Handball:Flasche fliegt

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Schwerer Rucksack: "Wir wollten nach den zwei schlechten Spielen da raus", sagte Aline Fischer, neben Vera Balk erfolgreichste HCD-Werferin. (Foto: Günther Reger)

Drittligist HCD Gröbenzell meldet sich mit einem Zittersieg gegen Möglingen im Titelrennen zurück

Von Fabian Swidrak, Gröbenzell

Hendrik Pleines entschied, dass es besser wäre, seine Wasserflasche außer Reichweite zu schaffen, sie hinter der Ersatzbank abzustellen. Zu groß war die Gefahr, dass das Gebinde bei einem weiteren emotionalen Ausbruch durch die Halle segeln könnte. Eineinhalb Minuten waren noch zu spielen, die Drittliga-Handballerinnen des HCD Gröbenzell führten mit einem Tor. Trainer Pleines lief nervös umher, musste mit ansehen, wie seine Mannschaft Chance um Chance vergab, ehe Vera Balk elf Sekunden vor Schluss den Ball zum 24:22 (9:10)-Endstand im Tor des TV Möglingen versenkte. Endlich.

"Ich bin total am Ende", sagte Pleines nach einer auch für ihn strapaziösen Partie, in der die Gröbenzellerinnen erst bis in die zweite Halbzeit einem Rückstand hinterhergelaufen waren und es dann mehrfach verpasst hatten, sich entscheidend vom Gegner abzusetzen. Viel zu oft versagten den Spielerinnen die Nerven, selbst vermeintlich einfache Würfe gingen am Tor vorbei. "Unsere mentale Ausgangslage war heute katastrophal, das hat man gemerkt", erklärte Pleines.

Seine Mannschaft schien verunsichert nach dem missglückten Start ins neue Jahr, dem schlechten Spiel in Bietigheim (23:23) und der deutlichen 20:28-Niederlage beim SC Korb vor zwei Wochen. "Schon im Training hat man gemerkt, dass die Sicherheit nicht da ist. Uns hat die Leichtigkeit gefehlt. Aber das ist auch nicht einfach, wenn du gegen Korb so auf die Mütze bekommst", erklärte der Trainer. Bei einer Niederlage gegen Möglingen hätte sich Gröbenzell zumindest vorerst aus dem Titelrennen verabschiedet: "Das ist schon ein Rucksack, den du da mit dir herumschleppst." Durch den ersten Sieg im neuen Jahr verbleibt der HCD nun neben den punktgleichen Korb und Möglingen sowie Spitzenreiter Allensbach, der einen Punkt besser ist, aber auch ein Spiel mehr ausgetragen hat, im Spitzenquartett der dritten Liga Süd. "Das war keine spielerische Glanzleistung. Aber wir waren in einer Phase, in der wir jedes Erfolgserlebnis gebraucht haben", sagte Pleines. Nun könne die Mannschaft wieder entspannter trainieren und sich in Ruhe auf das Auswärtsspiel in Regensburg am kommenden Samstag vorbereiten.

Aline Fischer, neben Vera Balk mit sieben Treffern erfolgreichste Werferin des HCD, meinte: "Wir wollten den Sieg nach den zwei schlechten Spielen mehr als der Gegner, wir wollten da raus." Diesen Willen zeigten Fischer und ihre Mitspielerinnen aber erst gegen Ende der Partie. "In den ersten 50 Minuten war hier niemand auf der Höhe", sagte Pleines. Entsprechend mächtig hatte sich Pleines über die Leistung seiner Mannschaft geärgert - und ab und an auch über die der Schiedsrichter. Als das Unparteiischen-Gespann gegen Ende der ersten Halbzeit seiner Meinung nach zu Unrecht auf Foul gegen Gröbenzell entschied und Johanna Leubner Sekunden später einen Konter mit einem Wurf direkt auf die gegnerische Torhüterin abschloss, schleuderte Pleines seine Wasserflasche wutentbrannt durch die Halle. Im zweiten Durchgang flog die Flasche nach einer weiteren vergebenen Großchance noch einmal durch die Luft. "Das passiert mir leider öfter. Aber besser lasse ich meinen Frust an einer Wasserflasche aus, als dass ich einer meiner Spielerinnen oder einem der Schiedsrichter an den Hals springe", sagte Pleines anschließend.

Die Mannschaft hat sich an den emotionalen Druckausgleich ihres Trainers gewöhnt und sogar einen Weg gefunden, davon zu profitieren: Die Spielerinnen haben das Flaschenwurf-Vergehen in den mannschaftsinternen Strafenkatalog aufgenommen. "Ich weiß nicht auswendig, ob es da bei der zweiten Flasche eine Progression gibt. Im besten Fall kostet mich das heute zehn Euro, fünf für jeden Wurf", rechnete Pleines vor. Das Geld sehe er nie wieder, es sei für die Mannschaftsfahrt am Ende der Saison bestimmt, die ohne den Trainer stattfindet. Immerhin: "Ich bemühe mich schon immer, in Richtung Tribüne zu werfen", sagte Pleines. "Aufs Spielfeld kostet 25 Euro."

© SZ vom 06.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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