die gehen zum Teil sogar über die Grenzen des Landkreises hinaus.

Die Linie 463 etwa verbindet Markt Schwaben, Gelting, Kirchheim/Grub und Poing. Der Bus 262 verkehrt vom S-Bahnhof Heimstetten aus innerhalb der Gemeinde Kirchheim. Und die Linie 263 verläuft von der Messestadt über Aschheim und Kirchheim nach Feldkirchen. Diese kostenlos anzubieten, sei für Kirchheimer Bürger besonders interessant, sagte Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU). Der S-Bahnhof Feldkirchen liegt nach der Tarifreform in der M-Zone. Für Kirchheimer hieße das: Zahlen sie bis zu dieser Station nichts, wären sie somit automatisch Teil des Innenraums.

Bürgermeister Böltl will den Vorschlag ans Landratsamt weiterreichen. Dieses müsse den Vorstoß bündeln, da ja nicht nur Kirchheim betroffen wäre, sondern auch Aschheim und Feldkirchen sowie die Gemeinden im Landkreis Ebersberg. Außerdem finanziert der Landkreis die Regionalbusse und sei für das Thema insgesamt zuständig.

Wie viel der MVV auf den Linien einnimmt, wie viel also die Gemeinden oder der Landkreis erstatten müssten, will das Verkehrsunternehmen nicht beantworten. Diese Daten seien vertraulich, schreibt Beate Brennauer, Pressesprecherin des Verkehrsbetriebs. Einen "Nulltarif" erachte das Unternehmen allerdings als nicht zielführend. Diesem könne aus "grundsätzlichen Erwägungen" nicht entsprochen werden. Ein selbstorganisierter Nulltarif mittels Erstattung von regulär gekauften Fahrausweisen jedoch würde der MVV kommunikativ und organisatorisch unterstützen. Wie genau die Tickets finanziert werden könnten, sei noch völlig offen, sagt der Kirchheimer Bürgermeister. Möglich sei, dass sich der Landkreis beteilige, dass sich die Gemeinden die Kosten teilen oder - falls eine große Lösung mit Aschheim, Feldkirchen und anderen Gemeinden nicht zustande kommt - Kirchheim auf seinem Gebiet selbst tätig werde. Ihm sei bewusst, dass die Verhandlungen kompliziert werden könnten, so Böltl. Vorstellbar seien aus seiner Sicht deshalb auch eine Flatrate oder vergünstigte Tickets.

In Aschheim wurde Bürgermeister Andreas Thomas Glashauser (CSU) am Dienstag von der Idee überrascht. Sein Parteikollege Böltl habe ihn über den Vorschlag nicht informiert. "Deshalb kann ich mich momentan weder positiv noch negativ äußern." Sicherlich sei es aber wichtig, den öffentlichen Nahverkehr zu verbessern. Nur so könne man die Probleme auf den Straßen lösen. Der Zweite Bürgermeister von Feldkirchen, Andreas Janson (UWV), der momentan das Rathaus stellvertretend leitet, hält es nach eigenen Worten prinzipiell für richtig, Gespräche aufzunehmen. Nur sei es aus seiner Sicht schwer vorstellbar, wie die Idee realisiert werden könnte. "Dafür müsste man erst einmal wissen, wie hoch die Kosten sind."

Der Kirchheimer Grünen-Gemeinderat Zwarg befürchtet indes, dass das Ganze daran scheitern könnte, dass Kirchheim zu große Pläne hat. "Ich bin natürlich auch für kostenlosen Nahverkehr." Er habe seinen Vorstoß jedoch bewusst zunächst auf das Kirchheimer Gemeindegebiet beschränkt. Aus seiner Sicht ist es leichter zu realisieren und könne dennoch eine große Wirkung haben, wenn Kirchheimer zum Beispiel für den Einkauf oder den Arztbesuch das Auto stehen lassen.

Bürgermeister Böltl hatte im Mai mit dem Landratsamt bereits wegen anderer Pilotversuche Kontakt. Ein Ziel ist etwa, die Fahrpreise elektronisch zu ermitteln. "Grundsätzlich soll damit das System weggehen von Ringen und starren Tarifen", sagt er. Relevant für den Fahrpreis sollen alleine die gefahrenen Kilometer sein. Ein grobes Konzept wurde laut Kirchheimer Gemeindeverwaltung bereits vergangenes Jahr erarbeitet. Ende 2018 sollen die Verbundgremien über den Versuch entscheiden.

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