Roseninsel-Regatta:Wenn der Höhepunkt ins Wasser fällt

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Ausgerechnet im Jubiläumsjahr des Münchner Ruder- und Segelvereins muss die Regatta der Roseninsel-Achter abgebrochen werden.

Sebastian Winter

Die Ruder-Achter machen sich auf den Weg zum Start auf dem Starnberger See. Bedeutungsschwere liegt an diesem Samstagmorgen über der zwölf Kilometer langen Strecke zur Roseninsel und zurück. Es ist die krönende Veranstaltung eines besonderen Jahres. Der ausrichtende Münchener Ruder- und Segelverein Bayern von 1910 e.V. (MRSV) feiert seinen 100. Geburtstag. Seit 25 Jahren richtet er den Roseninsel-Achter aus, Deutschlands größte Regatta für die rund 18 Meter langen Ruderboote. Allerdings flirrt neben der Feierlichkeit noch etwas anderes durch die kühle Luft am See. Regen. Und, noch schlimmer, auflebender Wind.

Boot unter: So hat sich der MRSV seine Jubiläumsveranstaltung nicht vorgestellt, schon vor dem Start war die Regatta wieder vorbei. (Foto: Georgine Treybal)

Wegen des hohen Wellengangs entscheidet Wettkampfleiter Thomas Thallmair, die schmalen Rennboote nicht starten zu lassen, die höheren Breitensport-Boote aber schon. Das Signal ertönt, doch bereits nach ein paar Sekunden saufen die Mühlheimer Bembel ab. Eines der vierzehn Wasserwachtschiffe eilt herbei und nimmt zwei Ruderer auf. Die anderen sechs Athleten schwimmen samt Steuermann ans Ufer. Kurz danach erwischt es zwei weitere Achter, Thallmair muss das Rennen abbrechen. Kurz nach 12 Uhr verkündet er im Festzelt die bittere Nachricht: "Laut Wetterprognose bekommen wir heute Nachmittag bis zu sechs Windstärken, so dass wir leider nicht mehr rudern können."

Zum ersten Mal muss der traditionsreiche Wettkampf abgebrochen werden, ausgerechnet im Jubiläumsjahr des MRSV. 400 Liter Freibier werden ausgelobt, die Blaskapelle spielt, die Sportler nehmen an einem Ergometer-Wettbewerb teil. Thallmair kann das nicht trösten, in sein Gesicht hat sich pure Enttäuschung eingegraben. Seit Ende 2009 ist der MRSV mit der Vorbereitung beschäftigt, 71 Boote mit 639 Ruderern sollten starten - auch die B-Nationalkader mit ihrem Trainer Peter Thiede, dem früheren Steuermann des berühmten Deutschland-Achters. Thalhammer denkt auch an die etwa 17000 Euro Fixkosten, die die Regatta verschlingt. Doch eigentlich geht es dem MRSV-Ruderwart um Grundsätzlicheres: "Es ist schade. So eine Veranstaltung mit Spitzen- und Breitensport gibt es sonst nirgends."

Auch Vereins-Präsident Arthur Hofer wollte mit seinen Segelfreunden starten, "aber es war absolut richtig, den Wettkampf abzubrechen". Hofers Segelachter ist ein gutes Beispiel für die Philosophie des Vereins. Der am 12. August 1910 von elf Ruderern gegründete und 1948 mit dem Segelverein Starnberg verbundene MRSV versucht, den Spagat zwischen diesen Sportarten zu schaffen, die sonst kein Klub am Starnberger See zusammen anbietet. Von den 670 Mitgliedern sind rund die Hälfte Ruderer, die andere Hälfte Segler, ein Fünftel sind Jugendliche. Es gibt Rudern gegen Krebs und Infarkt, Damenrudern, Kaderrudern, Training für Regattasegler, Jugendsegeln und Kooperationen mit den Gymnasien in Starnberg und Kempfenhausen. Im Verein sind Weltmeister und Europameister, wie die Seglerin Marion Rommel und die Ruderin Andrea Krüger, aber auch 79-jährige Senioren, die bei dem Roseninsel-Achter starten wollten. Die Liste der Erfolge ist lang, die Mitgliederzahl steigt, allein in den vergangenen Jahren um zehn Prozent. Doch oder gerade deswegen hat der MRSV auch Sorgen.

Ehrenamtliche Vorstände und Übungsleiter kümmern sich um Hunderte Veranstaltungen, von der Regatta auf dem See bis zur Wanderfahrt, ein Hausmeister schaut samstags nach dem Rechten, die Geschäftsstelle ist an zwei Tagen pro Woche besetzt. Immerhin haben die Ruderer eine halbe Trainer-Stelle. "Wir müssen uns professionalisieren, der Verein ist einfach zu groß geworden", sagt Präsident Hofer. Die Segler sehnen sich ebenfalls nach einem hauptberuflichen Trainer. Eine neue Verwaltungssoftware wurde angeschafft, die eine freiberufliche Buchhalterin bedienen soll. Und dann ist da noch die Baustelle, auf der Ende des Jahres das neue Bootshaus vor dem Segelhafen stehen soll. Eigentlich sollte die Eröffnung am Samstag sein, bei der Regatta der Roseninsel-Achter. Aber der Bau verzögerte sich. Irgendwie war es einfach nicht der Tag des MRSV Bayern.

© SZ vom 28.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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