Linksaußen:Der Krake von Gegenüber

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Was Karnevalstintenfisch und Fußballer gemeinsam haben? Ihr Talent beim Täuschen, geht es daneben wird der eine gefressen. Auch beim anderen kann es böse Folgen haben.

Von Ralf Tögel

Beim indonesischen Mimik-Oktopus, den man hierzulande in Ermangelung eines offiziellen deutschen Namens der Einfachheit halber nach wie vor als Karnevalstintenfisch bezeichnet, muss man die Verwechslungsgefahr als besonders hoch bezeichnen. 1998 wurde das possierliche Tierchen vor der Küste der indonesischen Insel Sulawesi erstmals gesichtet, was schon insofern eine beachtliche Leistung ist, da der schauspielerisch bemerkenswert talentierte Kopffüßler bis zu 15 andere Meeresbewohner imitieren kann. Dazu gehören unter anderen die Flunder, giftige Seeschlangen, träge Meeresschnecken, andere Tintenfische, die mit dem Seestern verwandten Schlangensterne, der Riesenkrake gar, diverse Muscheln, Rochen, Quallen, Seeanemonen und Krebse. Der wundersame Meeresbewohner, der zur Familie der echten Kraken zu zählen ist, beschränkt sich dabei nicht nur darauf, seine Form und Farbe dem aktuell gewählten Vorbild anzupassen. Der Karnevalstintenfisch imitiert auch dessen Verhalten. Ziel der Täuschung ist dabei stets, nach Möglichkeit nicht verspeist zu werden. Man weiß ja nie, wonach anderen der Appetit steht.

Nun ist dieses Schicksal beim herkömmlichen Fußballer eher als gering einzustufen. Großes schauspielerisches Talent darf man aber auch der Spezies der Fußballer getrost zuordnen. Die Gefahr der Verwechslung ist ebenfalls nicht zu unterschätzen, gleichen sich die herausgeputzten Kicker mit ihren Gelfrisuren oder Hipster-Bärtchen oft wie ein Krake dem anderen. Das gleiche Gewand tragen sie sowieso, weshalb irgendwann das Trikot mit dem Namenszug auf dem Rücken erfunden wurde.

Eine sinnvolle Idee, die aber gerade in der Vorbereitungszeit gründlich zu überdenken wäre. In solchen Zeiten kann die Fluktuation arg steigen, Spieler werden auf den letzten Drücker ausgetauscht, einer Krankheit oder eines plötzlichen Vereinswechsels wegen, andere zur Probe. Im Testspiel der Fürstenfeldbrucker Handballer gegen den HC Erlangen steckte kürzlich ein Huber im Trikot von Hoffmann, ein Hild in jenem von Ball.

So richtig schwierig wird das Ganze in den untere Klassen, denn dort gibt es zur eindeutigen Identifizierung der Mitwirkenden lediglich Zahlen auf dem Rücken. Welch böse Folgen das haben kann, war beim Testspiel des TSV Geiselbullach gegen Obermenzing zu erfahren. Dort hatte ein Spieler den Schiedsrichter als "geistig behindert" bezeichnet, weswegen man ihn hätte in die Javasee vor Sulawesi versenken sollen. Der Referee indes notierte sich krakenschlau die Rückennummer des Schurken und zeigte diesen bei der örtlichen Polizeidienststelle in Olching wegen Beleidigung an. Dummerweise hatte Geiselbullachs Trainer (siehe oben) ein paar Trikots vor der Partie ausgetauscht, weshalb der falsche Mann verdächtigt und verfolgt wurde. Als die Sache publik wurde, eilte der Trainer zur Polizei, um das Missverständnis aufzuklären. Nun soll eine Gegenüberstellung Klarheit bringen. Bei diesem Gedanken ist es immerhin beruhigend zu wissen, dass der gemeine Fußballer beim Tarnen und Täuschen dann doch nicht ganz an den Karnevalstintenfisch heranreicht.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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