Jubiläum:Schmückendes Beiwerk

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Auch nach 60 Jahren versteht sich der FC Aschheim als Fußballklub. Dennoch hat er einen Olympia-Snowboarder und einen Hochsprung-Europameister hervorgebracht

Von Stefan Galler

Als Siegfried Weiß senior bei der Jahreshauptversammlung des FC Aschheim im Februar in die Runde blickte, war er schon verwundert: Bürgermeister Thomas Glashauser war gekommen, und Bernhard Slawinski, der Kreisvorsitzende des Bayerischen Fußball-Verbands. Da mag ihm schon geschwant haben, dass die Überraschungsgäste seinetwegen erschienen sein könnten. Prompt ergriffen beide das Wort und zeichneten den 72 Jahre alten Funktionär zunächst mit der Ehrenpräsidentschaft des FCA und dann mit der Verbandsehrenmedaille in Gold aus. Ein verdienter Lohn für den starken Mann des Vereins, der diesem bereits seit 40 Jahren vorsteht. Womit er sogar den ewigen Präsidenten der SpVgg Unterhaching, Engelbert Kupka, überflügelt hat - der war dort "nur" 39 Jahre lang am Ruder.

"Es ist schon eine recht lange Zeit", sagt Weiß, der keineswegs amtsmüde wirkt und sich auch beim diesjährigen Festprogramm zum 60. Geburtstag seines FC Aschheim nach Kräften einbringt. Am vergangenen Wochenende gab es eine Ehrung für die Gründungsmitglieder; vom 2. bis 6. Juni wird richtig gefeiert, etwa mit Konzerten von "Isarrider" und "Ois Easy", mit Festzug und Oldtimer-Corso.

Eine spezielle Veranstaltung hob die Leichtathletik-Abteilung zum 60-Jährigen in den Kalender: Erstmals fand am Samstag ein Hochsprung-Meeting des Vereins statt, zu dem bayerische Spitzenathleten und U 20/U 23-Nationalspringer kamen. Der Wettkampf steht in der Tradition des Kirchheimer Hochsprungmeetings, das zwischen 2001 und 2009 ausgetragen wurde und sich großer Beliebtheit erfreute. Allerdings hatte Aschheims Organisator Ernestino D'Andreta mit Problemen zu kämpfen: "Der Termin Mitte Mai ist zu früh für Spitzenathleten, das passt nicht in deren Trainingsprogramm", weiß der Leichtathletik-Funktionär. Auch Tobias Potye, Aschheimer Eigengewächs, das seit 2015 für die LG Stadtwerke München startet, musste passen. Hinzu kam das mäßige Wetter über Pfingsten. In der U23 siegte Sven Glück (TV Schierling) mit 1,99 Meter vor Aschheims Lucas Gasser (1,79 m). "Unser Ziel ist es, uns als Veranstaltung in Bayern, das ja absolute Hochsprung-Diaspora ist, zu etablieren", sagt D'Andreta, der jedoch weiß, dass ein Meeting in großem Stil kostspielig ist: "Ohne Sponsoren geht es nicht."

Mit einem Hochsprung-Meeting feierte der FC Aschheim seinen 60. Geburtstag, Lucas Gasser wurde Zweiter. (Foto: Claus Schunk)

Die Sparte im FCA boomt, sagt D'Andreta: "Seit zwei Jahren sind wir gewaltig gewachsen, wir mussten viele neue Übungsleiter holen, um die Flut an Kindern zu bewältigen." Im Vorjahr hatte der FC die Kreismeisterschaften Oberbayern-Südost ausgerichtet, das Konzept der Abteilung passt zu diesem Wettkampf, denn es gehe ihnen einerseits darum, Breitensport anzubieten, andererseits wollen sie auch besondere Talente fördern. In Christoph Kurz hat der Verein nach Potye, U20-Europameister von 2013, wieder einen Ausnahme-Hochspringer, er ist im Winter bayerischer U20-Hallenmeister geworden und belegte bei der deutschen Hallenmeisterschaft in Dortmund mit 2,03 Metern Rang vier.

Gut möglich also, dass wieder ein Repräsentant des FCA überregional bekannt wird. So wie das dem Snowboarder Patrick Bussler in den vergangenen Jahren gelungen ist. Er gewann 2009 bei der WM in Südkorea Bronze im Parallel-Riesenslalom und schrammte 2014 in Sotschi als Vierter in der gleichen Disziplin nur knapp an einer Olympiamedaille vorbei. "Patrick ist ein toller Werbeträger für uns", sagt Siegfried Weiß, der dennoch klarstellt, dass die Kerndisziplin seines Vereins der Fußball bleibt: "Wir haben uns ja 1956 als Abteilung sozusagen selbstständig gemacht, erst später gründete ich dann die Leichtathletik-, Skisport- und Volleyballsparte."

Seit 40 Jahren steht Siegfried Weiß dem FC Aschheim vor. Der Fußball soll Mittelpunkt bleiben - und der Anspruch sei die Bezirksliga. (Foto: Lukas Barth)

Deshalb ist es sehr im Sinne des Vorsitzenden, dass es auch im Fußball nach ein paar schwierigen Jahren langsam wieder bergauf geht. In der Saison 2014/15 wäre der frühere Bezirksoberligist beinahe in die Kreisklasse abgerutscht, erst ein 8:1-Kantersieg am letzten Spieltag gegen Akgüney Spor München verhinderte das. In der laufenden Saison hielt sich der Klub im Mittelfeld der Kreisliga 3 auf. Für Manager Thomas Pietzuch ist die Trendwende geschafft: "Unser Anspruch ist auf alle Fälle die Bezirksliga. Wir möchten etwas Grundsolides aufbauen und keine Fahrstuhlmannschaft werden." Präsident Weiß ergänzt: "Bezirksliga, da gehören wir hin." Nächstes, spätestens übernächstes Jahr soll die Rückkehr gelingen.

Garant einer soliden Zukunft soll Trainer Heinz Tochtermann sein; der 60-Jährige kickte einst für den VfB Stuttgart sechsmal in der Bundesliga, anschließend für 1860 München, die SpVgg Bayreuth und den SC Freiburg 128 Mal in Liga zwei. "Ein ehrgeiziger, akribischer Typ, der offen und kommunikativ ist und auch bei den Jungen eine gute Ansprache findet", sagt Pietzuch. Der Kader sei eine gute Mischung aus erfahrenen Kräften und Talenten aus den eigenen Reihen, wie Kapitän Marian Kaun, Patrick Müller, Präsidenten-Enkel Martin Weiß oder Mittelfeldspieler David Müller, ein gebürtiger Gelsenkirchener.

Der erfolgreichste Sportler des Vereins ist Snowboarder Patrick Bussler. (Foto: Imago)

Die Zukunft des Vereins scheint also gesichert, selbst falls Siegfried Weiß 2020 nicht nur wie angekündigt sein CSU-Mandat im Aschheimer Gemeinderat niederlegt, sondern auch als FCA-Vorsitzender zurücktreten sollte. Er wäre dann 76 Jahre alt. Und sein Verein gerade mal 64.

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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