Volleyball:Der Kini übersiedelt ins Kaiserreich

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Abpfiff mit Applaus: Letztmals in dieser Saison kamen die Klatschpappen in der Nikolaushalle zum Einsatz. Der TSV zieht notgedrungen ins Ausland. (Foto: Georgine Treybal)

Herrschings Volleyballer qualifizieren sich erstmals direkt für das Viertelfinale - und begeben sich nach Österreich ins Exil.

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Max Hausers Sorgen bezüglich der Hallenauslastung an einem frühen Sonntagnachmittag erwiesen sich als unbegründet. Die ausverkaufte Tribüne verhinderte eine für das letzte Hauptrundenspiel von Herrschings Bundesliga-Volleyballern befürchtete Kaffeekränzchen-Stimmung - trotz Kuchens beim Catering. Auch der frühlingshafte Sonnenschein, der beim 3:1 (25:22, 22:25, 25:15, 25:17) gegen Solingen aufs Feld fiel, stand der bekanntermaßen nicht ganz regelkonform ausgeleuchteten Nikolaushalle bestens.

"Wir brauchten drei Punkte. Nicht weniger haben wir gemacht, aber auch nicht mehr."

Größere Probleme bereitete dem TSV dagegen das sportliche Leistungsgefälle. Hausers Team zog gegen den seit einem Trainerwechsel zwar stark verbesserten, aber dennoch klar schwächeren Tabellenletzten im ersten Satz mühelos auf 10:5 davon. Statt die eigene Linie beizubehalten, beschäftigte sich der TSV aber zu sehr mit eigenen Fehlern und half Solingen damit ins Spiel. Im ersten Satz genügte die zerfahrene Vorstellung noch, um einen Teil des Vorsprungs ins Ziel zu retten, obwohl es Solingens Außenangreifer auf aberwitzige Erfolgsquoten von knapp 70 Prozent brachten. "Im Block waren wir durch die Bank schlecht", bilanzierte Zuspieler Patrick Steuerwald. Sein Trainer Hauser präzisierte: "Solingen hat unseren Block für sich genutzt, indem es ihn immer wieder gezielt angeschlagen hat. Und wir haben lange kein Mittel dagegen gefunden."

Im zweiten Satz büßte Herrsching den emotionalen Zugriff auf die Partie zwischenzeitlich komplett ein und lag 13:19 hinten. Dass es sich bei dem Leistungseinbruch eher um ein Kopfproblem handelte, war an Ballwechseln wie jenem zum 15:19 abzulesen, als Tom Strohbach sauber, aber weit neben das Feld annahm, Steuerwald seinen Trainer rigoros zur Seite räumte und in der Mitte Julius Höfer bediente, der den Ball mit brachialer Gewalt ohne Abwehrchance für Solingen ins Feld drosch. Wann immer Herrsching konsequent agierte, dominierte es den Aufsteiger. Trotzdem war der zweite Satz nicht mehr zu retten, weil sich der TSV zu oft in unübersichtliche Duelle am Netz verwickeln ließ. "Wir wussten, dass unser Sieg gegen Bühl nur etwas wert ist, wenn wir ihn bestätigen - und da haben wir an einigen Stellen vielleicht ein bisschen zu viel nachgedacht", räumte Libero Ferdinand Tille ein.

Zwar unterlag der punktgleiche TV Bühl Düren zeitgleich glatt in drei Sätzen, dafür hielt der zweite Verfolger Netzhoppers KW sein Spiel bei den United Volleys in Frankfurt (2:3) lange so offen, dass Herrsching trotzdem mindestens gewinnen musste, um Platz sechs sicher zu halten und sich damit direkt für das Playoff-Viertelfinale gegen eben jene United Volleys zu qualifizieren. Tille fragte bei Scout und Co-Trainer Michael Mattes regelmäßig den Spielstand aus Frankfurt ab, und auch Hauser sagte: "Mir war schon bewusst, dass das eine gefährliche Situation war."

Herrschings wertvollster Spieler Steuerwald bemühte sich nach Kräften um positive Stimmung und erfuhr dabei von Herrschings nervlich Stabilsten, dem gesundheitlich angeschlagenen Mittelblocker Roy Friedrich und Angreifer Höfer, Unterstützung. Die Durchgänge drei und vier wurden so klare, wenn auch nur unwesentlich ansehnlichere Angelegenheiten. "Wir brauchten drei Punkte - nicht weniger haben wir gemacht, aber auch nicht mehr", sagte Steuerwald. Hauser fasste die Partie ebenfalls unter "schlecht gespielt und gewonnen" zusammen, "aber das ist besser als schön zu verlieren".

Herrsching empfängt Frankfurt zum "Heimspiel" in Innsbruck - weil dort die Halle hoch genug ist

Herrsching tritt nun am 18. März zunächst in Frankfurt an. Die Frage, wo der TSV sein Viertelfinal-Rückspiel nach dem bisher besten Hauptrundenergebnis der Klubgeschichte austragen wird, klärte der Hallensprecher, vulgo "König vom Ammersee", bereits vor Spielbeginn. Cheerleaderinnen liefen mit Koffern ein und gingen mit ihm die Gepäckliste für die Reise nach Innsbruck (22. März) durch. Seit die Sondergenehmigung für die Nikolaushalle unter Auflagen verlängert wurde, fällt das Sticheln gegen den in puncto Hallenkapazitäten klammen Freistaat Bayern wieder leichter. Herrsching kennt Innsbrucks Halle, die den Liga-Anforderungen genügt, aus drei Jahren Saisonvorbereitung. "Die sind von der ganzen Sache ähnlich begeistert wie wir", sagte Hauser. TSV-Libero Tille ordnete das "Heimspiel" in Österreich nüchterner ein: "Im Viertelfinale müssen wir eh auswärts gewinnen - dann halt zweimal."

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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