Tischtennis:Das Für und Wider des Erfolgs

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Chirurgische Präzision: Michael Plattner punktet gegen Mühlhausen. (Foto: Claus Schunk)

Dem Drittligisten FC Bayern München bietet sich plötzlich die Chance zum Ligaverbleib

Von Andreas Liebmann, München

Manchmal braucht man einfach etwas Glück. Einen Rivalen, der sich in Luft auflöst, zum Beispiel. Oder einen Matthias Stöber. Für die Tischtennisspieler des FC Bayern München sind beide Glücksfälle fast gleichzeitig eingetreten, deshalb haben sie nach trostlosen Wochen am Tabellenende der dritten Bundesliga Süd nun unverhoffte Chancen auf den Ligaverbleib.

Der plötzlich verschwundene Rivale ist der TuS Fürstenfeldbruck. Der abstiegsbedrohte Zweitligist hat vor Wochenfrist bekannt gegeben, dass er sich am Saisonende in die sechste Liga zurückzieht, aus finanziellen Nöten. Für die Süd-Drittligisten hat das zur Folge, dass mangels eines Absteigers von oben nur noch der Letzte des Klassements den Abstieg zu fürchten hat. Und diesen letzten Tabellenplatz hat der FC Bayern just am vergangenen Wochenende verlassen. Nicht zuletzt dank Stöber.

Matthias Stöber ist ein gemütlich dreinblickender Kerl mit Vollbart und Bäuchlein, mehrmaliger Meister des Unstrut-Hainich-Kreises. Er spielt für den Erstligisten Post SV Mühlhausen - allerdings in der Kreisoberliga. Am vergangenen Sonntag stellte er sich tapfer in den Dienst der zweiten Mannschaft, deren etatmäßige Nummer drei Olegs Kartuzovs bei der Team-WM in Malaysia weilt. So kam Stöber zu zwei Drittliga-Einsätzen, acht Ligen über seinem sonstigen Betätigungsfeld - und das war das Glück für die Bayern. Denn damit waren ihnen drei Spiele quasi sicher im Duell mit Mühlhausen II. Nach zwei Erfolgen in den Doppeln gewannen sie 6:4.

Die interne Debatte über das Für und Wider eines Ligaverbleibs gewinnt nun an Relevanz. "Die Spieler haben gar nicht mehr so den Drang, in der dritten Liga immer hinten rumzuhängen", räumt Abteilungsleiter Rudi Kahler ein. Schon im ersten Jahr nach dem Aufstieg war es nur mit Mühe gelungen, zwei Klubs hinter sich zu lassen. Ohne personelle Veränderungen war auch diese Saison nichts als Abstiegskampf möglich, daran dürfte sich auch künftig nichts ändern. Dennoch sagt Kahler: "Ich werde ihnen gut zureden. Ich tendiere schon dazu, diese Chance zu nutzen." Teure Ausländer könne sich seine Sparte nicht leisten, aber natürlich schaue er ständig nach Verstärkungen; ein Jugendspieler, der mindestens das Potenzial für die zweite Mannschaft habe, werde wohl kommen. Vielleicht ändere sich ja bald die personelle Lage. Am Samstag geht es zum Tabellenletzten DJK Stuttgart, eine Art Matchball.

Bislang ist das aktuelle Quartett auf sich gestellt: der zweitligaerprobte Michael Plattner, 30, ein Chirurg; Csaba Szappanos, 48, ehemaliger ungarischer Nationalspieler; Manfred Degen, 39, der Dienstälteste im Team; und Julian Diemer, mit 25 der Jüngste, beide sind Betriebswirte. Diemer gewann am Samstag zwei Einzel, gegen Andreas Wenzel nach 1:2-Rückstand. Plattner bezwang Mühlhausens erstligaerfahrenen Michal Bardon in 3:0 Sätzen. Im ersten hatte er zwei Satzbälle abgewehrt. Immerhin: Tags darauf gelang den Mühlhäusern in gleicher Aufstellung ein Sieg in Wohlbach, der zeigte: Ganz selbstverständlich war der Münchner Erfolg keineswegs.

Hauptaugenmerk des FCB bleibt jedoch die Jugendarbeit. Einen Profi für die Drittliga-Männer wollen und können sie nicht bezahlen, in eine neue Kinder- und Jugendakademie aber war der Hauptverein vor eineinhalb Jahren bereit, einen höheren fünfstelligen Betrag zu investieren. Etwa 100 Kinder betreut das hoch qualifizierte Ausbilder-Team um Cheftrainerin Csilla Bátorfi seitdem. Das erklärte Ziel, langfristig zu den drei besten Jugendsparten in Deutschland zu stoßen, ist indes noch weit entfernt. Geeignete Talente seien schwer zu finden, sagt Kahler. Vielleicht hilft ja auch hier das Glück.

© SZ vom 03.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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