Manfred Bender:Der Manni halt

Manfred Bender FC Bayern München

Manfred Bender, hier 1991 für den FC Bayern.

(Foto: Imago)
  • Als einer der wenigen Profis spielte Manni Bender für den FC Bayern, 1860 und Unterhaching.
  • Später wurde er als Trainer gefeuert, heute sucht er einen Job.
  • Aber an flotten Sprüchen mangelt es ihm bis heute nicht.

Von Stefan Galler

Vor ein paar Wochen war Manfred Bender mal wieder im Stadion. Seine ehemaligen Vereine 1860 München und Karlsruher SC trafen in der halb leeren Fröttmaninger Arena aufeinander, der übertragende Bezahlfernsehsender hatte den 50 Jahre alten früheren Fußballprofi eingeladen. Und Bender gab in der Pause des Zweitligaspiels seine Einschätzung ab. Er sah Sechzig im Vorteil - prompt bestätigten die Löwen dank eines späten Treffers seine Expertise und siegten mit 2:1.

Es war einer seiner seltenen TV-Auftritte. Bender ist keiner, der ins Rampenlicht drängt, der sich nach seiner Karriere mit anderen Stars von früher zeigt, nur um öffentlich wahrgenommen zu werden. Benders Aussagen haben immer etwas lakonisches, er spricht gerne mit ironischem Unterton. Und er hat viele Geschichten zu erzählen, skurrile und erheiternde, sowohl aus seiner aktiven Karriere, wie auch aus der Zeit danach.

Aktuell ist Bender ohne Verein und auf der Suche nach einer neuen Tätigkeit im Fußballgeschäft, das gibt er unumwunden zu. Im März 2016 hatte er als Trainer von Austria Klagenfurt das Handtuch geworfen. Dass er dort entlassen wurde, wie im Internet zu lesen ist, stellt Bender richtig, unaufgeregt, aber bestimmt: "Der Präsident hätte mich nie entlassen, wir haben uns in aller Güte getrennt", sagt er in seinem ureigenen Münchner Dialekt. Das Ende seines Gastspiels in Kärnten habe ausschließlich wirtschaftliche Gründe gehabt: Bender war 2013 zunächst als Sportdirektor zum damaligen Regionalligisten gekommen, hatte ein Jahr später das Traineramt übernommen und den Verein eine Saison später erstmals nach zehn Jahren in die zweithöchste Spielklasse zurückgeführt.

Zu Fernsehauftritten von Kollegen

"Jeder ist seines Glückes Schmied. Wenn Icke in diese Schiene will, soll er das tun. Aber Legat zur Primetime? Das tue ich mir nicht an."

Exotisches Abenteuer als Co-Trainer in Nigeria

Der erhoffte Boom blieb aus, weder potenzielle Sponsoren noch die Stadt Klagenfurt sahen sich bemüßigt, dem Verein unter die Arme zu greifen. Und selbst die Fans nahmen den Fußball nicht an, ins moderne Wörthersee-Stadion, bei der EM 2008 unter anderem Schauplatz der deutschen Vorrunden-Niederlage gegen Kroatien, kamen nach dem Aufstieg sogar noch weniger Zuschauer als zuvor. "Ich habe das nicht verstanden", sagt Bender, "und so etwas nervt dich irgendwann einfach."

Als er Präsident Peter Svetits, der vor einigen Jahren schon einmal als Investor bei der SpVgg Unterhaching im Gespräch war, im Frühjahr 2016 zu den Zukunftsperspektiven des Vereins befragte, beichtete der Bender die bevorstehende Insolvenz. Eine Woche später verließ der 229-fache Bundesligaspieler Klagenfurt, das damals auf Rang acht der Ersten Liga stand, wie in Österreich die zweite heißt.

Nach dem Wechsel zum FC Bayern

"Die Fans haben mich übelst beschimpft. Dabei bin ich in Giesing aufgewachsen und hatte schon in der Jugend bei den Münchner Löwen gespielt."

