Volleyball:Endspiel

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Zwei, die sich auf und neben dem Feld gut verstehen: Ferdinand Tille, Markenzeichen Schnürsenkel-Stirnband, und Patrick Steuerwald, Markenzeichen Dampfplauderer, 2017 im Herrschinger Trachten-Look. (Foto: Oryk Haist/imago)

Steuerwald, Strohbach, Tille: Herrschings Volleyballer bangen um ihr Führungstrio, das auch vom möglichen neuen Rivalen Unterhaching kräftig umworben wird.

Von Sebastian Winter, Herrsching/Unterhaching

Ferdinand Tille ist mit seiner Freundin im Urlaub. Patrick Steuerwald kümmert sich um seine kleine Tochter. Tom Strohbach genießt seine Semesterferien in München. Sie sind also alle im Freizeitmodus, Herrschings Schlüsselspieler, der Libero Tille, der Zuspieler Steuerwald, der Außenangreifer Strohbach. Allesamt gehören sie zu den besten Volleyballern in Deutschland. Und der TSV Herrsching, ihr bisheriger Arbeitgeber, möchte sein Vorzeigetrio unbedingt halten für die kommende Saison. Doch im Moment ist alles in der Schwebe, nichts ist sicher. Und dass der gerade in die zweite Liga aufgestiegene einstige Pokalsieger Unterhaching eine Wildcard für die erste Liga beantragt hat, macht die ganze Geschichte nur noch komplizierter. Zumal niemand genau weiß, was die Hachinger vorhaben.

Beide Klubs, zwischen denen kaum 50 Kilometer liegen, buhlen nun jedenfalls auch und vor allem um dieses Führungstrio. Warum auch nicht, Zuspieler, Außenangreifer und Liberos sind essenziell für die Team-Struktur. Die Herrschinger wissen um die Gefahr: "Wir sehen es sehr positiv, wenn Haching in die erste Liga geht. Aber sie werden dann Spieler holen wollen, die auch für uns interessant sind", sagt TSV-Marketingmanager André Bugl.

Unterhachings Geschäftsführer Mihai Paduretu, der Taktiker, dementiert es natürlich, aber er hat schon Kontakt aufgenommen, auch zu Herrschings Toptrio, dem nun Angebote aus Unterhaching vorliegen. "Das ist nichts Verwerfliches und gehört zum Geschäft", sagt Steuerwald, dem wie Strohbach und Tille auch noch andere interessante Angebote vorliegen. Auch Strohbach, der mit 24 Jahren weitaus Jüngste der drei, bestätigt Gespräche mit Haching, er kann sich zudem durchaus vorstellen, ins Ausland zu wechseln - immerhin war er in der Hauptrunde Topscorer der Liga, halb Europa ist hinter ihm her. Italien würde ihn reizen. "Ich würde mir in den Hintern beißen, wenn ich es nicht ausprobiere. Aber es ist auch nicht ganz ausgeschlossen, dass ich in Herrsching bleibe", sagt Strohbach. Große Bekenntnisse zum Klub sind das alles nicht. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass am Ende Herrsching wie Haching in die Röhre schauen.

Roy Friedrich wechselt zurück nach Haching und wird dort wohl zweite Liga spielen

Herrsching hat zugleich die beste seiner drei Erstliga-Spielzeiten hinter sich. Der TSV ist als Tabellensechster direkt ins Playoff-Viertelfinale eingezogen, wo er an den United Volleys Rhein-Main scheiterte, und hat das Pokal-Halbfinale erreicht. Und Aufmerksamkeit: Allein schon die Reise nach Innsbruck, wo sie mangels eigener regelkonformer Halle ihr Viertelfinal-Heimspiel austrugen, stieß auf reges Medieninteresse. Nun wollen sie ihren Etat laut Bugl um mindestens 15 Prozent steigern, 550 000 bis 600 000 Euro sind das Ziel. Mit diesem Betrag, so sie ihn erreichen, müssen sie sich womöglich eine neue Stammformation suchen. Keine Frage, sie sind gefragt als aufstrebender Klub, bei Spielern wie Beratern. Andererseits ist ein ausländischer Mittelblocker, dessen Unterschrift noch fehlt, der einzige, der ihnen bislang fest zugesagt hat. Sie wollen Ruhe bewahren, zugleich ist da gerade nicht viel sportliche Substanz im Klub.

Der so talentierte Julius Höfer war zuletzt schon auf Stand-by-Betrieb, weil er beruflich vorankommen möchte; mit wenig Training spielte er öfter, als er wollte. Wie Roy Friedrich, der, wie man hört, nach Unterhaching zurückkehrt und dort offenbar zweite Liga spielen will. Bei US-Import Matt Tarantino ist es fraglich, ob er im Herbst zurückkehrt. Florian Malescha wird wohl aufhören, vielleicht auch Herrschings zweiter Steller Tobias Neumann.

Beunruhigen muss sie das alles noch nicht, in den vergangenen Jahren hatte Herrsching zu diesem Zeitpunkt kaum mehr Planungssicherheit. Aber der Fakt, dass sich so viele Spieler zurückhalten mit einem Bekenntnis zum Klub, ist schon bedrohlich. Zumal Trainer Max Hauser und Co. jene Philosophie, wie sie Unterhaching zu Erstligazeiten hatte, Profis aus aller Welt einzukaufen, fern liegt. Haching hatte damals auch den doppelten Etat.

Die nächsten Tage und Wochen haben jedenfalls durchaus Spannungspotenzial. Zwei Daten stehen dabei besonders im Fokus: Am 24. April geht Herrschings Kampf um eine neue Arena in einer nicht-öffentlichen Gemeinderatssitzung weiter, mögliche Grundstücke stehen auf der Tagesordnung. Und am 28. April entscheidet sich, ob Herrschings neuer Rivale seine Erstliga-Wildcard tatsächlich bekommt.

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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