Fußball-Regionalliga:Improvisationssommer

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Für den FC Bayern München II kommt der Auftakt zu früh - sechs Spieler fliegen danach mit den Profis nach China.

Von Christoph Leischwitz, München

Im Grunde handelt es sich nur um einen vorübergehenden Saisonstart. Denn die Partie am Freitagabend (19 Uhr) im Grünwalder Stadion ist nichts weiter als eine Pflichtspiel-Insel in einem Sommer, in dem viel improvisiert werden musste und auch noch viel improvisiert wird bei der zweiten Mannschaft des FC Bayern München. Trainer Tim Walter findet, dass dieser Saisonstart "eigentlich zwei Wochen zu früh" komme. Die Sommerpause war ohnehin schon kurz, für Walter gab es gar keine. Als Trainer der U17 gewann er zusammen die deutsche Meisterschaft, da hatten die U-23-Spieler schon mehrere Male auf dem Trainingsplatz geschwitzt. Dann fehlten mehrere Spieler, weil sie bei den Profis gebraucht wurden oder für Deutschlands U19 bei der EM spielten, wo das DFB-Team allerdings schon in der Vorrunde ausschied. Und rund 36 Stunden nach dem Spiel gegen den FC Ingolstadt II fliegen sechs der wichtigsten Akteure mit den Profis nach China - der Spielbetrieb ruht in jener Zeit, in der Niklas Dorsch, Franck Evina, Marco Friedl, Christian Früchtl, Felix Götze und Milos Pantovic in Fernost weilen. Ein Spiel, 15 Tage Pause, dann sechs Spiele innerhalb von 24 Tagen, so sieht der Auftakt für die Bayern aus.

"Wir wollen auf den Punkt bereit sein", sagt Walter über das oberbayerische Nachwuchs-Derby zum Auftakt, "und wir wollen es unbedingt gewinnen". Meister wollen sie werden und aufsteigen, denn das müsse ja der Anspruch der Bayern sein, sagt Walters Assistent Tobias Schweinsteiger. Das Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ) befindet sich zurzeit im Umbruch, auch wenn sich für die U23 gar nicht allzu viel ändert. Doch jene jungen Spieler, die neu zum Regionalliga-Kader stoßen, es sind die letzten der Generation Säbener Straße. Vom 1. August an werden die Jüngeren im neuen NLZ an der Ingolstädter Straße ausgebildet.

Ich nehm' ein halbes Dutzend: Chefcoach Carlo Ancelotti (links) begutachtet die Spieler von FCB-II-Trainer Tim Walter. (Foto: Lackovic/Imago)

Gerade jetzt ist die Jugendarbeit so erfolgreich wie schon lange nicht mehr. Die U19 hat das Meisterschafts-Finale erreicht, die U17 hat eben jenes auch noch gewonnen. Und der ambivalente Trainertyp Walter, dem Vernehmen nach Kumpeltyp und Schleifer in Personalunion, hält nicht nur in einem heißen Sommer viel davon, junge Spieler ins kalte Wasser zu werfen. Der 17-jährige deutsche Meister Lars Lukas Mai kam in den Testspielen zum Einsatz, ebenso wie der 18-jährige Timothy Tillman. Walter hat von Zukäufen weitgehend abgesehen, er geht davon aus, dass die Qualität der jungen Spieler ausreicht, um ein Wörtchen mitzureden in Sachen Meisterschaft. Die beiden Zugänge Angelo Mayer (von 1860 München) und Derrick Köhn (Hamburger SV) werden zunächst noch keine große Rolle spielen: "Mayer ist noch verletzt. Und Köhn ist ein junger Spieler, eher eine Investition in die Zukunft", sagt Walter - Köhn gehört zudem auch erst seit eineinhalb Wochen zum Kader.

Eine offene Planstelle gibt es immer noch, und zwar im Sturm. Karl-Heinz Lappe hatte man ziehen lassen, obwohl der durchaus erfolgreiche Angreifer gerne geblieben wäre. Die Verhandlungen mit Sascha Mölders waren schon fortgeschritten, als der Angreifer der Sechziger plötzlich einen Rückzieher machte und sich entschied, doch mit 1860 in die Regionalliga zu gehen - nach allem, was zu hören ist, übrigens für ein geringeres Salär als das, was ihm der FCB geboten hatte. Eine äußerst ungute Situation für die Bayern, die nun auf einem weitgehend leeren Markt weitersuchen müssen. "Erfahren oder jung gibt's bei mir nicht, nur gut und schlecht", sagt Walter. Gut tun würde ihm ein weiterer Angreifer aber auf jeden Fall noch.

Anfang August empfangen die Bayern einen Mitfavoriten um den Titel, den FC Schweinfurt. Mit Blick auf Sechzig ist man aber aufgrund des Spielplans automatisch in die Verfolgerrolle gedrängt. Aber: "Das interessiert uns erst mal nicht, wir schauen nur auf uns", sagt Walter im Hinblick auf die Tatsache, dass der vermeintliche Mitkonkurrent um den Aufstieg in der Zwischenzeit höchstwahrscheinlich schon einmal ein paar Punkte gesammelt haben wird. Das erste Derby mit den Löwen steht erst Ende Oktober an. Der Sommer der Improvisationen ist dann vorbei, aber vielleicht ist dann für die vielen jungen Spieler das Wasser schon nicht mehr so kalt.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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