Snooker:Kleiner Gentleman

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William Frey gilt als eines der besten deutschen Snooker-Talente. Der 15-jährige Münchner hat honorige Unterstützer

Von Johannes Heil, München

Ein Snooker-Tisch ist ein guter und vor allem strenger Lehrer. Mit seiner schieren Größe und seinen entsetzlich engen Taschen vermittelt er auf eine unerbittliche Art und Weise schnell ein gehöriges Maß an Respekt. Das Münchner Nachwuchstalent William Frey hat neben besagtem Snookertisch einen weiteren, noch besseren Lehrer: den ehemaligen Profi Lasse Münstermann. Der 35-Jährige gilt als bester deutscher Snookerspieler aller Zeiten. Münstermann ist einer von bisher nur zwei Deutschen, die es jemals auf die Profi-Tour geschafft haben. Im Jahr 2000 war das, mittlerweile aber hat er seine aktive Karriere beendet und sich darauf verlegt, sein Snookerwissen als Trainer weiterzugeben. Unter anderem an den 15-jährigen William Frey aus München.

Einmal pro Woche treffen sich die beiden für drei Stunden gemeinsames Training, entweder beim Ersten Münchner Snooker Club in Eching oder am Snookertisch von Richard von Rheinbaben in Tutzing, der mit seiner Firma Eurobuch, einer Internet-Suchmaschine für Bücher, die Karriere des Nachwuchstalentes fördert. "Wir arbeiten an allen erdenklichen Facetten des Spiels", sagt Münstermann, "am Ende des Tages muss man alle Komponenten des Spiels beherrschen."

Dass das Trio zusammenfand, ist einem Zufall geschuldet. Als sich der Unternehmer und Hobby-Spieler auf die Suche nach einem Snookertisch machte, holte er sich Rat beim Münchner Snooker Club, der dann den Kontakt zwischen den beiden und auch zu Lasse Münstermann herstellte. "Dort haben sie mir gesagt, dass sie derzeit ein absolutes Ausnahmetalent in ihren Reihen haben", erzählt von Rheinbaben, dann habe sich die Kooperation einfach ergeben.

Die Grundlagen des Sports bekam der Hochtalentierte von seinem Vater beigebracht, selbst ein guter Snookerspieler, so Frey: "Den richtigen Stand und wie man das Queue hält, habe ich von ihm gelernt." Die Arbeit mit Münstermann bewege sich auf einem Level, das diese Grundlagen deutlich übersteigt. Taktische Feinheiten und Positionsspiel stünden beispielsweise auf der Agenda. "Ab einem gewissen Niveau liegt der Fokus wieder auf dem, was auf dem Tisch passiert", erläutert Münstermann. Als Frey noch kleiner war, hatte er mit ganz anderen Problemen zu kämpfen, die im Training auch schon mal unkonventionell behoben wurden: "Ich musste mich immer auf eine Bierkiste stellen, damit ich richtig an die Kugeln herankommen konnte", erinnert sich der Jugendliche.

Klarer Fokus: Das Münchner Snooker-Talent William Frey möchte 2016 bei der deutschen Meisterschaft mitspielen. Dann ist er alt genug. (Foto: Franz-Xaver Fuchs)

Die besondere Faszination des Sports liege für ihn im Zusammenspiel zwischen Kopf und Körper. Beide Komponenten müssten stimmen, wenn man erfolgreich sein wolle. Auch der respektvolle Umgang mit dem Gegenüber gefalle ihm gut, sagt Frey. Bevor er die Liebe zum Gentlemen-Sport Snooker entdeckte, hatte er auch Fußball, Tischtennis und Taekwondo probiert - wo der faire Umgangston gelegentlich fehle. Das könne zwar auch mal beim Snooker vorkommen, sei aber eher die Ausnahme, sagt Frey: "Auch im Snooker gibt es ein paar wenige schwarze Schafe."

Während William Frey dies erzählt, baut Coach Münstermann im Hintergrund die nächste Übung auf. Die Einheiten entwirft der Trainer zum großen Teil selbst, individuell zugeschnitten auf seinen Schüler: "Wenn ich ein Problem in seinem Spiel erkenne, merke ich mir das und überlege, was ich für eine Übung daraus basteln kann", sagt Münstermann. In seiner Rolle als Trainer und Mentor fühlt er sich sichtlich wohl, die Zeit als Profi vermisst er nicht: "Ich habe das acht Jahre lang durchgezogen, das genügt." Wenn er heute an den Tisch tritt, dann in seiner Freizeit: "Das ist dann schön und tut gut." Als Münstermann mit elf Jahren mit dem Sport begann, waren die Möglichkeiten überschaubar: "Mir hat mein Vater alles beigebracht." Professionelles Training gab es nicht, das will er ändern und dem Nachwuchs eine adäquate Betreuung bieten.

"Mit Rechtseffet?", fragt Münstermann kritisch nach, legt die Bälle zurück in ihre ursprüngliche Position und lässt Frey die Übung wiederholen. Es könne manchmal schon etwas nervig sein, sagt der Junior, wenn der Trainer den immer gleichen Stoß aufs Neue üben lässt. "Das muss manchmal sein", meint Münstermann, schließlich hat Frey ehrgeizige Ziele. "Gegen einen Profi anzutreten und zu gewinnen wäre toll", sagt er, am besten in einem Duell, das auch im Fernsehen übertragen wird. Ein weiter Weg, Frey ist trotz seiner Jugend Realist. "Erst einmal will ich an der deutschen Meisterschaft teilnehmen." In einem Jahr könnte Frey dort seine erste Chance bekommen , denn an der DM dürfen Spieler erst ab einem Alter von 16 Jahren teilnehmen. Derzeit belegt Frey auf der German Snooker Tour, bei der es keine Altersbegrenzung gibt, den fünften Platz.

Es ist schwer für Spieler, die nicht aus den Snooker-Hochburgen Großbritannien oder Asien kommen, den Sprung auf die Profi-Tour zu schaffen. In England gibt es Akademien, in denen die Jugendlichen ausgebildet werden, auch in China ist der Sport überaus populär. Davon sei Deutschland noch "Galaxien" entfernt, wie Richard von Rheinbaben sagt. Hier brauche es ein Zugpferd, das die Sportart nach vorne bringt. Vielleicht ja ein talentierter Junge aus München.

© SZ vom 05.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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