Damit soll es mit der Alpenrepublik erst einmal gut sein, vor seinem Engagement in Klagenfurt hatte Bender nämlich bereits den 1. FC Vöcklabruck, ebenfalls Regionalligist (2006 bis 2007) und direkt anschließend den Erstligisten SC Altach trainiert. Und während er bei seiner ersten Station in Österreich erfolgreich war, lief es beim damaligen Überraschungsaufsteiger Altach überhaupt nicht. "Im Frühjahr 2008 waren wir sechs Punkte weg vom rettenden Ufer. Als ich dann auch noch herausgefunden habe, dass der Vorstand hinter meinem Rücken Spieler verpflichtet hatte, bin ich gegangen."

Ehe er nach Klagenfurt kam, hatte Bender ein noch exotischeres Abenteuer als Österreich zu bestehen: Einer seiner Spieler aus Vöcklabrucker Zeiten vermittelte ihm einen Job als Co-Trainer der U-20-Nationalmannschaft von Nigeria. Sein Chef war John Obuh, "ein netter Kerl, aber leider nicht mit viel Ahnung", wie ihn Bender in seiner direkten Art beschreibt. Der Münchner war für die Taktik zuständig, gab dem Coach auch seine Einschätzung zu dem ein oder anderen Talent mit. "Eigentlich habe alles ich gemacht", sagt er im Rückblick. Prompt wurde Nigeria 2011 in Johannesburg U-20-Afrikameister. Dabei hätte das Turnier eigentlich in Libyen stattfinden sollen. "Wir hatten uns in Bengasi vorbereitet, da rief mich meine Frau an und sagte mir, dass in Libyen der Bürgerkrieg ausgebrochen sei. Ich sah aus dem Fenster und da rollten tatsächlich schon die Panzer", sagt Bender. Das Turnier wurde verlegt, der Tross reiste zur Überbrückung der Wartezeit nach Nigeria. Dort riet man Bender, das Teamhotel nicht zu verlassen, auf der Straße sei es für Weiße zu gefährlich. "Irgendwann habe ich es nicht mehr ausgehalten, ich wollte wenigstens irgendwo außerhalb zu Abend essen. Da wurden mir zwei Wachleute mit Maschinenpistolen mitgegeben." Und so konnte er letztlich froh sein, dass das Gastspiel in Afrika nur befristet angelegt gewesen war. Denn eigentlich ist Bender immer noch so bodenständig wie zu seiner aktiven Zeit.

Heynckes setzte auf den Nobody Bender

Es ist ein kleiner Kreis an Spielern, die aktiv für Haching, Bayern und Sechzig kickten: Wiggerl Kögl, Danny Schwarz (der aber nur für die Bayern-Amateure spielte) - und eben Manni Bender. Als 19-Jähriger war er damals zur SpVgg gekommen, trainierte unter Peter Grosser und Karsten Wettberg, gehörte zu jener legendären Mannschaft, die 1989 erstmals in die zweite Liga aufstieg. Mit Reiner Leitl, Klaus Brand, Karl Pflügler, Thomas Niklaus, Wolfgang Proksch oder Reinhold Betzendörfer spielte der schlaksige Mittelfeldspieler zusammen. Nach dem Aufstieg gewann Bender mit der bayerischen Amateurauswahl auch noch den Länderpokal, da hatte er längst das Interesse des Branchenführers geweckt. "Es war damals beim FC Bayern üblich, dass man jedes Jahr die beiden besten Amateurspieler holte. In jenem Jahr waren das Thomas Strunz und ich", erinnert sich Bender.

Und weil er nach eigener Einschätzung "ein frecher Hund mit viel Selbstvertrauen" war und Trainer Jupp Heynckes auf junge Spieler setzte, gelang es dem "Nobody aus Haching" (Bender), sich zu etablieren. Nach wenigen Wochen schaffte ihm Klaus Augenthaler an, das Ballnetz zu holen. Aber nicht mit Bender: "Ich habe gesagt, er kann mir einen Schuh aufblasen und soll sich die Bälle selber holen", sagt der 50-Jährige. "Auge war dann im Training heiß darauf, mich aus den Socken zu hauen, aber ich war zu schnell und bin ihm ausgekommen." Man nannte ihn das "schlamperte Genie", doch Heynckes schätzte Bender ganz anders ein: "Es gibt Fußballer, die in jeder Situation eine Lösung finden. So einer ist der Manni." Als in der Saison 1991/92 die große Krise über den FCB hereinbrach und zunächst Heynckes und später auch Sören Lerby aus dem Traineramt flogen, wurde Bender neben Stars wie Stefan Effenberg oder Brian Laudrup Opfer der Aufräumarbeiten. Nach zwei Meistertiteln und 98 Pflichtspielen in drei Jahren musste er nach Saisonschluss gehen.

