Fußball:Privatsache oder Auslaufmodell

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Futsal? Hallenfußball? An diesem Wochenende gibt es im Raum München beides zu sehen. Die Diskussion darüber könnte sich bald erledigt haben

Von Philipp Jakob, München

Schon Wochen vor den Münchner Hallenkreismeisterschaften im Januar 2016 war sich Bernhard Slawinski sicher: "Das geht in die Hose." Recht hatte er. Aufgrund der ungewissen Hallensituation wegen der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen und wegen des mangelnden Interesses der Vereine musste das Turnier abgesagt werden. Heute, gut ein Jahr später, blickt der Vorsitzende des Kreises München im Bayerischen Fußball-Verband (BFV) voller Vorfreude auf diesen Samstag: Die Hallenkreismeisterschaften 2017 stehen auf dem Programm. In Milbertshofen hat sich eine geeignete Halle gefunden, genügend Teilnehmer auch - zehn an der Zahl, darunter der SV Türkgücü-Ataspor. Eigentlich kann dieses Mal also nichts schiefgehen. Wäre da nicht die schier endlose Diskussion um die Zukunft des Hallenfußballs.

Von klassischen Banden oder einem knallgelben Filzball fehlt in Milbertshofen jede Spur. Stattdessen setzen die Organisatoren der Münchner Endrunde schon seit 2014 auf die vor allem in Südamerika und Südeuropa populäre Variante Futsal. Grund dafür ist eine Vorschrift des Deutschen Fußballbundes (DFB), der Futsal, die einzige vom Weltverband Fifa anerkannte Variante des Hallenfußballs mit Auslinien, Handballtoren und einem kleineren, sprungreduzierten Ball auch hierzulande beliebter machen möchte. Auf allen offiziellen Verbandsturnieren soll deshalb ausschließlich Futsal gespielt werden. Das kommt aber nicht überall gut an.

Knapp 30 Kilometer nördlich von Milbertshofen halten sie davon zum Beispiel gar nichts. Landesligist SE Freising trägt ebenfalls an diesem Wochenende das 14. SZ-Hallenmasters aus - da es sich um ein privat organisiertes Turnier handelt, wird klassischer Hallenfußball mit Bande gespielt. Warum? "Weil viele einfach nicht Futsal spielen wollen", begründet Abteilungsleiter Georg Appel. In München und Umgebung hört man diesen Satz öfters. Er dürfte auch eine Rolle bei der Absagenflut zu den Hallenkreismeisterschaften im vergangenen Jahr gespielt haben. "Das ist zwar ein schöner Sport, aber eben anders", sagt Appel. Mit der technisch anspruchsvolleren Variante des Hallenfußballs müsse man sich intensiver beschäftigen, sonst sei die Umstellung zu groß, ein attraktives Spiel nur schwer möglich.

Bei den Hallenmasters in Freising sieht Appel deshalb auch in Zukunft keinen Platz für Futsal: "Das brauchen wir nicht. Ich glaube auch nicht, dass wir ein Zehnerfeld zusammenbekommen würden." Außerdem fürchtet Appel um die Zuschauer. Er erwartet 250 bis 300 Fans. Die könnte er mit Futsal vergraulen. "Das Hallenmasters ist für uns ein Highlight mit Kultcharakter. Das gibt es schon so lange." Allerdings lässt ein Blick in die Glaskugel nichts Gutes für den Hallenfußball erahnen. Zwar wird auf so gut wie keinem privat organisierten Turnier Futsal gespielt. BFV-Mann Slawinski ist sich aber sicher, dass Hallenfußball alter Prägung "irgendwann nicht mehr existent ist".

Vom Boom der Siebziger und Achtziger ist wenig übrig. Das gilt für die Zuschauer wie für die Mannschaften. "Die meisten Vereine wollen keine Hallenturniere spielen, egal ob Futsal oder klassischen Hallenfußball", sagt Franz Hölzl, Abteilungsleiter beim VfR Garching. Ende Januar beginnt für den Regionalligisten die Vorbereitung auf die Rückrunde. Durch Hallenturniere sei die Belastung zu groß. "Die Zeit im Winter möchten die Spieler nutzen, um Urlaub zu machen oder Verletzungen auszukurieren", sagt Hölzl. Auch er ist für die Zukunft des Hallenfußballs eher pessimistisch.

Ein Generationswechsel könnte den Hallenfußball endgültig verdrängen. Nach den Regeln des DFB wachsen Nachwuchsfußballer mit Futsal statt mit Banden auf. Slawinski ist sich deshalb sicher: "Futsal ist die Zukunft." Bald könnten sogar ganzjährige Ligen in Deutschland entstehen, glaubt der Kreisvorsitzende. Die Mannschaften wären losgelöst vom Spielbetrieb auf dem Rasen. "Dann wird es Fußball- und es wird Futsal-Spieler geben", sagt Slawinski. Es wäre wohl zumindest das Ende der Diskussionen.

© SZ vom 07.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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