Volleyball:Hoher Puls

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Herrschings Volleyballer sind vor ihrem Erstliga-Heimdebüt gegen Mitaufsteiger Lüneburg durchaus angespannt

Von sebastian winter, Herrsching

Einerseits freut sich Fritz Frömming auf die Heimspiel-Premiere des TSV Herrsching in der Volleyball-Bundesliga. Er hofft, dass alles gut funktioniert am Samstag (19 Uhr, Nikolaushalle) im Aufsteiger-Duell gegen Lüneburg. Dass die neuen Ticket-Scanner am Einlass nicht versagen, dass die Rollbanden, die vor Jahren schon in der Handball-Bundesliga beim SC Magdeburg im Einsatz waren, nicht wieder klemmen wie bei der Probe. Dass die Halbzeitshow mit Gilchings Einrad-Akrobaten reibungslos abläuft und die Technik nicht streikt. Herrschings Teammanager hofft außerdem, dass das Maskottchen Flips seinen Job auch anständig erfüllt und beim Klatschen und Rennen nicht auf seine Killerwal-Schnauze fällt. Und dass außerdem jedes Kind auch tatsächlich ein kleines Geschenk von der Micky Maus bekommt. Überhaupt wünscht sich Frömming eine mit rund 1000 Zuschauern ausverkaufte Halle. Aber er sagt auch: "Wir sind alle nervös."

Natürlich sind sie nervös. Weil der Klub nach vier Aufstiegen in Serie im organisatorischen und im sportlichen Bereich Neuland betritt. Am vergangenen Samstag haben die Herrschinger in Rottenburg, das keineswegs zu den großen Vereinen der ersten Liga gehört, schon einmal gespürt, wie dünn die Luft tatsächlich ist im Profibereich. 1:3 verloren sie ihr Auftaktspiel, das aber noch eine andere Erkenntnis brachte: Chancenlos startet der Klub vom Ammersee nicht in diese Saison, zumal es nur maximal einen Absteiger in die zweite Liga geben wird. Die Mannschaft hat danach im Training den Fokus auf die Annahme gelegt, jenen Bereich also, der in Rottenburg mitverantwortlich für die Niederlage war. "Im Angriff, Block und in der Abwehr brauchen wir uns sowieso nicht verstecken", sagt Frömming, der vor allem den Champions-League-erfahrenen TSV-Libero Sebastian Prüsener lobte.

Lüneburg ist zudem einer der vermeintlich leichteren Gegner, doch genau dieser Aspekt macht Herrschings Verantwortliche auch ein bisschen nervös. Denn leichte Gegner gibt es in dieser Liga nicht, was man an den Niedersachsen gut beobachten kann. Lüneburg gewann sein Auftaktspiel gegen Mitteldeutschland mit 3:1, hat fünf starke Ausländer und als Trainer vor dieser Saison Stefan Hübner verpflichtet, den 245-maligen deutschen Nationalspieler, der vor knapp fünf Wochen als Assistent von Chefcoach Vital Heynen mit Deutschland WM-Bronze gewann.

"Ich hoffe, dass wir unsere Aufschläge gut treffen, um die sehr großen Jungs unter Druck zu setzen", sagt Herrschings Trainer Max Hauser angesichts von gleich fünf 2,06 Meter großen Gegenspielern. Auf einen wichtigen, unwesentlich kleineren Spieler muss Hauser allerdings verzichten: Mittelblocker Roy Friedrich, der mit Hachings Volleyballern zwischen 2009 und 2013 dreimal den DVV-Pokal gewann, Meisterschafts-Zweiter wurde und in der Champions League spielte, hat ihm wegen einer Virusinfektion am Freitag abgesagt. Friedrich hatte die ganze Woche über nicht trainieren können. "Ein großer Verlust", sagt Hauser, der nun Ersatzmann Michael Wehl in der Mitte spielen lässt.

Stimmungsvoller Block A: Teammanager Fritz Frömming hofft bei Herrschings Erstliga-Heimpremiere auf volle Ränge in der Nikolaushalle. (Foto: Georgine Treybal)

Die Lüneburger haben am Freitag die 800 Kilometer lange Busreise nicht ohne Respekt vor ihrem Konkurrenten um den Klassenerhalt angetreten. "Ich kenne einige Spieler von Herrsching, wir müssen alles geben, um etwas mit nach Hause zu nehmen", sagte ihr Manager René Bahlburg. Allerdings ist ihnen die Atmosphäre, die sie in der kleinen, engen Nikolaushalle erwartet, nicht fremd. Auch Lüneburgs Halle genügt nicht den Ansprüchen der Liga und bedurfte einer Sondergenehmigung, dort ist die Stimmung ebenso hitzig.

In anderen Bereichen hat Lüneburg ebenfalls ganz ähnliche Voraussetzungen wie Herrsching. Die Lizenz haben beide Klubs nur unter Auflagen bekommen, der Etat bewegt sich auf ähnlich bescheidenem Niveau. Während Herrsching knapp 300 000 Euro zur Verfügung stehen, sind es in Lüneburg 30 000 Euro mehr. Am Samstag kommt es also auch zum Treffen der ärmsten Vereine der Liga; die Etats der reichsten Klubs Berlin und Friedrichshafen haben mit 1,6 beziehungsweise 2,0 Millionen Euro ganz andere Dimensionen.

Die Herrschinger träumen gerade eher von den ersten Punkten im Profibetrieb - und davon, die Heimpremiere möglichst überzeugend über die Bühne zu bringen. Das "Freudenhaus der Liga" zu sein, das ist in Anspielung auf St. Paulis Fußballer ihr Anspruch. Jetzt müssen sie sich daran messen lassen.

© SZ vom 25.10.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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