Tennis:Spross einer Tennis-Dynastie

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Jade Lewis ist eine echte Kosmopolitin. Die 17-Jährige kam in Karlsruhe zur Welt, wuchs in Neuseeland auf und spielt nun als Italienerin für den TC Luitpoldpark in der zweiten Bundesliga

Von Matthias Schmid, München

Seit Jade Lewis gehört hat, dass ihre Klubkollegin Julia Grabher mittlerweile auf Rang 338 in der Weltrangliste vorgerückt ist und für ihr Leben gern Rahmspätzle verspeist, bestellt die Neuseeländerin im Klubrestaurant des TC Grün-Weiß Luitpoldpark auch fast nur noch dieses im süddeutschen Raum verbreitete Gericht. Die 17-Jährige ist neu beim Münchner Tennis-Zweitligisten, sie ordert ihre neue Lieblingsspeise daher noch auf Englisch. Mit Deutsch hält sie sich vornehm zurück - obwohl Lewis in Bielefeld auf die Welt kam und anschließend in Karlsruhe drei Jahre lang zur Schule ging. Jade Lewis ist das, was man wohl eine Kosmopolitin in Reinform nennen muss, eine Weltbürgerin, die überall auf dem Planeten heimisch ist. In Neuseeland, im Land ihres Vaters David, verbrachte sie ihre Jugend, ehe sie mit der Familie vor fünf Jahren nach Hilton Head Island im US-Bundesstaat South Carolina übergesiedelt ist, um sich dort an der Akademie des ehemaligen Weltranglistenersten Ivan Lendl zur Berufsspielerin ausbilden zu lassen.

Beim TC Luitpoldpark wird sie als Italienerin geführt, weil ihre Mama Rosaria in Neapel geboren ist, aber lange in Karlsruhe gelebt hat und deshalb Deutsch mit badischem Einschlag spricht. "Ich spreche kein Wort Deutsch, aber mir gefällt es in München sehr", sagt Jade Lewis. Das ist nicht unwichtig, weil sie die nächsten Monate hier verbringen muss. Die bayerische Landeshauptstadt wird ihr Rückzugsort für die Turniere in ganz Europa sein. "Ich will mich in der Weltrangliste nach oben spielen ", erzählt Lewis. Nebenbei schlägt sie in der zweiten Liga Süd für Luitpoldpark auf. Das macht sie ziemlich gut, in den ersten beiden Saisonspielen gegen den TC Großhesselohe (3:6) und den TC Radolfzell (5:4) gewann sie ihre beiden Einzel. "Ich fühle mich wohl auf dem roten Sand", sagt sie, obwohl die Bälle ein wenig anders springen als auf dem grünen Sand, den sie aus den Vereinigten Staaten gewohnt ist. Doch solche kleine Veränderungen machen ihr nichts aus. Sie liebt diese Herausforderungen. Während sie abseits des Platzes sehr schüchtern und leise auftritt, verwandelt sie sich auf dem Court zu einer extrovertierten und selbstbewussten Spielerin, die viel reifer auftritt, als es ihr junges Alter vermuten lässt. Sie spielt ein aufregendes und variables Tennis, sie streut Stoppbälle ebenso ein wie mutige Netzangriffe. Und sie bleibt innerlich auch dann meistens noch ruhig, wenn die entscheidenden Momente im Match beginnen.

Aufregend und nervenstark: Jade Lewis eifert unter anderem ihrem Onkel Chris nach, der mal im Wimbledon-Finale stand. (Foto: Claus Schunk)

Diese besondere mentale Stärke hat sie sich wohl von ihrem Onkel Chris Lewis abgeguckt, mit dem sie in Neuseeland auch des Öfteren noch übt. Jade träumt davon, ihm nacheifern und eines Tages so erfolgreich wie er auf der Profitour spielen zu können. Chris Lewis gewann 1981 die BMW Open in München und erreichte zwei Jahre später sogar in Wimbledon das Endspiel, in dem er dann die Stärke von John McEnroe anerkennen musste. "Hoffentlich", sagt sie, "kann ich es auch mal unter die besten 100 der Welt schaffen."

Mit dem kleinen Filzball ist sie groß geworden, Jade Lewis hatte eigentlich nie ernsthaft eine Chance, etwas anderes zu machen. Sie bereut das nicht. "Ich spielte außerhalb der Schule zwar auch gerne Golf, aber Tennis stand immer mit Mittelpunkt." Nicht nur ihr Onkel war Tennisprofi, auch ihr Opa und ihr Vater repräsentierten Neuseeland im Davis Cup und schafften es in der Weltrangliste bis auf einen Rang um die 150. Mark Lewis, der dritte Bruder, gerät dabei immer schnell in Vergessenheit, obwohl er als Trainer einen deutschen Spieler einst zum Wimbledonsieg geführt hat. 1991 war das, und der deutsche Spieler hieß Michael Stich. Der gebürtige Elmshorner und Mark Lewis hatten sich beim MTTC Iphitos kennen gelernt, wo der Neuseeländer Trainer und Stich Bundesligaspieler war.

In Neuseeland wird deshalb die Karriere von Jade Lewis genau verfolgt. Sie ist der jüngste Spross einer erfolgreichen Tennisdynastie und steht deshalb häufig im Mittelpunkt. Sie trägt die großen Hoffnungen einer kleinen Tennisnation auf ihren schmächtigen Schultern. Doch das scheint sie nicht besonders zu beeindrucken. "Ich spiele nicht Tennis, weil ich es muss, sondern weil ich es will", sagt Jade Lewis. Dass sie durchaus alles mitbringt, um später mal auf der großen Tour reüssieren zu können, deutete sie zu Beginn des Jahres beim WTA-Turnier in Auckland an, als sie in der Qualifikation der Top-100-Spielerin Lauren Davis nur knapp in drei Sätzen unterlag.

Zeit, um München und die Umgebung mit den Seen und Bergen kennen zu lernen, bleibt da kaum. Am Pfingstsonntag machte sie sich mit ihren Eltern zumindest zum Marienplatz auf, wo der FC Bayern seine 26. Meisterschaft feierte. Am Tag danach verlor sie ihr drittes Saisonspiel gegen Ludwigshafen im dritten Satz. Vielleicht sollte Jade Lewis doch noch häufiger Rahmspätzle bestellen.

© SZ vom 17.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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