Handball:Traumhafte Umgebung

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Impulsgeber: Der Rückraum mit Svenja Jänicke (am Ball), Vera Balk (re.) und Amelie Bayerl ist das Rückgrat des Gröbenzeller Spiels. (Foto: Johannes Simon)

Nach 24 Jahren kehrt der HCD Gröbenzell in die zweite Bundesliga zurück. Für den kleinen Verein Erlebnis und Herausforderung zugleich - das beginnt schon bei der Anreise.

Von Heike A. Batzer, Gröbenzell

Es ist lange her: 1990 hatten es Gröbenzells Handballerinnen schon einmal bis in die zweite Bundesliga geschafft - und sich dort drei Jahre gehalten. Nun ist der kleine Verein mit dem Namen HC Damen Gröbenzell, der sich seit seiner Gründung vor 45 Jahren ausschließlich dem Frauen- und Mädchenhandball widmet, dorthin zurückgekehrt. Vom "Highlight in der Vereinsgeschichte" spricht der Vorsitzende Rüdiger Hoch, denn die zweite Liga hat gegenüber früher an Anspruch gewonnen. Eingleisig ist sie inzwischen, die 14 Gegner des HCD sind über ganz Deutschland verteilt, die weitesten Fahrten führen nach Hamburg, Berlin und Hannover. Dorthin reist man nicht mal eben so für 60 Minuten Punktspiel. Das Team wird die weiten Strecken im Zug zurücklegen, zurückgefahren wird dann erst einen Tag später.

Alles Neuland für den kleinen Klub aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck. Auch die Finanzierung musste erst gestemmt werden. Beim Deutschen Handball-Bund musste der Verein eine Bankbürgschaft in Höhe von 30 000 Euro hinterlegen, der Etat für den Spielbetrieb liegt Hoch zufolge bei etwas mehr als 100 000 Euro. Alle Spielerinnen müssen bei der Berufsgenossenschaft gemeldet und sozialversichert werden. Alle anderen Zweitligisten würden ob der HCD-Zahlen "wohl schmunzeln", vermutet Hoch. In Gröbenzell aber ist man froh, dass sich die vielen kleinen Sponsoren weiter engagieren, dass auch neue dazu gewonnen wurden und dass zudem viele Spenden eingingen. Um die hatten die Spielerinnen selbst gebeten, unter anderem mit kleinen Videoclips auf der Facebookseite des Vereins. Nach Gröbenzell kämen Handballerinnen nicht, weil sie hier großes Geld verdienen könnten, sagt Hoch, sondern "weil sie das Erlebnis zweite Bundesliga mitmachen wollen".

Die Ehrfurcht ist groß: "Wir haben alle Respekt", sagt Vorsitzender Rüdiger Hoch

Der Kader wurde gegenüber der vergangenen Saison, in der man als Tabellenzweiter aufstieg, punktuell verändert. Man setzt weiterhin auf Spielerinnen, die im Verein groß geworden sind, und solche, die zum Studium nach München kommen und sich nach einem höherklassigen Handballverein umschauen. Neu sind Rechtsaußen Annalena Pelz, 21, die nach diversen Verletzungen aus Beyeröhde nach München zurückgekehrt ist, sowie Kreisläuferin Lisa Antl, 17, "eines der größten Talente in Bayern", wie Co-Trainer Harald Fischer sagt. Sie soll auch im Gröbenzeller A-Jugend-Bundesligateam spielen. Natürlich setzen sie auch auf die Impulse aus ihrem schlagkräftigen Rückraum, angeführt von Juniorennationalspielerin Amelie Bayerl. Den Verein verlassen wird die lange verletzte Torhüterin Lisa Sagert, die in Graz ein Medizinstudium beginnt. Auch Aline Fischer, 27, hat ihre aktive Laufbahn beendet. Die Tochter des Co-Trainers wird sich künftig als Individualtrainerin um ihre Nachfolgerin auf der Kreisläuferposition kümmern. Am Sonntag nach dem ersten Heimspiel der neuen Saison wird Fischer offiziell verabschiedet.

In der FSG Mainz 05/Budenheim ist am Sonntag um 16 Uhr gleich zum Start ein Gegner zu Gast, den Harald Fischer unter die drei Top-Teams der Liga einordnet. Den ungewöhnlichen Sonntagstermin haben sie sich selbst ausgesucht, weil die meisten anderen Handballvereine noch spielfrei sind und man die Hoffnung hegt, dass viele Zuschauer direkt aus den Sommerferien in die Halle kommen. Eigens zur Zweitligasaison wurde auch die Heimspielstätte überholt und mit neuem Boden, neuen Linien, einem neuerdings auffällig roten Wurfkreis und neuen Sitzbänken für die Zuschauer ausgestattet. Knapp 300 kommen im Durchschnitt, zu Spitzenspielen sind es schon mal doppelt so viele. Auch vor knapp anderthalb Jahren spielten sie vor einer großen Kulisse, als Gröbenzell den Aufstieg in zwei Relegationsspielen gegen den TuS Lintfort knapp verpasste. Viele Tränen sind Harald Fischer davon in Erinnerung geblieben, weshalb das Ziel für die vergangene Saison schnell feststand: Man wollte unbedingt in diese zweite Liga. Im zweiten Anlauf hat es nun geklappt.

In der bevorstehenden Spielzeit wollen sie wie die meisten Neulinge den Klassenerhalt schaffen. Seit Mitte Juni haben sie sich mit viel Fleiß und Schweiß darauf vorbereitet. Das Team sei "sehr charakterfest", lobte Trainer Hendrik Pleines, der privat mit Mannschaftsführerin Sina Fischer liiert ist, seine "disziplinierte, arbeitswillige Mannschaft" kürzlich in einem Interview mit dem lokalen Internetmagazin Dachau TV. Nun hoffen sie, dass zum Auftakt alles glatt geht.

Die Abläufe in der Halle, erzählt Rüdiger Hoch, habe man schon während der Woche getestet und "eine kleine Generalprobe" gemacht mit Soundcheck, Hallensprecher und dem Anbringen der Werbebanner. "Wir haben alle Respekt", sagt Hoch fast ein wenig ehrfurchtsvoll. Dass es auch schief gehen kann, zeigte jüngst der SVG Celle. Vor einer Woche musste der Klub seine Insolvenz bekannt geben. Er wäre Team Nummer 16 in der zweiten Bundesliga gewesen.

© SZ vom 09.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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