Herrsching:Votum gegen die Volleyballer

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Bundesligist Herrsching zürnt über die Gemeinderats-Entscheidung, das Thema Multifunktionshalle ad acta zu legen.

Von Sebastian Winter, Herrsching

Fritz Frömming war gerade in Kroatien, Urlaub machen, doch der Teammanager von Herrschings Volleyballern fuhr wenig entspannt nach Hause zurück. Herrschings Bürgermeister Christian Schiller hatte ihn in den Ferien angerufen und lapidar mitgeteilt, dass der Gemeinderat den Bau der gewünschten Eventarena nicht weiter verfolgen werde. "Der Bürgermeister hat das Thema klar negativ verkauft", sagt Frömming. TSV-Marketingmanager André Bugl wird noch deutlicher: "Wir wussten, dass wir scheitern können. Aber das ist auch persönlich und menschlich eine Enttäuschung. Wir kommen uns verarscht vor, das kann man nicht anders sagen." Vor allem, weil Schiller sich während der Saison bei Heimspielen in der Nikolaushalle noch von 1000 Zuschauern habe feiern lassen - und dort seine Unterstützung für das Projekt zugesagt habe. Offenbar war die Entscheidung knapp, 9:12, nicht alle Gemeinderäte waren demnach anwesend. Ansonsten drang kaum etwas aus der letzten nicht-öffentlichen Gemeinderats-Sitzung vor den Sommerferien.

Die Herrschinger Volleyballer gehen nach dem Aufstieg im Jahr 2014 in ihre vierte Erstliga-Saison. Sie haben sich langsam, aber stetig professionalisiert - Bugl zufolge gehen sie mit zehn Profis, so vielen wie noch nie, und einem Etat von gut 500 000 Euro in die neue Spielzeit. Doch die alte Nikolaushalle ist ihre Achillesferse. Sie fasst zu wenige Fans und ist zu niedrig, um den Ansprüchen der Volleyball-Bundesliga (VBL) gerecht zu werden, die dem Klub vom Ammersee deshalb nur eine Ausnahmegenehmigung erteilt hat. Diese läuft noch bis zum Ende der Saison 2019/20 - ist allerdings verknüpft mit der Pflicht, bis dahin eine Nachfolgelösung gefunden zu haben. Also eine neue Arena, denn regelkonforme Hallen gibt es im weiten Umkreis nicht - oder sie sind, wie die Münchner Olympiahalle, viel zu teuer.

Dass die Gemeinde die Multifunktionsarena, die die Volleyballer im Sinn hatten, nun abschmettert, ist ein herber Schlag für den Erstligisten. Im Februar noch hatten die Volleyballer im Gemeinderat drei Hallen-Alternativen samt Nutzungskonzept vorgestellt, die jeweils 2500 Zuschauern Platz bieten und zwischen drei und zwölf Millionen Euro kosten sollten. Die Gemeinde hätte demnach kein Risiko getragen, weil eine Betreibergesellschaft Bau und Instandhaltung der Halle übernommen hätte. Investoren hatte der Klub nach eigenen Angaben auch schon zur Hand. Die Gemeinde wäre Eigentümerin des Grundstücks geblieben und hätte es an den TSV verpachtet. Die Präsentation stieß damals auf Begeisterung, Bugl jubelte: "Wir haben unser erhofftes positives Stimmungsbild."

Offenbar ist die Stimmung gekippt, nachdem die Volleyballer in einer weiteren nicht-öffentlichen Sitzung im Mai ihre konkreten Pläne zum Standort des Grundstücks und zur Finanzierung vorgestellt hatten. Eine angedachte dritte Runde kam jedenfalls nicht zustande. Das Grundstück am Herrschinger Moos, einem Naturschutzgebiet zwischen Ammer- und Pilsensee, gilt als sensibles Gebiet, früher waren schon Pläne, das neue Gymnasium dort zu bauen, gescheitert. Eine andere Möglichkeit, die Sporthalle der neuen Realschule erstligatauglich zu bauen, war ebenfalls auf Ablehnung gestoßen. Auch in der VBL-Zentrale in Berlin dürfte diese Nachricht auf wenig Begeisterung stoßen, für die Dachvereinigung der Volleyball-Bundesligisten sind moderne Multifunktionsarenen ein Kernaspekt ihres Professionalisierungsplans. "Die VBL ist genauso enttäuscht wie wir. Sie bestärkt uns aber, weiterzukämpfen, weil sie in uns einen starken Partner mit eigener Marke sieht", sagt Teammanager Frömming: "Wir geben dieses Projekt jedenfalls nicht auf."

Die TSV-Volleyballer fassen nun wieder Alternativen ins Auge. Plan B ist ein Bürgerbegehren zum Hallenthema; Plan C die Suche nach Standorten in anderen Gemeinden, "in direkter Umgebung von Herrsching", wie Bugl betont, womit man aber hiesige Sponsoren vergraulen dürfte. Das Thema ist kompliziert, es geht auch darum, dass der TSV sportlich in Windeseile über dieses beschauliche Kommune am Ammersee hinausgewachsen ist - und nun eben die nötige Infrastruktur fehlt. In eine 10 000-Einwohner-Gemeinde lässt sich auch nicht im Handumdrehen eine große Multifunktionsarena pressen, die ein Viertel der Bevölkerung fassen soll.

Immerhin: Die kommende Saison lässt dieses Thema unberührt, der TSV kann seine Heimspiele wie gehabt in der Nikolaushalle austragen. Allerdings müsste der Klub vom Playoff-Viertelfinale und Pokal-Halbfinale an in eine Alternativ-Arena umziehen. Das schreiben die VBL-Statuten vor. Trainingsstart für die Herrschinger ist am 21. August, in gut zwei Wochen also. Trainer Max Hauser hat seinen gesamten Kader zur Verfügung, nur der Kanadier Andre Brown reist erst eine Woche später nach Herrsching. Diesen Ort, der sich nun erst einmal gegen Profisport entschieden hat.

© SZ vom 05.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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