SpVgg Unterhaching:Ellenbogen raus

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Nach zwei Jahren Amateurliga ist die SpVgg zurück im sogenannten bezahlten Fußball. Aber noch nicht da, wo sie hin will: im gut bezahlten Fußball.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Rund 48 Stunden vor dem Punktspielstart steht ein älterer Herr vor dem Zaun des Unterhachinger Trainingsgeländes. Das heißt: Eigentlich sitzt er. Er steigt gar nicht wirklich ab von seinem Fahrrad, so als wolle er nur mal kurz vorbeischauen beim Training der Spielvereinigung - und dann schnell wieder weiter. Die Zuschauerzahl eins beim Training, das ist jetzt nicht besonders viel mehr oder weniger als im vergangenen Jahr, als Hachings Fußballer in der Regionalliga spielten, oder vor drei Jahren in der dritten Liga oder vor zehn Jahren in der zweiten. Auch der Kader hat sich im Sommer kaum verändert. Torwart Stefan Marinovic ist weg (Vancouver/MLS), Angreifer Stefan Schimmer ist neu, sie nennen ihn "Bomber". Wenn Schimmer, nun ja, einschlägt ... nein, dann werden wohl auch nicht mehr Zuschauer zum Training kommen.

Auf den ersten Blick verändert die Ligazugehörigkeit auch diesmal überhaupt nichts an der Atmosphäre im Sportpark, und das, obwohl die Mannschaft als Drittligist nun eigentlich die zweite Kraft im Münchner Fußball ist. "Wir freuen uns, dass es losgeht", sagt Mittelfeldspieler Dominik Stahl, "eine schöne Sache" nennt Präsident Manfred Schwabl die dritte Liga. Haching ist mit 20 Punkten Vorsprung in der Regionalliga und zwei souveränen Aufstiegsspielen gegen die SV Elversberg aufgestiegen. Aber euphorisch hört sich das alles nicht gerade an.

"Ich will da noch etwas loswerden", sagt Schwabl noch. Und zwar, dass man in der dritten Liga nur etwa ein Zehntel des Geldes aus der Fernsehvermarktung erhält wie in der zweiten Liga. Die Kluft sei enorm, das wirtschaftliche Risiko in der dritten Liga ungleich größer. Schwabl klingt in diesen Momenten wie sein Vorgänger Engelbert Kupka.

Natürlich wird auch vieles anders sein. Am Samstag, zum Auftaktspiel bei Werder Bremen II, wird die Mannschaft mit dem Flugzeug reisen, das hätte es in der Regionalliga vermutlich nur bei einer Direktverbindung München-Hof gegeben. Immerhin spart man sich so Bus- und Hotelkosten. Im Fall eines Sieges wird die Mannschaft ein Drittel der Siegprämie für die Begleichung der Reisekosten abtreten.

Unterhachings Trainer Claus Schromm. (Foto: Sven Leifer/imago)

Der Kader ist stark, sehr stark. Und die Erwartungshaltung deshalb nicht gerade klein, auch aufgrund der jüngeren bayerischen Fußballgeschichte. Die Würzburger Kickers und Jahn Regensburg haben es vorgemacht, in den vergangenen beiden Jahren gelang dem Meister der Regionalliga Bayern jeweils der direkte Durchmarsch in die zweite Bundesliga. "Aller guten Dinge sind drei", sagt Trainer Claus Schromm mit einem bittersüßen Lächeln. Natürlich sei das angesichts dieser so unberechenbaren Liga nicht ernst gemeint. Das Ziel ist aber klar: "Ich werde keine Ruhe geben, ehe wir nicht ein solider Zweitligist sind." Er findet, dass ein Durchmarsch dem Verein nicht guttun würde. Da reiche "ein Blick in den ersten Stock" der Geschäftsstelle. Der Klub wäre mit der zweiten Liga in so kurzer Zeit wohl überfordert. Das Ambiente im Sportpark gibt ihm Recht.

Unterhaching wird weiter ohne einen echten Hauptsponsor spielen, auch wenn im Dezember die Ausgliederung der ersten Mannschaft in eine GmbH ansteht. Dass die Liga einen neuen Generalsponsor hat, ändere an der finanziellen Lage wenig. Vorerst gibt es nicht einmal einen Trikotsponsor, so wie schon einmal zu Beginn der Saison 2011. Außerdem wird die Osttribüne des Sportparks auf absehbare Zeit nicht betretbar sein. Lange Zeit war Taubendreck der Grund, nun aber geht es um ernstere Probleme: Der Beton zeigt Risse, es gibt so genannte Versetzungen. Die Schließung gilt erst einmal auf unbestimmte Zeit. "So als Trainer immer auf eine leere Tribüne zu schauen - hm", sagt Schromm. Doch das ästhetische Problem ist das kleinere. Die Stadionkapazität sinkt damit nämlich auf 10 500, und das bedeutet, dass der Sportpark nicht zweitligatauglich ist. Erste Gespräche für einen Umbau oder eine Sanierung des Stadions gebe es, hieß es am Rande eines Pressegesprächs. Die Rede ist aber von 2020.

Rein sportlich lautet die größte Herausforderung für die Hachinger: Ellenbogen raus. Die Liga werde härter sein, die Mannschaft müsse nun mehr auf die Defensive achten als vorige Saison, "die Null halten", wie Schromm sagt, geduldiger spielen. In der Liga ankommen und dann schauen, was möglich ist. Sollte dem Team der Durchmarsch gelingen - es müsste sich sehr viel ändern im Hachinger Sportpark.

© SZ vom 21.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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