Raus aus der Halle, rein in den Sommer:Internationale Sandhochburg

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Im Beachhandball ist Ismaning in Deutschland dominierend

Von David Knapp, Ismaning

Alica Burgert sitzt auf einem Stuhl am Rand der Beachanlage in Ismaning. Es ist warm an diesem Sonntag, die Sonne brennt, aus den Lautsprechern wummert der Bass. Auf dem Spielfeld setzt Melanie Leitl gerade zu einem Sprungwurf an. Akrobatisch dreht sie sich in der Luft um die eigene Achse und knallt den Ball ins Tor. "Sauber!", ruft Alica. Gerne würde sie gerade auch auf dem Platz bei ihren Mitspielerinnen stehen, aber die linke Hand der Freiburgerin ist dick angeschwollen. "Ist aber nix gebrochen, bis Lloret wird das schon wieder", gibt sich die 19-Jährige kämpferisch.

Lloret de Mar, das ist das Ziel von Alica Burgert. Viele 19-Jährige fahren im Sommer in den katalanischen Badeort, wegen Party, Strand und Sonne. Alica Burgert aber will zur Europameisterschaft, die vom 26. Juni bis 5. Juli nahe Barcelona stattfindet. Melanie Leitl, ihre Teamkolleginnen und sie sind U-19-Beachhandball-Nationalspielerinnen. In Ismaning bereiten sich die deutschen Juniorinnen sowie die Frauen auf den Wettbewerb vor.

"Beachhandball ist so was wie die Fun-Variante von Hallenhandball", erklärt Manfred Königsmann, der zusammen mit seinem Ismaninger Vereinskollegen Alexander Novakovic und der Berlinerin Denise Westhäusler den Trainerstab für die U19 und die Frauen des Deutschen Handballbundes (DHB) bildet. Gespielt wird drei gegen drei plus Torhüterin, die ebenfalls mit in den Angriff geht. Neben einem einfachen Tor ist es das Ziel, den Torwart zum Abschluss kommen zu lassen oder mit einem Spin-Shoot - also einer Pirouette in der Luft - einzunetzen. Beide Varianten geben zwei Punkte. Ein Kempa, bei dem ein Pass in der Luft angenommen und direkt ins Tor geworfen wird, bringt sogar drei Punkte. Da Beachhandball auf einem relativ kleinen Feld gespielt wird, ist das Spiel extrem dynamisch - und damit für Zuschauer attraktiv.

Dass die Vorbereitung in Ismaning stattfindet, kommt nicht von ungefähr. Zum einen bietet Ismaning mit seinen drei Sandplätzen ideale Voraussetzungen. Zum anderen wird hier im Norden des Landkreises München seit Jahren auf hohem Niveau Handball gespielt. "Die gute Vereinsarbeit hat sich ausgezahlt", konstatiert Trainer Novakovic. Neben Leitl stehen in Magdalena Frey, Verena Gangnus sowie Christine Königsmann und Kirsten Walter vier weitere Ismaningerinnen im U-19-Nationalteam, Königsmann und Walter zählen darüber hinaus auch zum Frauen-Kader. Der wird durch die beiden Ismaningerinnen Elisabeth Geschwendtner und Alexandra Müller verstärkt. Auch Helena Hertlein, die mittlerweile für den deutschen Rekordmeister HC Leipzig spielt, hat in Ismaning das Handballspielen gelernt. "Die Brüder", wie sich die Ismaninger Beachhandballerinnen nennen, haben in den vergangenen Monaten national wie international Aufsehen erregt. Im August vergangenen Jahres gewannen die Mädchen die deutsche Meisterschaft. Damit qualifizierten sie sich direkt für die Klub-Europameisterschaft auf Gran Canaria, wo sie nur knapp die Bronzemedaille verpassten.

Trotz der Erfolge gibt sich Trainer Novakovic bescheiden, wenn es um die Ambitionen der Nationalteams in Lloret geht: "Wir wollen einfach nur mitspielen, vielleicht den ein oder anderen Gegner ärgern und internationale Luft schnuppern." Ähnlich sieht das Denise Westhäusler, die sich vor allem um die Frauenmannschaft des DHB kümmert: "Wir wollen jetzt mit kleinen Schritten vorankommen und erst mal Hallo sagen." Diese Zurückhaltung liegt auch darin begründet, dass man 2015 das erste Mal seit sechs Jahren wieder internationalen Sand betritt. Bei den Youth Olympic Games 2018 in Buenos Aires wird Beachhandball das erste Mal olympisch sein. Ähnlich wie beim Beachvolleyball entwickelt sich die Barfuß-Variante des Hallenhandballs gerade in eine leistungsorientierte Sportart.

So wird's gemacht: DHB-Trainer Alexander Novakovic instruiert Christine Königsmann. (Foto: Lukas Barth)

Für die Mädchen ist ihr Lieblingssport unter freiem Himmel vor allem eine willkommene Abwechslung zum Hallenmief: "Von der Belastung her ist es was ganz anderes. Hier kann ich mit den Mädels rausgehen und einfach Spaß haben", erklärt Christine Königsmann. Die EM in Spanien ist da natürlich ein Highlight: "Alle freuen sich auf Lloret, wenn es dann endlich losgeht." Erster Gegner ist am 26. Juni Ungarn. "Also ich hab' Bock", sagt Alica Burgert. Die Sache mit der Hand? Ach, das wird schon wieder.

© SZ vom 20.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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