Er entschied sich gegen Nürnberg, weil Karlsruhes Trainer Winfried Schäfer sich intensiv um ihn bemühte. "Letztlich war der Wechsel zum KSC für mich überragend", sagt Bender rückblickend. Er spielte mit Oliver Kahn, Dirk Schuster, Wolfgang Rolff, Sergej Kirjakow und dem heutigen West-Ham-Trainer Slaven Bilic zusammen, das Team zog direkt in den Uefa-Pokal ein und sorgte dort für Furore: "Wir haben nacheinander Eindhoven, Valencia, Bordeaux und Boavista Porto rausgeschmissen - die waren damals alle in ihren Ländern an der Tabellenspitze." In der Tat war der Karlsruher Lauf damals spektakulär, bei Bordeaux spielten Größen wie Bixente Lizarazu und Zinedine Zidane, doch Girondins hatte ebenso keine Chance wie Valencia, das mit 7:0 aus dem Wildpark geschossen wurde. Erst im Halbfinale gegen Austria Salzburg war Endstation, Bender fehlte allerdings wegen eines Kreuzbandrisses. "Wir sind ausgeschieden, weil meine Flanken auf Euro-Eddy Schmitt gefehlt haben", sagt er. An Selbstbewusstsein mangelt es ihm auch heute nicht.

"Dabei bin ich in Giesing aufgewachsen"

Nach vier Jahren Karlsruhe kehrte Bender 1996 nach München zurück, ging zum TSV 1860, wo man ihn wegen seiner Bayern-Vergangenheit zunächst nicht gerade herzlich aufnahm. "Die Fans haben mich übelst beschimpft. Dabei bin ich in Giesing aufgewachsen und hatte schon in der Jugend bei den Löwen gespielt." Weil Werner Lorant aber selbst über 30-Jährigen keinerlei Pausen gönnte, streikte alsbald Benders Körper. "Man kann sagen, dass mir Lorant den Rest gegeben hat." Er musste sich nach drei Jahren bei Sechzig vom großen Fußball verabschieden, kickte dann noch in Saarbrücken, Wilhelmshaven und zum Abschluss seiner aktiven Laufbahn beim FC Ismaning in der Bayernliga. In der Landkreisgemeinde lebt Bender mit seiner Familie auch heute noch.

Nach dem Karriereende wurde es recht still um ihn. Erst die Tatsache, dass der damalige Dortmunder Trainer Jürgen Klopp seinen Spieler Sven Bender konsequent "Manni" nannte, brachte auch den wahren Manni Bender wieder ins Gespräch. Er wäre jedoch nicht der Typ, der sich wie sein früherer 1860-Kollege Thomas Häßler ins Dschungelcamp setzt, nur um wieder ins Rampenlicht zu kommen. "Jeder ist seines Glückes Schmied. Wenn Icke in diese Schiene will, soll er das tun", sagt Bender. Dass ehemalige Fußballer wie Torsten Legat nun ständig im Fernsehen auftauchen, findet er jedenfalls mäßig passend: "Legat zur Primetime? Das tue ich mir nicht an."

Allerdings hat auch Bender Erfahrung mit Reality-TV gemacht: In der Sendung "Austrias New Footballstar" suchte er 2010 gemeinsam mit Häßler und Toni Polster im österreichischen Privatfernsehen nach Fußballtalenten. "Fürs Fernsehen war das Konzept nicht attraktiv genug, nach zwei Staffeln wurde die Sendung abgesetzt", erzählt Bender, der auch diesen Exkurs keineswegs bereut. Er ist mit sich im Reinen, lakonisch, ehrlich und gelassen. Und gar nicht schlampert.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: