Hockey:Neun Punkte Abstand

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MSC-Frauen können für Final Four planen, die Männer müssen hoffen

Von Katrin Freiburghaus, München

Der Kontext ist eine verzwickte Angelegenheit, bewirkt er doch, dass ein und dieselbe Sache höchst unterschiedliche Effekte zeitigt. Ein Schuhplattler zum Beispiel, formvollendet vorgetragen, wird auf dem Münchner Frühlingsfest wohl uneingeschränkt auf Gegenliebe stoßen, während er beim Vortanzen an einer Ballettschule jähes Entsetzen hervorruft. Ähnlich verhält es sich beim Münchner Sportclub mit dem Anblick der Bundesliga-Tabellen. Die Frauen festigten am vergangenen Wochenende ihren zweiten Platz in der ersten, die MSC-Männer ihren zweiten Platz in der zweiten Liga. Während das für die Frauen jedoch ein Grund zur Freude war, hatte es bei den Männern das vorläufige Ende der Aufstiegsträume zur Folge.

Vor dem Doppelwochenende hatte der Tabellenerste TuS Lichterfelde neun Punkte Vorsprung auf die MSC-Männer gehabt. Weil der MSC noch ein Nachholspiel in der Hinterhand hat, hätte er das Rennen um den einzigen Aufstiegsplatz im direkten Duell am Sonntag neu beleben können. Doch das 2:2 (1:1) genügte nicht, der Abstand blieb. "Das hilft uns nicht weiter", resümierte MSC-Trainer Stefan Kermas entsprechend zerknirscht, "aber wir werden mit der Rocky-Mentalität weitermachen: Es ist erst vorbei, wenn es vorbei ist."

Auch Kapitän Felix Greffenius betonte, "dass wir bis zum letzten Wochenende voll dranbleiben werden: Wenn Lichterfelde patzt, sollten wir da sein". Das Problem ist indes weniger die Motivationsfähigkeit des MSC, sondern die Konstanz der Randberliner: Bislang haben sie elf ihrer zwölf Spiele gewonnen, das Remis in München war der erste Punktverlust überhaupt. Und auch wenn sich Kermas weigerte, die Aufstiegschance als unrealistisch abzutun, räumte Greffenius ein: "Die Wahrscheinlichkeit, dass das noch klappt, ist sehr gering." Das Ziel Wiederaufstieg sei damit aber nicht vom Tisch, höchstens vertagt. "Der Anspruch bleibt. München braucht einen Bundesligastandort", sagt der 32-Jährige, mittelfristig wolle man den wieder bieten.

Obwohl sich am Wochenende niemand über das Ergebnis freute, kommt es zumindest einem Vorhaben zu Gute, das angesichts des relativ hohen Durchschnittsalters des Kaders immer präsenter wird: der Integration des Nachwuchses. "Die Situation nimmt uns den Druck und gibt uns die Chance, dass wir uns zusammen weiter entwickeln können", sagte Greffenius. Die großteils aus der eigenen Jugend aufgestiegenen Talente bräuchten "noch ein, zwei Jahre", mittel- bis langfristig sieht er sie aber als "stützende Säulen".

Die Frauen befassen sich derzeit mit kurzfristigeren Zielen. Sie dürfen nach ihrem Auswärtssieg beim bis dahin unbezwungenen Tabellenersten Düsseldorf am Samstag ziemlich sicher für die Endrunde der ersten Vier planen. Obwohl das Team von Trainer Benjamin Lang ohne Anissa Korth, Katrin Zollner (private Gründe) und Elena Willig (Muskelfaserriss) angetreten war, bezwang es nach Köln und dem UHC Hamburg in der Vorwoche nun auch das letzte Team aus dem Spitzenquartett. "Rechnerisch ist es noch lange nicht durch", sagte Lang, "aber wenn wir das jetzt nicht schaffen sollten, sind wir absolut selber Schuld und hätten es auch nicht verdient, zum Final Four zu fahren." Das Polster der Frauen auf Rang fünf dürfte den Männern schrecklich bekannt vorkommen: neun Punkte. Ob man das als komfortabel oder aufholbar empfindet, ist eine Kontextfrage.

© SZ vom 26.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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