Olympische Jugendspiele:Zusammen ist man weniger allein

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Tabea Botthof reist mit einer ganz eigenen Geschichte nach Lillehammer. Die Erdinger Eishockeyspielerin misst sich mangels Mannschaft in der Skills Challenge

Von Andreas Overath, Erding

Unter dem Titel "One team, one vision, one dream, one mission!", veröffentlichte Tabea Botthof Anfang Dezember ein Foto auf ihrer Facebook-Seite. Darauf zu sehen: ihr Team, die deutsche U18- Eishockey-Nationalmannschaft der Frauen. Die damalige Vision: die B-Weltmeisterschaft im Januar in Ungarn zu gewinnen und damit in die höchste Spielklasse aufzusteigen. Letztlich musste sie den Traum nach einer Niederlage gegen Japan wieder aufgeben, wirklich enttäuscht sei sie aber nicht gewesen, sagt Verteidigerin Botthof: "Natürlich war unser Ziel der Aufstieg, aber auch Platz zwei ist ein starkes Ergebnis." Nun will sich die Erdingerin ganz auf ihre nächste Mission konzentrieren: die Olympischen Jugendspiele in Lillehammer.

Anders als sonst hat die 15-Jährige, wenn sie an diesem Samstag im Stadion Kristins Hall aufs Eis geht, kein Team um sich. Sie tritt in der Skills Challenge an, einem Einzelwettbewerb, der je einem Athleten und einer Athletin aus Nationen, die sich nicht über das Ranking des internationalen Eishockeyverbandes für das Mannschaftsturnier qualifizieren konnten, die Teilnahme an der Jugendolympiade ermöglicht. "Das ist ein wenig schade, weil es schöner gewesen wäre, mit dem Team nach Norwegen zu fahren. Aber das muss ich ausblenden", sagt Botthof.

Athleten trainieren im Olypischen Amphitheater von Hamar. (Foto: DOSB)

Die Skills Challenge setzt sich aus sechs Teilprüfungen zusammen, von denen jede auf eine grundlegende Fähigkeit im Eishockey abzielt: Geschwindigkeit und Beweglichkeit, Puck-Kontrolle, Schuss- und Passgenauigkeit sowie Schusshärte. In jeder Prüfung, etwa dem Hütchen-Slalom oder dem Zielschießen, ermitteln die 16 Athletinnen im K.-o.-System eine Rangliste. Die besten Acht erreichen das Finale.

"Ich denke, ein Platz unter den ersten fünf ist für Tabea sicher möglich, auch eine Medaille, wenn es gut läuft", sagt U18-Trainer Thomas Kettner, der Botthof in Absprache mit A-Nationaltrainer Benjamin Hinterstocker für die Jugendspiele nominiert hatte. Gerade das Anforderungsprofil der Skills Challenge, so Kettner, habe den Ausschlag für Botthof gegeben. "Wir haben Tabea ausgewählt, weil sie eine komplette Spielerin ist: Sie wurde sowohl läuferisch als auch technisch sehr gut ausgebildet und ist in vielen Bereichen weiter als die meisten in ihrer Altersklasse."

Dabei hatte Botthof verhältnismäßig spät mit Eishockey angefangen. Als Siebenjährige machte sie auf dem gefrorenen Kronthaler Weiher in Erding ihre ersten Erfahrungen mit dem Puck. "Da habe ich schnell gemerkt, dass ich dabeibleiben will." Beim TSV Erding, dessen Eishalle nur wenige Hundert Meter von ihrem Elternhaus entfernt liegt, lernte sie die Grundlagen. Heute spielt sie mit der gemischten Schülermannschaft in der Bayernliga und sammelt erste Erfahrungen in der Frauen-Bundesliga beim ESC Planegg. "Es ist in meinem Alter normal, sich zusätzlich ein Frauenteam zu suchen, in das man sich integrieren kann. Das läuft parallel, bis der Punkt kommt, wo man bei den Jungs nicht mehr mithalten kann. Wann das ist, muss man individuell entscheiden."

Es ist nicht die einzige Entscheidung, die für die Gymnasiastin ansteht. Schon im Sommer 2017 wird Botthof, die eine Klasse übersprungen hat, ihr Abitur machen. Danach möchte sie studieren und weiter Eishockey spielen. Eine Möglichkeit wäre auch, nach Übersee zu gehen, wo sie mit einem Stipendium Studium und Sport ideal kombinieren könnte. Angesprochen wurde sie bereits. "Ich überlege mir gerade, mich für ein Eishockey-Camp in Kanada anzumelden. Zum Abschluss wird ein Turnier in Boston gespielt, bei dem die Trainer der Universitäten Talente sichten", erzählt Botthof, sagt aber auch, dass es extrem schwierig sei, eines dieser Stipendien zu erhalten.

Die Olympischen Jugendspiele in Lillehammer wolle sie einfach nur genießen, sagt Botthof, die sich aber sicher freuen würde, am Ende auf dem Siegertreppchen zu stehen. Sie hätte damit ein weiteres Ziel erreicht und sich einen kleinen Traum erfüllt. Ein Foto wäre es allemal wert, selbst ohne ihr Team.

© SZ vom 12.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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