Handball:Weltenbummlerinnen

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Handball-Zweitligist Gröbenzell verliert auch gegen Kirchhof. Die HCD-Frauen bleiben aber trotz ihres großen Rückstands optimistisch am Tabellenende.

Von Ralf Tögel, Gröbenzell

Es war wieder einer dieser Ausflüge in eine "andere Welt". Damit meinte Hendrik Pleines den jüngsten Gegner seiner Zweitliga-Handballerinnen des HCD Gröbenzell, die SG 09 Kirchhof. Etwas mehr als 500 Einwohner zählt der Ortsteil von Melsungen, gelegen im nordhessischen Schwalm-Eder-Kreis, bekannt für seine gute Luft. Noch bekannter indes für seine Handballer, die MT Melsungen zählt spätestens seit dieser Saison zu den Schwergewichten der Männer-Bundesliga, was zu einem nicht unerheblichen Teil an der Unterstützung durch ein ortsansässiges Pharma- und Medizinbedarfsunternehmen liegt. Und davon profitieren auch die Zweitligafrauen aus dem Ortsteil im Osten der Stadt. Der Kader der SG Kirchhof liest sich jedenfalls wie eine kleine Europa-Auswahl, eine ehemalige kroatische Erstliga-Torschützenkönigin, zwei international erfahrene Polinnen, eine ehemalige tschechische Nationalspielerin, eine Dänin, eine Niederländerin und so weiter. Möglichkeiten, von denen Pleines nur träumen kann, wie er sagt, die 31:40-Heimpleite kam somit nicht überraschend.

Grund zur Hoffnung: Drei der bisher vier erspielten Punkte wurden in der Rückrunde geholt

Dabei steht Kirchhof in der Liga lediglich im Mittelfeld auf Platz sechs, hat zwar nur zwei Zähler Rückstand auf den Dritten Mainz, der Aufstieg bleibt dennoch ein Wunsch. Den dürfte sich Buchholz-Rosengarten nicht mehr nehmen lassen, die Niedersächsinnen haben erst zwei Minuspunkte auf dem Konto. Beleg für die Qualität in der eingleisigen zweiten Liga ist dies allemal, in der die Mannschaft des HCD immer wieder an Grenzen stößt. Gröbenzell ist Tabellenletzter mit lediglich vier Zählern auf der Habenseite, der Rückstand auf den ersten Nichtabstiegsplatz beträgt bereits elf Zähler, dennoch ist von Resignation nichts zu spüren beim Schlusslicht - nach wie vor. "Vielleicht will ich es ja nicht erkennen", sagt Pleines ganz offen, er habe jedenfalls in keiner einzigen Trainingseinheit einen "emotionalen Knick" bei den Spielerinnen beobachtet. Zum einen, weil der HCD eigentlich eine starke Rückrunde spielt, drei der vier bisher erworbenen Zähler entstammen selbiger. Besonders überzeugend war das Remis beim Tabellendritten Mainz, auch beim Zweiten Ketsch spielte der HCD auf Augenhöhe, unterlag erst in der Schlussphase knapp.

Gegen die Gäste aus Kirchhof war Svenja Jaenicke (re.) mit acht Treffern beste HCD-Torschützin, einer der positiven Aspekte der Partie. (Foto: Günther Reger)

Außerdem zieht der Trainer immer wieder kleine, positive Erkenntnisse aus den Partien, selbst aus der jüngsten Heimniederlage: Wie sich die Nachwuchskräfte Annalena Pelz (1 Tor) auf Rechtsaußen oder Lisa Antl (3) am Kreis in dieser elitären Spielklasse zurechtfinden, oder wie schnell Amelie Bayerl (5) nach ihrer langwierigen Verletzungspause zur Bestform zurückfindet. "Unsere Außen haben ein sehr gutes Spiel gemacht", womit der Trainer neben Pelz auch Beatrice Mazzucco (4) sowie die routinierte Katharina Wohlrab (3) meinte. Positiv war auch, wie neben Bayerl die Rückraumspielerinnen Sina Fischer (4), Svenja Jänicke, mit acht Treffern beste Torschützin, und die junge Verena Oßwald (1) in die Bresche springen.

Denn es gilt bekanntlich, den Ausfall von Rückraumallrounderin Vera Balk zu kompensieren. Für die beste Gröbenzeller Torschützin, die bis zu ihrem Kreuzbandriss für genau ein Drittel der HCD-Treffer verantwortlich gezeichnet hatte, ist die Saison längst beendet. Und im Gegensatz zu Mannschaften wie Kirchhof, die in der Regel derlei Verletzungspech mit Nachverpflichtungen begegnen, ist das beim Tabellenletzten keine Option.

Was im jüngsten Spiel gar nicht funktionierte, offenbart der Blick auf das Ergebnis: "40 Gegentore, das ist nicht unser Anspruch", erklärte der Trainer, "egal gegen wen wir spielen." Dabei habe seine Mannschaft nicht einmal schlecht verteidigt, so Pleines, allerdings hatten beide Torhüterinnen einen rabenschwarzen Tag erwischt. Der Vorwurf des Trainers hielt sich dennoch in Grenzen, er erinnerte lieber daran, welchen Aufwand Ines Flesch und Lidia Radovanic auf sich nähmen. Freilich gilt es, sich zu steigern, sonst schwindet selbst die theoretische Chance. Neun Spiele sind noch zu absolvieren, am kommenden Samstag gastiert die FSG Waiblingen-Korb (Samstag, 18 Uhr, Wildmooshalle), jener Kontrahent, der in der vergangenen Drittliga-Saison vor dem HCD Erster wurde und sich zudem per Fusion mit den besten Kräften aus Waiblingen verstärkte.

Die württembergische Spielgemeinschaft ist zwei Punkte hinter Kirchhof, also Teil jener Welt, der sich der HCD ein weiteres Stückchen nähern will.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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