SpVgg Unterhaching:Glücklich in der Hölle

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Leuchtende Corona: Fünf Siege, 12:0 Tore, nur noch zwei Punkte bis zum Relegationsplatz – die SpVgg Unterhaching, hier nach dem Treffer zum 1:0 in Magdeburg, überstrahlt im Moment alle anderen Teams der 3. Liga. (Foto: Daniel Reinelt/imago/Eibner)

Haching gewinnt zum fünften Mal in Serie ohne Gegentor. Nach dem 3:0 in Magdeburg rückt der Aufsteiger ganz nah an Platz drei heran.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Minutenlang standen die Magdeburger Spieler aufgereiht vor ihren Fans und ließen sich geradezu frenetisch feiern. Man musste Claus Schromm beipflichten, der feststellte, dass man nach der Drittligapartie seiner SpVgg Unterhaching beim 1. FC Magdeburg nicht habe feststellen können, wer denn nun der Sieger gewesen sein könnte. "Die Stimmung war immer noch Wahnsinn", sagte der Hachinger Coach angesichts der Party in der Kurve der Gastgeber. Dabei hätte eigentlich er zu diesem Zeitpunkt auf einer Ehrenrunde sein müssen: Die Rot-Blauen hatten das Spiel beim Tabellenzweiten nämlich 3:0 (2:0) gewonnen und damit den Abstand zu Relegationsplatz drei auf nur noch zwei Punkte verkürzt.

Trainer Schromm lobt den Gegner - und verschweigt, dass die SpVgg nun selbst Aufstiegskandidat ist

Dass der Sieg verdient war, stand völlig außer Frage, vor allem nach der Pause hatten die Gäste aus dem Landkreis München das Spiel völlig im Griff. Dennoch übte sich Schromm hinterher in der Kunst der Untertreibung, indem er einerseits - das allerdings nicht ganz zu Unrecht - betonte, das Ergebnis sei "zu hoch" ausgefallen. Vor allem sein Plädoyer in der Pressekonferenz nach dem Spiel wirkte dann aber wie eine unnötige Ehrerbietung an den Gegner, der immerhin gerade von einem Aufsteiger nach allen Regeln der Kunst auseinandergenommen worden war: "Wenn ihr so weitermacht, habt ihr irgendwann 80 oder sogar 90 Punkte. Ihr werdet aufsteigen und das wünschen wir euch auch", sagte er in Richtung der Magdeburger.

Dass sich auch seine eigene Mannschaft mehr und mehr zu einem Aufstiegsaspiranten mausert, verschwieg Schromm geflissentlich. Dabei sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache: Die SpVgg feierte ihren fünften Sieg in Serie, kassierte dabei kein einziges Gegentor. Nichts ist mehr zu sehen von der Naivität, mit der man zu Saisonbeginn in Bremen 0:3 unter die Räder gekommen war. Und selbst im Vergleich zum 1:4 gegen Großaspach vor einem Monat wirkt der Neuling gereift. Dazu passt, wie man sich auf den zu erwartenden Hexenkessel mit mehr als 16 000 Zuschauern in Magdeburg vorbereitete: "Wir haben uns vom Kopf her darauf eingestellt", sagte Thomas Hagn, der auf der linken Seite für Finn Porath in die Startelf rückte. "Wir wussten, dass wir hier punkten können, wenn wir mit der entsprechenden Einstellung ins Spiel gehen würden."

Hagn war es auch, der den Torreigen eröffnete, und zwar schon nach weniger als zwei Minuten. Eine Kombination über Alexander Winkler, Stephan Hain und Sascha Bigalke schloss er mit einem satten Schuss aus spitzem Winkel ab, Torwart Jan Glinker ließ den Ball ins kurze Eck rutschen. Magdeburg reagierte mit wütenden Angriffen, ein Versuch von Nils Butzen rauschte am Pfosten vorbei, dann zog Julius Düker aus halbrechter Position ab, der Ball ging durch die Beine von Hachings Kapitän Josef Welzmüller, doch Torwart Korbinian Müller parierte glänzend (17.). Nach einer verunglückten Kopfballrückgabe von Welzmüller stürmte Keeper Müller aus seinem Kasten, Björn Rother setzte seinen 16-Meter-Schuss neben den verwaisten Kasten (27.). Überragend wehrte Müller schließlich einen Schuss von Philip Türpitz aus sechs Metern ab, während die Hachinger vorne ihre zweite Chance zum zweiten Tor nutzten: Abermals bereitete Bigalke vor (sein neunter Assist in der laufenden Spielzeit), Hain scheiterte zunächst noch an Torwart Glinker, den Abpraller köpfelte der SpVgg-Torjäger dann aber über die Linie (44.) - Saisontreffer Nummer zehn für Hain. Kurz danach bewahrte Glinker seine Kollegen sogar noch vor einem höheren Pausenrückstand, als er einen Hain-Kopfball aus dem Winkel fischte (45.).

"Die Geschichten des Spiels waren auf Unterhachinger Seite", sagt Magdeburgs Trainer Härtel

Die Gastgeber fanden im zweiten Abschnitt nicht mehr zu ihrer Linie, blieben ohne jede weitere Gelegenheit; Haching spielte nun locker die Zeit runter. Und kam sogar noch zum dritten Tor, weil sich der immer stärker werdende Linksverteidiger Max Dombrowka aus 25 Metern ein Herz fasste und die Kugel ins rechte untere Eck hämmerte (65.). Thomas Steinherr und Maximilian Bauer vergaben die letzte Doppelchance, ehe die Feierlichkeiten bei Siegern und Besiegten begannen. "Obwohl mir ein Kollege vorher gesagt hatte, dass das hier die Hölle ist, wollten wir die Aufgabe von der ersten Minute an genießen", sagte SpVgg-Trainer Schromm später. Dass dann "die Geschichten des Spiels auf Unterhachinger Seite" waren, wie es Magdeburgs Trainer Jens Härtel ausdrückte, wollte sein Gegenüber nicht abstreiten: "Wir sind glücklich in Führung gegangen, hatten dann in der Druckphase von Magdeburg ebenfalls das nötige Quäntchen Glück und auch das 2:0 kurz vor der Pause war eine Verkettung glücklicher Umstände", resümierte Schromm, der froh sein konnte, dass ihm niemand im Vorfeld der Partie ein Remis angeboten hat: "Das hätte ich auf jeden Fall unterschrieben."

© SZ vom 23.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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