Olympische Jugendspiele:Die Chemie stimmt

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Der Münchner Eistänzer Maximilian Pfisterer hat nach jahrelanger Suche seine Traumpartnerin auf Schlittschuhen gefunden

Von Andreas Overath, München

Sechsmal klingelt es, dann setzt das Band ein. "Herzlich willkommen beim Eis- und Rollsport-Club München", grüßt eine Frauenstimme, die Geschäftsstelle bleibe wegen der Olympischen Jugendspiele bis zum 22. Februar geschlossen. Es ist die Stimme von Michaela Pfisterer, und noch vor einem Jahr hatte sie nicht damit gerechnet, nach Lillehammer zu fliegen, um ihren 18-jährigen Sohn Maximilian laufen zu sehen. Damals hatte sich der Eistänzer gerade von seiner Partnerin getrennt. Nicht zum ersten Mal.

Maximilian Pfisterer ist acht, als er mit seiner zwei Jahre jüngeren Schwester Franziska mit dem Eistanz beginnt. Sie sind erfolgreich, werden zweimal bayerische Meister, nach drei Jahren aber ist Schluss. "Sie hatte keine wirkliche Lust mehr", erzählt Pfisterer, "und unter Geschwistern gibt es eh ständig Krach." In der Folge findet er zwar immer wieder neue Eis-Partnerinnen, mehr als zwei Jahre lang funktioniert es aber mit keiner. Mal ist der Altersunterschied zu groß, mal das Leistungsniveau zu unterschiedlich, oder es passt menschlich nicht. Eines der Mädchen will zurück zum Einzel, ein anderes ist nicht bereit, sein Leben nach dem Sport auszurichten. "Es braucht einfach Willen und Durchhaltevermögen, um im Eistanz erfolgreich zu sein", sagt Maximilian Pfisterer.

Im Februar 2015, kurz vor dem Abitur, unternimmt er einen neuen Versuch. Diesmal im Internet. Auf einer US-amerikanischen Website, die Eistänzer untereinander vermittelt, erstellt er ein Profil und trägt seine Daten, Erfolge und Ziele ein. Weil Männer im Eistanz ohnehin rar sind und Pfisterer außerdem angibt, dass er bereit wäre, den Trainingsstandort zu wechseln, erreichen ihn zahlreiche Anfragen. Aus ganz Europa, aber auch den USA, Kanada und Neuseeland. Pfisterer verabredet Probetrainings; er fährt nach Chemnitz, läuft mit zwei Mädchen in Oberstdorf und fliegt sogar nach Helsinki. "Man beschnuppert sich, schaut, wie die Größenverhältnisse sind, und ob man auf einem Niveau läuft." Es passt nicht.

In dieser Zeit melden sich auch Charise Matthaei und ihr Trainer René Lohse aus Berlin bei Pfisterer. "Wir sind quasi von heute auf morgen nach München geflogen", erinnert sich Lohse. "Man hat sofort gesehen: Zwischen den beiden stimmt die Chemie." Auch Pfisterer sagt: "Charise war im Gegensatz zu vielen anderen Mädchen sehr offen. Wir haben uns direkt gut verstanden." Die beiden laufen zusammen, erst in München, kurze Zeit später dann auch in Berlin. Jetzt passt es.

Weil die 15-jährige Matthaei noch Schülerin ist, zieht Pfisterer im Sommer nach Berlin. Die Trainingsbedingungen überzeugen ihn, er spricht mit Laufbahnberatern des Olympiastützpunktes und beginnt ein Mechatronik-Studium. "Das war sicher kein leichter Schritt für Max. Ich glaube aber, dass es für ihn richtig war, die Heimat zu verlassen und auf eigenen Beinen zu stehen", sagt Lohse, selbst ein ehemaliger Eistänzer, der mit Kati Winkler 2004 WM-Bronze gewann.

Im August 2015 steigen Pfisterer und Matthaei ins Training ein. Bei ihrem ersten Wettkampf im September in Dresden erreicht das Paar 77 Punkte, zwei Wochen später in Berlin knacken sie bereits die 100-Punkte-Marke. "Die Entwicklung war phänomenal, gerade weil die beiden kaum Vorbereitungszeit hatten", erzählt Lohse.

Plötzlich sind die Jugendspiele ein echtes Ziel. "Daran hatte am Anfang ja keiner geglaubt", sagt Pfisterer. Doch die Meldelisten für Lillehammer sind bereits geschlossen. Weil sich der Bayerische Eissport-Verband für das Paar einsetzt, wird es schließlich doch als Nachrücker akzeptiert. Das Ticket für Lillehammer lösen Matthaei und Pfisterer bei der deutschen Junioren-Meisterschaft im Januar, wo sie mit persönlicher Bestleistung Platz zwei belegen.

Wenn das Paar an diesem Sonntag seinen ersten Auftritt bei den Spielen hat, sitzt Michaela Pfisterer auf der Tribüne. Sie wird den beiden zusehen, wie sie zur Filmmusik von "Vom Winde verweht" ins Kurzprogramm starten. Und hoffen, dass sie das verflixte zweite Jahr überstehen.

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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