Snowboard:Durchblicker

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Auch von einer dicken Nebelsuppe ließ sich Patrick Bussler beim Weltcup-Debüt im türkischen Kayseri nicht stoppen. (Foto: Miha Matavz)

Patrick Bussler fährt beim Snowboard-Weltcup in der Türkei auf Platz drei und gewinnt wichtige Punkte für seinen Kaderstatus und die erste Startgruppe

Von Ralf Tögel, Aschheim

Große Gefühlsregungen sind bei Patrick Bussler die Ausnahme, Deutschlands erfolgreichster alpiner Snowboarder ist ein Mensch der leiseren Töne. Dabei hätte er am vergangenen Wochenende genügend Grund für ein Freudentänzchen gehabt, denn der Aschheimer erreichte beim Weltcup in der Türkei als Dritter sein mit Abstand bestes Resultat der laufenden Saison. Bisher war der 31-Jährige über den 15. Rang in Bad Gastein nicht hinausgekommen, angesichts der bisherigen Ergebnisse drohte Bussler in dieser wegen des schneearmen Winters ohnehin dezimierten Saison der Verlust seines Kaderstatus sowie des Verbleibs in der ersten Startgruppe. Die 600 Punkte vom Parallel-Riesenslalom in Kayseri waren indes der erhoffte Befreiungsschlag.

Der B1-Kaderstatus jedenfalls ist gesichert, was eine bessere Unterstützung durch den Verband gewährleistet. Auch der Verbleib in der ersten Startgruppe, der einen Platz unter den besten 16 Weltcupfahrern garantiert, ist nach diesem Erfolg wieder sehr nahe. Bisher kannte Bussler die Türkei nur von einem Urlaubsbesuch in seiner Kindheit, der zweite Besuch in diesem Land wird ihm nachhaltiger in Erinnerung bleiben. Nicht viele verbinden die Türkei mit Wintersport, dabei wirbt das Skigebiet am 4000 Meter hohen Vulkan Erciyes unweit der Millionenstadt Kayseri in Kapadokien mit Schneebedingungen ähnlich denen der kanadischen Rocky Mountains. Davon war am vergangenen Sonntag allerdings nicht viel zu merken, die Bedingungen waren "sehr schwierig", fand Bussler.

Plusgrade um die fünf Grad Celsius machten den Schnee schwer, zudem legte sich ein äußerst dichter und hartnäckiger Nebelteppich auf den Berg. Es waren "schlechte Pistenverhältnisse", sagte Bussler, der als Dritter für die Qualifikation ausgelost wurde. Eigentlich ein Vorteil, aber "ich habe einen Fehler gemacht und landete auf dem 15. Platz". Bussler ist ein Grübler, der schnell an sich zweifelt, doch er zwang sich dieses Mal, "mir selbst gut zuzureden". Mit Erfolg, fortan kämpfte er sich mit einer starken Fahrt nach der anderen ins Halbfinale. Dort allerdings war der spätere Sieger Andreas Promegger aus Österreich einen Tick besser, Bussler stand im kleinen Finale gegen den Russen Andreij Sobolow. Dem allerdings ließ er keine Chance und sicherte sich mit 0,39 Sekunden Vorsprung den Platz auf dem Siegerpodest. Es war gleichzeitig das beste Resultat der Snowboard-Männer in diesem Winter.

Bussler sieht den Erfolg als das Ergebnis harter Arbeit. Denn seine hartnäckige Knieverletzung, die erst kurz vor Saisonbeginn richtig ausgeheilt war, hatte Spuren hinterlassen. "Durch den Knorpelschaden hatte ich Probleme mit der Kraft im Bein", erklärt er, denen er in den vergangenen Wochen aber mit intensivem Training im Kraftraum entgegenwirkte. Das zahlte sich aus, weshalb der Ascheimer den dritten Platz feinsinnig als "Arbeitserfolg" bezeichnet. Das Wochenende in der Türkei brachte zudem die Gewissheit, dass die bisher bescheidenen Ergebnisse "nicht an der Technik gelegen haben, sondern an der Kraft". Schon im Training habe er versucht, "weniger technisch anspruchsvoll zu fahren", mehr zu attackieren, sich auf "die Basics zu konzentrieren". Und das Ganze lockerer anzugehen. In den finalen Läufen in Erciyes jedenfalls hatte er eine "Alles-oder-Nichts-Einstellung", erklärt der 31-Jährige, und damit den richtigen Zugang zu diesem Rennen. Keine Spur von "dem mentalen Durchhänger", der den Zweifler Bussler im bisherigen Saisonverlauf gehemmt hatte.

Dieses Gefühl will Bussler nun auf die Piste in Winterberg transportieren, dort wird am kommenden Sonntag die Saison für die alpinen Snowboarder mit einem Parallel-Riesenslalom beschlossen. In dieser Disziplin könnte er ebenfalls noch ein paar Weltcup-Punkte gut gebrauchen, wenngleich der jüngste Erfolg den Druck von ihm genommen hat. "Bei mir funktioniert es nur, wenn der Kopf frei ist", weiß er, was im Heimrennen am Sonntag auch der Fall sein sollte. Denn die wohl letzten ganz großen Ziele des Patrick Bussler kommen erst noch: 2017 die Weltmeisterschaft in der Sierra Nevada in Spanien und natürlich die Olympischen Spiele von Pyeongchang in Südkorea ein Jahr später. In Sotschi war Bussler 2014 Olympia-Vierter, auch ein Gedanke, der beflügeln kann.

© SZ vom 02.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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