Fußball-Landesliga I:Die unerklärliche Serie

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„Das war vor Wochen undenkbar“: Neuried bejubelt den sechsten Sieg aus den jüngsten sieben Partien. (Foto: Catherina Hess)

Dem TSV Neuried gelingt am letzten Spieltag der Klassenerhalt, Moosach muss in die Relegation. Womöglich bleiben die De Pratos sogar über die Saison hinaus.

Von Fabian Swidrak, Neuried/Moosach

Spieler, Betreuer und Zuschauer umringten in kleineren und größeren Gruppen die Displays diverser Smartphones. Der TSV Neuried hatte das letzte Saisonspiel gegen Pfarrkirchen gerade 3:0 (2:0) gewonnen. In Freilassing aber, wo parallel der TSV Moosach zu Gast war, wurde noch gespielt. Vom Ergebnis dort hing ab, ob Neuried sich mit dem Sieg den direkten Verbleib in der Landesliga Südost gesichert hatte. Moosach durfte dafür nicht gewinnen. Spieler, Betreuer und Zuschauer verfolgten eine Liveübertragung des Spiels im Internet.

Davide Taurino war einer der wenigen, die nicht in einer der Gruppen standen. Neurieds Trainer lief auf dem Platz umher, fuhr sich mit den Händen durch das Gesicht. Vier, vielleicht fünf Minuten lang. Als der Schlusspfiff in Freilassing dann Jubelschreie in Neuried auslöste, rannte Taurino los, ohne dabei ein erkennbares Ziel zu haben. Die Arme seiner Spieler stoppten ihn schließlich. "Es passiert mir selten, dass ich so angespannt bin", sagte Taurino später. "Das war die Ohnmacht, die ich in der Situation verspürt habe. Das Gefühl, nichts tun zu können."

Bereits zehn Minuten vor dem Ende der Partie in Neuried umarmte Taurino seinen Co-Trainer Robert Frank, nachdem ihn die Meldung vom Treffer zur zwischenzeitlichen 3:1-Führung des ESV Freilassing gegen Moosach erreicht hatte. Taurinos Nervosität kehrte aber zurück, als Moosach kurze Zeit später der Anschlusstreffer gelang, der dann auch der Treffer zum 2:3-Endstand aus Moosacher Sicht werden sollte. Ihr eigenes Spiel hatten die Neurieder durch Tore von Nicolas Höhne (29., FE; 44.) und Carl Weser (70.) zu diesem Zeitpunkt längst für sich entschieden.

Der Sieg gegen Pfarrkirchen war der sechste in den vergangenen sieben Spielen. Taurino sagte: "Wir sind das Spiel ganz ruhig angegangen, weil wir wussten, dass wir den Klassenerhalt in der eigenen Hand haben, im Zweifelsfall eben über die Relegation. Das war vor einigen Wochen undenkbar." Noch Mitte April war Neuried Tabellenletzter. Dann begann eine Siegesserie, die sich Taurino nicht erklären kann: "Wir haben nichts anders gemacht als vorher."

Für Taurino war es das letzte Spiel als Trainer des TSV Neuried, zur neuen Saison übernimmt Marco Gühl, der zuletzt die zweite Mannschaft betreut hatte. Nach vier Jahren als Trainer, dem überraschenden Landesliga-Aufstieg im vergangenen Jahr und nun dem direkten Klassenerhalt hört Taurino freiwillig auf, bleibt als Sportlicher Leiter aber im Verein. Er sagt, alle wichtigen Spieler würden dem Klub für die kommende Saison erhalten bleiben.

Wie es beim TSV Moosach nach dieser Saison weitergeht, ist dagegen in vielerlei Hinsicht offen. Zunächst einmal hat sich die Saison in Moosach durch die Niederlage in Freilassing um mindestens zwei Spiele verlängert. In der ersten Runde der Abstiegsrelegation trifft Moosach auf den SB DJK Rosenheim (ebenfalls Landesliga Südost). Am Donnerstag (18.30 Uhr) auswärts, am Sonntag (16 Uhr) zu Hause. Mit dabei sein werden auch die beiden Spielertrainer Markus und Florian De Prato, wie Letzterer bestätigt. Nach den jüngsten Geschehnissen im Verein ist das zumindest erwähnenswert.

Anfang Mai traten die Brüder als Spielertrainer zurück, nachdem sie davon erfahren hatten, dass der damalige Vorstand des Vereins dabei war, hinter ihrem Rücken ein neues Trainerteam zu installieren. Auch die Mannschaft wusste davon nichts und reagierte mit einem kollektiven Streik. Der Verein musste das Auswärtsspiel in Landshut absagen. Wenige Tage später trat der Vorstand um Josef Stimpfle und Alois Kindseder zurück, wie der Verein inzwischen bestätigt hat. Anschließend erklärte die Mannschaft sich dazu bereit, die Saison zu Ende zu spielen. Es folgten zwei Niederlagen gegen Grünwald und nun am Samstag in Freilassing.

Am ersten Juni will der TSV Moosach auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand wählen. Florian De Prato schließt inzwischen nicht mehr aus, die Mannschaft auch in der kommenden Saison gemeinsam mit seinem Bruder Markus zu trainieren. "Vor zwei Wochen hätte ich gesagt: definitiv nicht. Aber durch die Rücktritte hat sich die Situation grundlegend verändert." Der kommissarische Vorstand um Spielbetriebsleiter Jürgen Werner habe bereits Interesse signalisiert. De Prato sagt: "Darüber muss ich aber erst nachdenken. Es sind eben doch einige Dinge vorgefallen."

Wie viele Spieler den Verein am Saisonende verlassen werden, weiß De Prato nicht. Durch die Unruhe der vergangenen Wochen seien natürlich viele Vereine auf die Spieler zugekommen. "Ich weiß nicht, wer mit wem verhandelt. Aber einen Aderlass wird es sicher geben", sagt De Prato. Der erste prominente Weggang steht bereits fest. De Pratos Bruder Stefan wird in der kommenden Saison für Bayernliga-Aufsteiger SV Türkgücü-Ataspor München spielen. Florian De Prato betont aber, der Weggang seines Bruders habe nichts mit dem vereinsinternen Chaos zu tun. "Er hat einfach entschieden, dass er noch einmal eine Liga weiter oben spielen will."

© SZ vom 22.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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