Stadt am Rand:Individuelle Lösungen

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Übergangsklassen sind für Flüchtlingskinder die erste Wahl, wenn sie nur wenig Deutsch sprechen. Doch im Landkreis reicht das Angebot nicht aus

Von Iris Hilberth, Landkreis

Schulpflichtige Kinder von Flüchtlingsfamilien sollen drei Monate nach ihrer Ankunft im Landkreis eingeschult werden. Sprechen sie nur wenig oder gar kein Deutsch, sind sogenannte Übergangsklassen die erste Wahl für diese Mädchen und Buben. Hier sollen sie die Sprache lernen bevor sie in Regelschulen wechseln. Doch reichen die 15 Ü-Klassen in verschiedenen Grund- und Mittelschulen im Landkreis offenbar bei weitem nicht aus, um diese Kinder und Jugendlichen zu unterrichten. Zumal die Zahlen weiter steigen. Helferkreise beklagen wohl immer wieder, dass Kinder direkt in Regelklassen geschickt werden, wo sie trotz zusätzlicher Deutschkurse dem Unterricht kaum folgen könnten.

Die SPD im Kreistag fordert daher eine genaue Darstellung der Situation. Doch das erweist sich als schwierig. Zwar kann das Landratsamt Zahlen aus den Übergangsklasse nennen und kennt auch die aktuelle Anzahl von 239 im Landkreis untergebrachten Flüchtlingen zwischen sechs und 22 Jahren. Die eigentliche Frage der SPD aber, wie viele der Flüchtlingskinder eine Übergangsklasse und wie viele die Regelschule besuchen, kann die Behörde nicht genau beantworten. Die Rede ist in der schriftlichen Antwort des Landratsamt auf die SPD-Anfrage lediglich von "der Mehrzahl". Karina Brodback von der Koordinierungsstelle Asyl des Landratsamts kann auch nur bestätigen, dass "weit mehr als die Hälfte" der Flüchtlingskinder in Übergangsklassen unterkommen konnten. 260 Schülerinnen und Schüler werden derzeit in diesen Klassen unterrichten. Für die Jahrgangsstufen eins bis vier sind diese Ü-Klassen in Höhenkirchen-Siegertsbrunn, Putzbrunn, Ottobrunn, Planegg und Oberschleißheim eingerichtet worden, für die Älteren bis zur Jahrgangsstufe neun an den Mittelschulen in Haar, Kirchheim, Gräfelfing, Oberhaching und Oberschleißheim. Wie Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) bestätigte, soll vom kommenden Schuljahr an für Schüler, die bereits in ihren Heimatländern auf weiterführende Schulen waren, am Bogenhauser Wilhelm-Hausenstein-Gymnasium eine Übergangsklasse entstehen. Auch an der Realschule II der Landeshauptstadt ist ein solches Angebot geplant. "Derzeit wird noch ein genaues Konzept erarbeitet", sagte der Minister, dann müsse man sehen, welche Kinder das Anforderungsprofil für die weiterführenden Schule mitbrächten.

Nur lässt sich aus der Statistik des Landratsamts nicht herauslesen, wie viele der derzeit 166 Flüchtlingskinder, die eine Grund- oder Mittelschule besuchen einen Platz in einer Übergangsklasse erhalten haben. Denn auch von den laut Staatlichen Schulamt 1763 Kindern mit Migrationshintergrund an staatlichen Grund- und Mittelschulen im Landkreis besucht ein Teil die Übergangsklassen.

In der Praxis schaut das so aus: Laut Landratsamt meldet die Sozialbetreuung mit den Familien die betroffenen Kinder in den örtlichen Schulen an, dort werde dann eine "individuelle Lösung" im Gespräch mit der Schulleitung erarbeitet. Gibt es keinen Platz, werde einer in der Nachbargemeinde gesucht. Nach Aussagen der Sozialbetreuung sei die Schulsituation "angemessen", derzeit würden alle Flüchtlingskinder beschult.

Angemessen findet die Situation die SPD in Garching nun nicht gerade. In einem offenen Brief an Kultusminister Ludwig Spaenle und Landrat Christoph Göbel (beide CSU) haben die Sozialdemokraten vor wenigen Tagen "umgehend" mehr Personal und finanzielle Mittel für die Einrichtung von Übergangsklassen in Garching gefordert. 13 Flüchtlingskinder seien derzeit in der Stadt untergebracht, weitere würden erwartet. Haar und Oberschleißheim aber könnten keine Schüler mehr aufnehmen. Die Forderung sei längst bekannt und bereits bei einer ersten Informationsveranstaltung vor Eintreffen der Flüchtlinge in Garching vom Landratsamt aufgenommen worden, erinnert sich Brodback.

© SZ vom 07.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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