Handball:Triumph im Vorbeiflug

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Ersatzgeschwächte TuS-Handballer gewinnen in Herrenberg.

Von Ralf Tögel, Fürstenfeldbruck

"Ich habe mir schon ein bisschen den Kopf zerbrochen." Eigentlich müsste man Martin Wild nach dieser Aussage eine gewisse Nähe zu Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen unterstellen, der deutsche Adlige aus dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg hat es bekanntlich nicht immer so ganz ernst genommen mit der Wahrheit. Damit würde man dem Trainer der Fürstenfeldbrucker Handballer Unrecht tun, wenn dieser seine Gefühle vor der so wichtigen Drittliga-Partie bei der SG Herrenberg beschreibt. Diese musste der TuS ohne den überragenden Torschützen der Vorwoche antreten, Sebastian Meinzer fehlte wegen einer Schleimbeutelentzündung im Knie. Der Sebastian Meinzer, der beim so wichtigen Heimsieg gegen Rödelsee eine Woche zuvor so überragend gespielt und 13 Tore erzielt hatte. Nun also ging es ohne ihn ins Württembergische, für den Trainer eine gewohnte Situation. Seit Saisonbeginn muss er Rückschläge verkraften und improvisieren. Es gelang erneut famos, der TuS gewann in Herrenberg mit 29:36 Toren.

Sebastian Meinzer ist ein gutes Beispiel dafür, was diese Brucker Mannschaft von Woche zu Woche leistet. Vor einem Jahr noch spielte Meinzer für Trudering in der Landesliga, nun muss er gegen Teams wie Rödelsee Verantwortung übernehmen. Teams mit Akteuren wie Bostjan Hribar oder Rok Ivancic, Berufshandballer, deren Vergangenheit in europäischen Topligen oder bei Weltmeisterschaften zu suchen ist, nicht in der fünften deutschen Spielklasse. Meinzer warf gegen Rödelsee mehr Tore als die beiden ehemaligen slowenischen Nationalspieler zusammen. "Er ist in der dritten Liga angekommen", beschreibt Wild die Topform des kantigen Rückraumspielers, der nun außer Gefecht ist: Meinzer wurde am Sonntag operiert.

Auch kein Problem für den gebeutelten TuS, der auch noch den Ausfall von Rechtsaußen Korbinian Sparn wegstecken musste: Sparn ist Arzt und hatte Dienst im Krankenhaus. Immerhin glückte das Comeback von Marcus Hoffmann, was ebenfalls risikobehaftet war, der Brucker Toptorschütze war gerade von einer Verletzung genesen und konnte die vergangenen Wochen nicht trainieren. Sieben Treffer steuerte der flinke Außen bei, sechsmal traf Johannes Stumpf, der sich vor Wochenfrist im Spiel gegen Rödelsee nach 45 Sekunden eine leichte Gehirnerschütterung zugezogen hatte. Es ist eine abenteuerliche Geschichte, die der TuS in dieser Spielzeit erzählt, und eine Erklärung dafür, dass den Trainer nichts aus der Ruhe bringen kann.

Zumal sich immer wieder einer findet, der über sich hinauswächst. Dieses Mal war das Korbinian Lex, der wie Meinzer aus Trudering zum TuS gewechselt war, allerdings schon vor zwei Jahren. Besonders der linke Rückraumspieler behielt die Übersicht in einer hitzigen Partie vor 700 Zuschauern. Nur zu Beginn ließen sich die Brucker überraschen, lagen schnell 2:7 (11.) hinten. Es ist auch eine Qualität dieser jungen Mannschaft, dass sie sich nie entmutigen lässt und immer an die Grenzen geht. Beim 10:11 (18.) war der Anschluss geschafft, zur Halbzeit lag Bruck zwar 16:18 hinten, aber der Gegner war in Reichweite.

Auch nach dem Wechsel war es ein ansehnliches Ringen, Herrenberg zog zwar noch einmal auf 25:21 weg, doch als Lex mit zwei Treffern den 26:26-Ausgleich schaffte, brachen bei den Gastgebern alle Dämme. "Die waren stehend k.o.", berichtete Wild, der für eine sehr fordernde Trainingsarbeit bekannt ist. Diese zahlt sich zunehmend aus, "wir sind in den letzten 15 Minuten an ihnen vorbeigeflogen", so Wild. Wie wichtig dieser Sieg war, zeigt ein Blick auf die Tabelle. Bruck und Herrenberg sind punktgleich mit Balingens Bundesliga-Reserve, die auf dem ersten Abstiegsplatz steht. 17 Punkte hat der TuS bisher gesammelt, "eigentlich in Ordnung", findet Wild. Wäre die Liga nur nicht so ausgeglichen, denn bei acht ausstehenden Partien "sollten wir mindestens noch drei gewinnen", rechnet der Trainer vor.

Das kommende beim Primus Leutershausen zählt nicht dazu, das könne man "ganz ohne Druck angehen", meint Wild. In welcher Formation? "Sicher ohne Sebastian Meinzer", sagt Wild, dann müsse man sehen. Er sei ganz entspannt. Man darf ihm das glauben.

© SZ vom 03.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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